Die wahre Geschichte dreier Frauen, die fĂŒr den amerikanischen Sender Fox News arbeiten und etwas ebenso Mutiges wie Riskantes in den Zeiten vor #MeToo wagen: Sie klagen ihren Chef an.
Der mit Charlize Theron, Nicole Kidman und Margot Robbie starbesetzte Film rekonstruiert mit Biss und Tempo den Skandal um einen der mĂ€chtigsten Medienmanager der USA und legt ein System sexueller Ausbeutung bloĂ.
Die USA 2015, kurz vor der ersten Vorwahl-Debatte der Republikaner. Die ehemalige AnwĂ€ltin Megyn Kelly ist Star-Moderatorin bei Fox News. Obwohl sie sich nicht als Feministin sieht, konfrontiert sie den republikanischen Kandidaten Donald Trump vor laufenden Kameras mit dessen sexistischen ĂuĂerungen. Auf seiner Lieblingsplattform Twitter zieht Trump anschlieĂend ĂŒber die Journalistin her. Seine beleidigenden Kommentare werden nicht nur fĂŒr Megyn zur psychischen Belastung, sondern auch fĂŒr ihren Mann Doug und die Kinder. Doch Fox im Besitz des Medienmoguls Rupert Murdoch verbietet ihr, auf Trumps Angriffe zu reagieren. Die Republikaner und der konservative Fernsehsender wissen, was sie aneinander haben. Megyns Chef Roger Ailes – von Murdoch installiert – wacht beflissen darĂŒber.
Ein „eigener Kopf“ wird Megyns gestandener Kollegin Gretchen Carlson zum VerhĂ€ngnis. Jahrelang war die frĂŒhere „Miss America“ das Gesicht der Show „Fox & Friends“ â bis ihr der Kragen platzt. Gretchen will sich nicht lĂ€nger als blondes Deko-PĂŒppchen hergeben und beschwert sich ĂŒber die Chauvi-SprĂŒche ihrer Co-Moderatoren. In ihrem eigenen Nachmittagsmagazin „The Real Story“ gibt Gretchen, die beim Sender als „sexy, aber anstrengend“ gilt, selbst den Kurs vor. Als die beliebte Moderatorin jedoch ohne Make-up auf Sendung geht, um ein Zeichen gegen OberflĂ€chlichkeit zu setzen, rastet Roger Ailes aus. Gretchens Vertrag wird nicht verlĂ€ngert â offiziell wegen enttĂ€uschender Einschaltquoten.
Die ehrgeizige Jungredakteurin Kayla Pospisil hat Gretchens Team just verlassen. Sie arbeitet nun fĂŒr die Primetime-Sendung „The O’Reilly Factor“. Und das soll nur die erste Stufe auf der Karriereleiter sein: Kayla, streng evangelikal-konservativ erzogen, will selbst vor die Kamera. Wie sie bei Fox am besten vorankommt, erfĂ€hrt sie von ihrer neuen Kollegin Jess: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Wenn die aber nicht zur Ausrichtung des Senders passt, behĂ€lt man sie besser fĂŒr sich.
Entschlossen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, hĂ€lt sich Kayla an die mĂ€chtigste Frau bei Fox News: Roger Ailes‘ SekretĂ€rin. Prompt darf sie beim Chef persönlich vorstellig werden. Das Meeting in Ailes‘ BĂŒro gleicht eher einem Model-Casting. Dass sie sich drehen und ihre Beine zeigen soll, kommt Kayla noch nicht weiter seltsam vor. Fernsehen ist schlieĂlich ein visuelles Medium, wie Ailes betont. Selbst als er sie auffordert, ihren Rock höher und höher zu ziehen, bis er ihren Slip sehen kann, macht Kayla wie ferngesteuert mit. „Was in diesem BĂŒro passiert, bleibt unter uns“, versichert Ailes. Kayla ist zutiefst verstört und vertraut sich Jess an. Doch die will nichts davon wissen und bleibt bei ihrem Mantra: Wer seinen Job macht und sich ansonsten raushĂ€lt, bekommt auch keinen Ărger.
Im Juli 2016 platzt die Bombe: Gretchen Carlson hat Klage gegen Roger Ailes eingereicht â wegen sexueller BelĂ€stigung. Angesichts der VorwĂŒrfe leiten die Fox-AnwĂ€lte eine interne Untersuchung ein. Gretchen Carlsons AnwĂ€lte machen ihrer Mandantin klar, dass sie mit ihrer Klage allein keine Chance hat. Wenn sie die gewinnen will, mĂŒsste sich ein Muster nachweisen lassen. Gretchen kann nur hoffen, dass sich weitere Frauen melden und gegen Roger Ailes aussagen. Stattdessen halten die Mitarbeiterinnen von Fox News zu ihrem Chef, in den Redaktionen werden sogar Team-Roger-Caps verteilt. Doch Megyn Kelly weiĂ es besser: Vor zehn Jahren musste sie selbst Rogers Ailes‘ Ăbergriffe abwehren. Sie hat damals nichts gesagt. Ihn weiter in Schutz zu nehmen, ist jetzt jedoch keine Option mehr.
„Nachrichten sind wie ein Schiff: Sobald man die HĂ€nde vom Steuer nimmt, zieht es nach links.“ Ein Ausspruch von Roger Ailes, allmĂ€chtiger GrĂŒndervater und ehemaliger CEO von Fox News. Wie Ende 2020 die Berichterstattung nach Trumps Wahlniederlage auch dem europĂ€ischen Zuschauer eindrĂŒcklich zeigte, gehörten zum bewĂ€hrten Erfolgskonzept des Nachrichtensenders ein konsequenter Rechtskurs und quotensteigernder, Fakten ignorierender Populismus. Fox-News-GrĂŒnder Roger Ailes fĂŒhrte den Sender 20 Jahre lang mit den AllĂŒren eines machohaften Dinosauriers, der nur seinen archaischen Instinkten folgt, um zum Ziel zu kommen. Seine Entlassung 2016 soll ihm durch Rupert Murdoch mit 40 Millionen Dollar versĂŒĂt worden sein.
Der „mĂ€nnliche Blick“ prĂ€gte auch das Konzept des Einsatzes von Moderatorinnen. Eng geschnittene, körperbetonende KostĂŒme versetzten den Zuschauer in vergangene Zeiten, das Studio-Setting lieĂ den Blick auf möglichst lange Beine frei und blond war Trumpf. In diesem Klima gehörten herablassende Komplimente zur Tagesordnung und wurden kaum hinterfragt. Doch hinter den Kulissen gingen MĂ€chtige wie Roger Ailes noch weiter und spielten ihre unumstrittene Macht sorglos aus, indem sie weibliche Mitarbeiterinnen in Wort und Tat zu jeder Art von GefĂŒgigkeit zwangen. Sexuelle Ausbeutung war in ihren Augen nichts als ein Kavaliersdelikt.
„Bombshell – Das Ende des Schweigens“ zeigt eindringlich, wie schwierig es ein knappes Jahr vor dem Weinstein-Skandal und dem Beginn der #MeToo-Bewegung gewesen sein muss, sich unter solchen UmstĂ€nden zur Wehr zu setzen. John Lithgow in der Rolle des Chefs von Fox News macht klar, wie selbstverstĂ€ndlich einem gebrechlich wirkenden Mann wie Roger Ailes in diesem etablierten System von Macht und Unterwerfung sein fast schon diabolisches Tun vorgekommen sein muss. Gretchen Carlson, gespielt von Nicole Kidman, ist die erste Frau bei Fox News, die sich fĂŒr die Erniedrigungen rĂ€cht – allerdings erst, als sie durch ihre Entlassung das AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnis verlassen hat. Charlize Theron als Megyn Kelly und die jĂŒngste der Frauen, die von Margot Robbie gespielte Kayla Pospisil, mĂŒssen jede fĂŒr sich die schwierige Entscheidung treffen, die unweigerlich ihr gesamtes berufliches Leben beeinflussen kann. Denn Fox News, wie sich zeigte, war nur ein Beispiel von vielen.
In der fiktiven Figur der Kayla Pospisil verdichtete Drehbuchautor Charles Randolph („The Big Short“) die Erlebnisse und Situation von rund 20 Personen, die eine VerschwiegenheitserklĂ€rung unterzeichnen mussten oder aus anderen GrĂŒnden nicht unter ihrem Namen im Film erscheinen durften. Regie fĂŒhrte Jay Roach, der sich nach Komödien wie „Meine Braut, ihr Vater und ich“ schon mit „Trumbo“ – ĂŒber die Kommunisten-Jagd in den USA der 1950er-Jahre – einem brisanten Thema gewidmet hatte. Charlize Theron wirkte in „Bombshell“ nicht nur als Darstellerin mit, sondern engagierte sich, nachdem sie das Drehbuch gelesen hatte, auch als Produzentin fĂŒr den Film.
Laufzeit: 105 Minuten
Genre: Drama, CDN, USA 2019
Regie: Jay Roach
FSK: 12
Darsteller:
Megyn Kelly – Charlize Theron
Gretchen Carlson – Nicole Kidman
Kayla Pospisil – Margot Robbie
Roger Ailes – John Lithgow
Susan Estrich – Allison Janney
Rupert Murdoch – Malcolm McDowell
Trailer: