Pestel-Institut legt Wohnungsmarkt-Analyse vor â mit Wohnungsbedarf und Leerstand
Es muss gebaut werden: Bis 2028 braucht Magdeburg den Neubau von rund 1.170 Wohnungen â und zwar pro Jahr. Diese Wohnungsbau-Prognose fĂŒr die kommenden vier Jahre hat das Pestel-Institut in einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt ermittelt. âEs fĂŒhrt kein Weg daran vorbei: In Magdeburg mĂŒssen Wohnungen neu gebaut werden. Schon allein, um abgewohnte Wohnungen in alten HĂ€usern nach und nach zu ersetzen. Hier geht es insbesondere um Nachkriegsbauten, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohntâ, sagt Matthias GĂŒnther vom Pestel-Institut.
An dem Wohnungsbedarf in Magdeburg Ă€ndere auch die Zahl leerstehender Wohnungen nichts: Der aktuelle Zensus registriert fĂŒr Magdeburg immerhin rund 9.800 Wohnungen, die nicht genutzt werden, so das Pestel-Institut. Das seien 6,7 Prozent vom gesamten Wohnungsbestand in der Stadt. Ein GroĂteil davon â nĂ€mlich rund 4.520 Wohnungen â stehe jedoch schon seit einem Jahr oder lĂ€nger leer. âDas sind immerhin rund 46 Prozent vom Leerstand. Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie mĂŒssten vorher komplett â also aufwendig und damit teuer â saniert werdenâ, sagt Matthias GĂŒnther.
GrundsĂ€tzlich sei ein gewisser Wohnungsleerstand aber immer auch notwendig. âRund 3 Prozent aller Wohnungen, in die sofort jemand einziehen kann, sollten frei sein. Schon allein, um einen Puffer zu haben, damit UmzĂŒge reibungslos laufen können. Und natĂŒrlich, um Sanierungen ĂŒberhaupt machen zu können. Aber es wird nur selten gelingen, Wohnungen, die lange leer stehen, wieder zu aktivieren und an den Markt zu bringenâ, so das Fazit von Matthias GĂŒnther.
Denn viele HauseigentĂŒmer halten sich nach Beobachtungen des Pestel-Instituts mit einer Sanierung zurĂŒck: âIn ihren Augen ist eine Sanierung oft auch ein Wagnis. Sie sind verunsichert. Sie wissen nicht, welche Vorschriften â zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen â wann kommen. Es fehlt einfach die politische VerlĂ€sslichkeit. Ein Hin und Her wie beim Heizungsgesetz darf es nicht mehr gebenâ, kritisiert der Leiter des Pestel-Instituts. AuĂerdem hapere es bei vielen auch am nötigen Geld fĂŒr eine Sanierung.
Weitere GrĂŒnde, warum leerstehende Wohnungen nicht vermietet werden: âImmer wieder kommt bei Erbstreitigkeiten kein Mietvertrag zustande. Und oft scheuen sich HauseigentĂŒmer auch, sich einen Mieter ins eigene Haus zu holen, mit dem sie sich am Ende vielleicht nicht verstehenâ, sagt Matthias GĂŒnther. FĂŒr ihn steht deshalb fest: âAm Neubau von Wohnungen fĂŒhrt daher auch in Magdeburg kein Weg vorbei.â
Das Pestel-Institut hat die Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) durchgefĂŒhrt. FĂŒr dessen PrĂ€sidentin macht die Untersuchung eines deutlich: âEs ist eine MilchmĂ€dchenrechnung, die leerstehenden Wohnungen gegen den aktuellen Bedarf an Wohnungen gegenzurechnen. Das funktioniert so nicht. Politiker, die das gerade versuchen, betreiben Augenwischereiâ, sagt Katharina Metzger. Sie erteilt damit der Aufforderung von Klara Geywitz (SPD) eine klare Absage. Die Bundesbauministerin hatte zuletzt den Menschen, die eine Wohnung suchen, geraten, aufs Land zu ziehen.
FĂŒr die Verbandschefin vom Baustoff-Fachhandel steht fest: âDer Wohnungsbau ist auch in Magdeburg das Bohren dicker Bretter.â Um voranzukommen, fordert Metzger, die Baustandards zu senken: âEinfacher bauen â und damit gĂŒnstiger bauen. Das geht, ohne dass der Wohnkomfort darunter leidet. Andernfalls baut bald keiner mehr.â Es mĂŒsse ein âstarkes Abspeckenâ bei Normen und Auflagen geben â im Bund, bei den LĂ€ndern und Kommunen. Katharina Metzger warnt: âAm Ende stoppen ĂŒberzogene Förderkriterien, Normen und Auflagen den Neubau von Wohnungen â von hoch geschraubten KlimaschutzmaĂnahmen, ohne die es keine Förderung gibt, bis zu StellplĂ€tzen, ohne die erst gar nicht gebaut werden darf.â
Scharfe Kritik richtet Metzger an den Bund: âEs passiert zu wenig. Und was jetzt passiert, kommt zu spĂ€t. Wer 400.000 Neubauwohnungen â darunter 100.000 neu gebaute Sozialwohnungen â im Wahlkampf verspricht und im Koalitionsvertrag festschreibt, der darf nicht erst ein Jahr vor der nĂ€chsten Bundestagswahl wach werden.â Ohne eine deutlich stĂ€rkere staatliche UnterstĂŒtzung wĂŒrden weder der notwendige Neubau noch die Sanierungen von Wohnungen im erforderlichen Umfang gelingen.
AuĂerdem kritisiert Metzger gemeinsam mit den Wissenschaftlern vom Pestel-Institut den geplanten Bundeshaushalt fĂŒr 2025: Darin fehlten dringend notwendige Fördermittel fĂŒr den Wohnungsneubau â allen voran fĂŒr den sozialen Wohnungsbau. Der benötigt nach Berechnungen des Pestel-Instituts mindestens 12 Milliarden Euro pro Jahr von Bund und LĂ€ndern. Der Bund stelle fĂŒr 2025 jedoch lediglich 3,5 Milliarden Euro bereit.
Auch die Perspektive sei schlecht: Bis 2028 wolle die Bundesregierung Sozialwohnungen mit weniger als 22 Milliarden fördern. âDas reicht hinten und vorne nicht. Und es ist ein willkĂŒrlich gegriffener Zeitraum, um eine vermeintlich hohe Milliardensumme in den Raum zu stellen. Doch die Wahrheit dahinter ist: Der soziale Wohnungsbau wird bei dieser Bundesregierung auch weiter auf der Strecke bleiben. Das mĂŒssen die Menschen den heimischen Bundestagsabgeordneten in Magdeburg jetzt klarmachen. Nur wenn es massiven Druck vor Ort gibt, werden diese und die kommende Bundesregierung begreifen, wie ernst die Lage istâ, sagt Katharina Metzger.
Aktuell erlebe die Wohnungsbau-Branche âeinen regelrechten Absturzâ. Viele Unternehmen hĂ€tten bereits KapazitĂ€ten abbauen mĂŒssen. âDie Neubau-Zahlen gehen in den Keller. Mauerstein-Hersteller zum Beispiel schlieĂen Werke. Die Entlassungswelle rollt: Der Bau verliert BeschĂ€ftigte â darunter gute FachkrĂ€fte. Dabei ist das das Letzte, was sich Deutschland jetzt erlauben darfâ, so Katharina Metzger.
Die VerbandsprĂ€sidentin des Baustoff-Fachhandels warnt gemeinsam mit dem Pestel-Institut vor einer âAbsturz-Spirale beim Wohnungsneubauâ. Die Situation sei fatal: âWohnungsnot trifft auf Nicht-Wohnungsbau. Diese toxische Entwicklung muss dringend gestoppt werden.â Denn Wohnungsmangel schaffe soziale Spannungen. âWenn sich Menschen wochen- und monatelang um eine neue Wohnung kĂŒmmern mĂŒssen, dann braut sich da etwas zusammen. Das ist Gift fĂŒr das soziale Miteinander in der Gesellschaftâ, so Katharina Metzger.
Text/Foto: BDB / Pestel-Institut