Rekordsicherstellungen sprechen fĂŒr weiterhin hohe Nachfrage
Wiesbaden (ots) – 2023 hat die deutsche Polizei 346.877 Rauschgiftdelikte erfasst. Dies entspricht einer Zunahme von 1,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Eine Steigerung gab es sowohl bei den Handelsdelikten (+6,0 Prozent) als auch den konsumnahen Delikten (+1,0 Prozent).
Besonders stark ist der Anstieg bei Kokaindelikten: Diese sind 2023 um 27,4 Prozent gestiegen und liegen somit auf einem neuen Höchststand. Auch die Sicherstellungsmengen bei Kokain werden immer gröĂer. Im Vergleich zu den letzten beiden Jahren hat sich die Sicherstellungsmenge in Deutschland nochmals verdoppelt auf rund 43 Tonnen (2022: rund 20 Tonnen, 2021: rund 23 Tonnen). Die TĂ€tergruppierungen zeigen zunehmende Bereitschaft zur Zahlung hoher Bestechungsgelder oder Anwendung massiver Gewalt sowohl gegen konkurrierende Banden als auch gegen eigene Gruppenmitglieder.
Cannabis blieb 2023 mit einem Anteil von rund zwei Dritteln an allen Rauschgiftdelikten die Drogenart mit der weitaus höchsten Anzahl an Handels- und konsumnahen Delikten. Es wurden insgesamt rund 20,9 Tonnen Marihuana und 3,7 Tonnen Haschisch sichergestellt. Neben der Einfuhr aus dem Ausland wurde Cannabis auch illegal in Deutschland angebaut: 2023 wurden insgesamt 450 Cannabis-Plantagen mit AnbaukapazitĂ€ten ab 20 Pflanzen sichergestellt, davon 146 GroĂplantagen (100-999 Pflanzen) und 37 Profiplantagen (ab 1.000 Pflanzen).
Auch die synthetischen Drogen spielen weiterhin eine bedeutende Rolle. GroĂe ProduktionskapazitĂ€ten in den Niederlanden gewĂ€hrleisten eine hohe VerfĂŒgbarkeit von Amphetamin und Ecstasy. Dies spiegelt sich auch in den Sicherstellungsmengen wider. 2023 wurden fast 2.000 kg Amphetamin, mehr als 1,1 Millionen Tabletten Ecstasy sowie ĂŒber 450 kg Metamphetamin sichergestellt. Die Anzahl der sichergestellten Rauschgiftlabore in Deutschland ist im Jahr 2023 auf 14 gestiegen (2022: 9). Darunter befanden sich u. a. erstmals ein Neue-Psychoaktive-Stoffe-Labor zur Herstellung von synthetischen Cannabinoiden in nicht geringer Menge sowie zwei GroĂlabore zur Herstellung von Amphetamin.
Der Handel von BetĂ€ubungsmitteln ĂŒber das Internet ist mittlerweile fest etabliert. Vom Ende des Jahres 2022 bis Mitte Juni 2023 haben sich sowohl die weltweiten als auch die deutschen Angebotszahlen auf ein Rekordniveau erhöht. Die Abschaltung verschiedener MarktplĂ€tze, z. B. durch sogenannte Exit Scams oder durch MaĂnahmen der Sicherheitsbehörden, hat allerdings dazu gefĂŒhrt, dass die Anzahl bis Ende 2023 wieder auf ein stabiles Niveau gesunken ist.
Der Handel von Rauschgift erfolgt zunehmend ĂŒber Messenger-Dienste. Dabei werden hĂ€ufig offen zugĂ€ngliche Chat-Gruppen zum Bewerben von BetĂ€ubungsmitteln genutzt. Die tatsĂ€chlichen VerkaufsgesprĂ€che finden dann zumeist in privaten Chats statt. Zudem hat sich der Handel von Rauschgift auf Social-Media-Plattformen etabliert. Diese Plattformen werden ĂŒberwiegend von jungen Erwachsenen und Jugendlichen genutzt. Ohne aktiv nach Rauschgift zu suchen, geraten diese Personengruppen frĂŒhzeitig und umfassend an professionell prĂ€sentierte Rauschgiftangebote. Die Anbahnung der DrogengeschĂ€fte lĂ€uft dabei ĂŒber zahlreiche offene Accounts und wird den Kunden somit sehr leicht gemacht.
Seit dem Jahr 2017 steigt die Anzahl drogenbedingter TodesfĂ€lle stetig an. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 2.227 drogenbedingte TodesfĂ€lle polizeilich registriert. Dies entspricht einem Anstieg von rund 11,9 Prozent gegenĂŒber dem Vorjahr (2022: 1.990 FĂ€lle). Unter den Drogentoten waren 1.844 MĂ€nner (82,8 Prozent) und 383 Frauen (17,2 Prozent). Das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren. Immer hĂ€ufiger greifen Konsumentinnen und Konsumenten auf mehrere Substanzen gleichzeitig zurĂŒck, entsprechend ist die Anzahl an Mischintoxikationen gestiegen. So sind im vergangenen Jahr 1.479 Personen an den Folgen eines Mischkonsums gestorben, 34 Prozent mehr als noch 2022.
BKA-VizeprÀsidentin Martina Link:
„Die europĂ€ischen NordseehĂ€fen sind zu den wichtigsten Einfallstoren fĂŒr die Einfuhr von Rauschgift nach Europa geworden. Die zunehmende Gewalteskalation vor allem in den Niederlanden und Belgien fĂŒhrt uns vor Augen, welche vielfĂ€ltige Gefahren dabei fĂŒr Staat und Gesellschaft ausgehen.
Eine effektive BekĂ€mpfung der international organisierten RauschgiftkriminalitĂ€t erfordert einen ganzheitlichen Ansatz: Staatliche Institutionen, Strafverfolgungsbehörden und die Privatwirtschaft mĂŒssen an einem Strang ziehen. Besonders wichtig ist dabei die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den lateinamerikanischen Staaten und die Verbesserung der Hafensicherheit in Europa. Das Bundeskriminalamt unterstĂŒtzt und initiiert MaĂnahmen zur BekĂ€mpfung der RauschgiftkriminalitĂ€t an allen Punkten der Logistikkette. Dabei kooperiert das BKA mit den Sicherheitsbehörden im nationalen und europĂ€ischen Rahmen.“
Foto: Vom BKA sichergestelltes Kokain. (c) BKA