Die SPD kämpft im Osten Deutschlands, insbesondere in Thüringen und Sachsen, mit schlechten Umfragewerten. Bei den anstehenden Landtagswahlen droht der Kanzlerpartei ein massiver Absturz. Doch warum fällt es der SPD so schwer, die Wähler im Osten anzusprechen? Im WELT-Interview spricht Politikwissenschaftler Werner Patzelt über die Ursachen
Patzelt erläutert, dass die SPD an Überzeugungen festhalte, die nicht den Vorstellungen vieler Bürger im Osten entsprächen. Ein aktuelles Beispiel sei die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland, die ein nennenswerter Teil der Ostdeutschen ablehne. Zudem vertrete die SPD die Meinung, dass Migration kein Problem darstelle und Rückführungen von Zugewanderten vermieden werden sollten.
„Die SPD ist lange Zeit der Meinung gewesen, dass Migration kein echtes Problem ist und dass die Rückführung von Zugewanderten im Grunde unterlassen werden sollte.“
Das Bündnis Sahra Wagenknecht gewinne hingegen im Osten stark an Zustimmung. Patzelt sieht darin eine mögliche attraktive Koalitionsoption für die CDU, die die AfD nicht als Partner in Betracht ziehe und deren bisherige Bündnispartner, SPD und Grüne, schwächelten. Zudem spreche das BSW viele Wähler an, da es eine klare Migrationspolitik verfolge, die kontrollierte Einwanderung und die Rückführung derer, die kein Bleiberecht haben, propagiere. Auch der Friedenskurs im Ukraine-Krieg komme bei vielen Wählern gut an.
Ob sich die CDU auf Dauer damit einen Gefallen tue, bleibe abzuwarten. Schließlich sei das Bündnis Sahra Wagenknecht sozialpolitisch eine linke Partei, was das Risiko berge, dass noch mehr CDU-Wähler abwanderten. Es könnte durchaus passieren, dass Wagenknechts Partei die Rolle des Züngleins an der Waage übernehme, die früher die FDP innehatte. In Sachsen könnte es sogar zu einer Koalition von Wagenknechts Bündnis mit der AfD kommen, um die CDU abzulösen.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 28. Juli 2024