Russlands Präsident Wladimir Putin hat den neuen Großangriff auf die ukrainische Energie-Infrastruktur als Reaktion auf den jüngsten Beschuss von Zielen in eigenem Gebiet bezeichnet. Das russische Militär habe dabei in der Nacht mit 90 Raketen und 100 Drohen angegriffen, sagte Putin bei einem Treffen eines Militärbündnisses ehemaliger Sowjetrepubliken in der kasachischen Hauptstadt Astana am Donnerstag. Siebzehn Ziele seien getroffen worden. Dabei handele es sich um militärische Einrichtungen sowie Anlagen der Rüstungsindustrie. Laut ukrainischer Luftwaffe fanden zwölf Geschosse ihr Ziel.
„Wie ich bereits mehrfach sagte, wird es immer eine Reaktion unserer Seite geben“, drohte Putin. Und natürlich werde Russland auf die anhaltenden Angriffe mit den weiterreichenden Raketen reagieren. Dazu seien auch weitere Angriffe mit der in der vorigen Woche erstmals eingesetzten neuen Hyperschall-Mittelstreckenrakete Oreschnik möglich. „Derzeit wählen das Verteidigungsministerium und der Generalstab Ziele auf ukrainischem Gebiet aus. Dazu könnten militärische Einrichtungen, Rüstungs- und Industrieunternehmen oder Entscheidungszentren in Kiew gehören“, fügte Putin hinzu.
Das ukrainische Militär teilte mit, Russland habe bei dem Angriff 91 Raketen und 97 Drohnen eingesetzt. Ziele seien vor allem die Energie-Infrastruktur gewesen. Dadurch sei in den westlichen, südlichen und zentralen Landesteilen für mehr als eine Million Menschen der Strom ausgefallen. Laut Luftwaffe wurden 79 Raketen abgeschossen und 35 Drohnen zerstört. Alle auf Kiew abgefeuerten Raketen oder Drohnen seien abgefangen worden. Dennoch fiel auch in der Hauptstadt phasenweise der Strom aus. Lautes Brummen von Generatoren war zu hören, da kleine und mittlere Unternehmen gezwungen waren, ihren eigenen Strom zu erzeugen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland eine „verabscheuungswürdige Eskalation“ vor und sagte, es seien Marschflugkörper mit Streumunition eingesetzt worden. Der Angriff verstärkt die Befürchtungen vor langen Stromausfällen während der Wintermonate, die Temperaturen in der Ukraine liegen derzeit bereits um den Gefrierpunkt. Im Zuge der Angriffe nahmen die ukrainischen Behörden mehrere Atomkraftwerke vom Netz, wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr. Russland hat nach Angaben ukrainischer Behörden etwa die Hälfte der verfügbaren Erzeugungskapazität des Landes im Laufe des Krieges lahmgelegt, das Verteilernetz beschädigt und die Behörden zu langen Stromabschaltungen gezwungen.
„SCHAUPLATZ EINIGER DER HEFTIGSTEN KÄMPFE“
Im Osten der Ukraine kamen russische Truppen unterdessen weiter voran. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau wurde die Siedlung Nova Illinka in der Nähe der umkämpften Stadt Kurachowe in der Region Donezk eingenommen. Die ukrainische Armee erwähnte Nova Illinka in ihren täglichen Berichten nicht. Analysten und Kriegsblogger berichteten von schnellen russischen Vorstößen in der Ostukraine.
Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete in seiner nächtlichen Videoansprache die Gebiete um Kurachowe und Pokrowsk als „Schauplatz einiger der heftigsten Kämpfe“. Am Mittwoch hatten die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben des Generalstabs bei Kurachowe 30 von 36 Angriffen abgewehrt, sechs Gefechte dauerten noch an. Auch bei Pokrowsk seien 26 von 35 Angriffen abgewehrt worden.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 28. November 2024