Magdeburg. In den Hochwasser-Gebieten Sachsen-Anhalts hat sich die Lage leicht entspannt, vielerorts sinken die Flusspegel. Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) hat deshalb am Dienstag im Kabinett eine erste Zwischenbilanz zum Winterhochwasser gezogen. „Stand heute hat der Hochwasserschutz in Sachsen-Anhalt den Härtetest bestanden, auch wenn die Lage im Landkreis Mansfeld-Südharz vorerst angespannt bleiben wird“, erklärte der Minister. „Nahezu alle Deiche im Land waren – wenn auch in unterschiedlichem Maße – vom Hochwasser betroffen. Insbesondere die nach den Hochwasser-Ereignissen 2013 und 2017 neu gebauten und sanierten Anlagen standen teils vor ihrer erstmaligen Bewährungsprobe und haben diese gemeistert.“
Die Besonderheit des diesjährigen Winterhochwassers bestand darin, dass alle Regionen des Landes gleichzeitig von überdurchschnittlich starken Regenfällen und steigenden Flusspegeln betroffen waren. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes fielen im Dezember 2023 mit 114 Litern pro Quadratmeter knapp 63 Prozent mehr Niederschläge als im langjährigen Durchschnitt (70 Liter pro Quadratmeter). Spitzenwerte verzeichnete der Harz mit 300 Litern pro Quadratmeter. „Die Talsperren im Harz sowie die intakten Hochwasserschutzanlagen haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir zu Beginn dieses Jahres keine neuerliche Jahrhundertflutkatastrophe bewältigen müssen“, betonte Willingmann.
Der Umweltminister hob vor allem die Schutzfunktion der Talsperre Kelbra im Kreis Mansfeld-Südharz hervor: „Zwischen Weihnachten und Neujahr sind 50 Millionen Kubikmeter Wasser in die Talsperre gelaufen, 40 Millionen Kubikmeter Wasser konnten zurückgehalten werden. Das hat die Unterlieger vor den verheerendsten Überschwemmungen seit 1946 bewahrt.“ Willingmann trat zudem Spekulationen entgegen, wonach die Talsperre nicht rechtzeitig zum Winter entleert gewesen sei: „In der zweiten Dezemberwoche betrug der Füllstand lediglich 1,8 Millionen Kubikmeter, die Talsperre war zu 95 Prozent leer. Es waren die extremen Niederschläge in den Folgewochen, die die Talsperre bis an die Belastungsgrenze gebracht haben. Der Hochwasserschutz hatte im Betriebskonzept der Talsperre stets oberste Priorität und er wird es auch in Zukunft haben.“
Der Minister dankte im Weiteren den Einsatzkräften, ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sowie den kommunalen Krisenstäben, die landesweit mit großem Engagement auch über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel gegen das Winterhochwasser gekämpft haben. Willingmann kündigte an, dass das Umweltministerium eine Analyse zum Hochwasser erstellen lassen wird. Die Ergebnisse sollen anschließend in die Hochwasserstrategie des Landes einfließen. Zudem fordert der Minister weiter konsequente Investitionen in den Hochwasserschutz: „Auch wenn nur noch acht Prozent der Deiche im Land sanierungsbedürftig sind, müssen wir unseren Hochwasserschutz an den fortschreitenden Klimawandel und Extremwetterlagen wie in diesem Winter anpassen. Wir müssen Flüssen mehr Raum geben, Retentionsflächen und Speicherkapazitäten schaffen. Der Investitionsbedarf, den wir in unserer Landeshochwasserstrategie beschrieben haben, liegt bei mehr als 600 Millionen Euro. Die Mittel werden wir in den kommenden Jahren auch in Zeiten knapperer öffentlicher Kassen aufbringen müssen.“
Besorgt zeigte sich der Umweltminister angesichts der weiterhin schwach ausgeprägten Vorsorge privater Haushalte gegen Elementarschäden. Noch immer ist nur die Hälfte der Haushalte gegen Schäden durch Starkregen und Hochwasser versichert. Willingmann wirbt deshalb seit Jahren für die Einführung einer solidarischen Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. „Ich bedauere es sehr, dass der Bundesjustizminister hier aufgrund juristischer Bedenken auf Zeit spielt. Obwohl sich auch die Ministerpräsidentenkonferenz vor mehr als einem Jahr für die Einführung einer Versicherungspflicht ausgesprochen hat, liegt noch immer kein Vorschlag der Bundesregierung auf dem Tisch“, so Willingmann. „Wir müssen hier vorankommen, denn hundertprozentigen Hochwasserschutz wird es auch künftig nicht geben.“
Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur am 09. Januar 2024