Borkenkäfer, Hitze- und Dürrephasen haben in den Wäldern Sachsen-Anhalts in den vergangenen Jahren erhebliche Schäden verursacht. Wo einst artenarme Wirtschaftswälder standen, könnten aus Sicht von Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann künftig auch Windkraftanlagen errichtet werden, wenn Land und Regionale Planungsgemeinschaften die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. „Es geht nicht darum, wertvolle Mischwälder abzuholzen oder Naturschutzgebiete infrage zu stellen“, betonte der Minister am Mittwoch. „Für Windkraftprojekte könnten aber auch ehemalige artenarme Wirtschaftswälder infrage kommen, die in windhöffigen Gebieten liegen und nach Dürren und Käferbefall heute eher an Mondlandschaften erinnern.“
Im Südharz besichtigte der Minister am Mittwoch gemeinsam mit Vertretern örtlicher Kommunen sowie Verbandsvertretern eine 1.200 Hektar große Kalamitätsfläche nahe der Ortschaft Breitenstein. „Mit einer Änderung des Landeswaldgesetzes und einer Anpassung der Landesentwicklungsplanung kann das Land den auf kommunaler Ebene zuständigen Regionalen Planungsgemeinschaften den rechtlichen Handlungsspielraum einräumen, Kalamitätsflächen wie hier im Südharz für Windkraftprojekte auszuweisen“, erklärte Willingmann. Innerhalb der Landesregierung gebe es hierzu bereits einen entsprechenden Austausch mit dem für das Landeswaldgesetz zuständigen Landwirtschaftsministerium sowie dem für die Landesentwicklungsplanung zuständigen Infrastrukturministerium. Nach dem aktuell geltenden Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt (LWaldG) ist eine Errichtung von Windenergieanlagen auf Waldflächen generell nicht zulässig. Dieses umfassende Verbot durch ein Landesgesetz wurde allerdings 2022 anhand des Thüringer Waldgesetzes für verfassungswidrig erklärt.
Der Minister verwies im Hinblick auf den weiteren Windkraftausbau in Sachsen-Anhalt auf die vom Bund vorgeschrieben Flächenziele, die in den kommenden Jahren erreicht werden müssen. Bis Ende 2027 muss Sachsen-Anhalt 1,8 Prozent der Landesfläche als Windvorranggebiete ausweisen. Bis 2032 sollen es 2,2 Prozent sein. Aktuell sind nur 1,1 Prozent der Landesfläche planungsrechtlich für Windparks gesichert.
Eine Abfrage des Ministeriums bei den Regionalen Planungsgemeinschaften ergab kürzlich, dass die Öffnung von Waldflächen für die Windenergienutzung einen Beitrag zu einer Planung mit möglichst hoher Akzeptanz und Realisierungswahrscheinlichkeit leisten könnte, insbesondere in waldreichen Regionen wie dem Harz. Zudem sei im Rahmen der laufenden Beteiligungsverfahren festzustellen, dass seitens vieler Waldbesitzer ein hohes Interesse an einer wirtschaftlichen Diversifizierung aufgrund von Waldschäden bestehe und dementsprechend in großem Umfang Vorschlagsflächen für eine mögliche Windenergienutzung benannt wurden. „Dort, wo es breite Akzeptanz für Windkraftprojekte gibt und zugleich keine naturschutzrechtlichen Hürden vorliegen, sehe ich entsprechendes Potenzial“, erklärte Willingmann. „Windkraft im Wald sollte in Zeiten der Energiekrise ebenso pragmatisch gesehen werden wie beispielsweise Photovoltaik auf Denkmälern.“
Interesse an Windkraftprojekten in Wirtschaftswäldern gibt es auch seitens der Wirtschaft. Bernd Krede, Projektentwickler der wpd onshore GmbH, erklärte: „Die Ortsbegehung mit Minister Willingmann hat eindrücklich vor Augen geführt, wie sehr der Harz von Waldschäden betroffen ist, die nicht zuletzt auch auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Um die geschädigten Flächen wieder aufzuforsten und widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen, brauchen Waldbesitzer neue wirtschaftliche Perspektiven. Die Windenergie kann dabei nicht nur zusätzliche Einnahmen für die Forstwirtschaft generieren. Vielmehr leistet sie auch einen wesentlichen Beitrag für Investitionen in der Region, ermöglicht kostengünstige Strompreise für lokale Industrie und Haushalte und sorgt damit für den Erhalt von Arbeitsplätzen.“
Text/Fotos: Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt