Magdeburg. Mit zusĂ€tzlichen Angeboten auf Schwerpunktstrecken des Schienenpersonennahverkehrs reagiert das Land Sachsen-Anhalt auf das erhöhte Fahrgastaufkommen im Schienenpersonennahverkehr. âDie aktuellen Zahlen belegen, dass seit EinfĂŒhrung des Deutschlandtickets immer mehr Menschen mit der Bahn fahren“, erklĂ€rte die Ministerin fĂŒr Infrastruktur und Digitales, Dr. Lydia HĂŒskens (Foto), heute in Magdeburg nach der Kabinettssitzung.
Die Nachfrage sei in den zurĂŒckliegenden 30 Jahren nie so hoch gewesen, sagte sie. âAllein seit 2019 verzeichnen wir eine Steigerungsrate von rund 50 Prozent. Damit wurden die wesentlichen Ziele des vergĂŒnstigten Fahrscheins erreicht: Finanzielle Entlastung der BĂŒrgerinnen und BĂŒrger und Anreiz, das eigene Auto einmal stehen zu lassen“, bilanzierte HĂŒskens. âDas heiĂt aber auch, dass wir mit Blick auf die KapazitĂ€ten permanent nachsteuern mussten und mĂŒssen; sei es durch Verdichtungen im Fahrplan oder zusĂ€tzliche Waggons an den ZĂŒgen“, betonte sie. Beispielhaft nannte die Ministerin
- das âAltmĂ€rker Y“ mit Halbstundentakt Magdeburg â Stendal und Stundentakt Stendal â Uelzen,
- die zweistĂŒndliche Durchbindung der ZĂŒge Berlin â Rathenow bis Stendal,
- die Durchbindung Querfurt â Merseburg â Halle (âneue S 11″),
- die durchgehenden Stundentakte, Mo â So, Braunschweig â Magdeburg â Burg und
- Berlin â Dessau-RoĂlau sowie die
- drei zusĂ€tzlichen ZĂŒge im Netz Saale-ThĂŒringen-SĂŒdharz mit KapazitĂ€tserweiterungen auf diversen Linien und
- zusĂ€tzliche Wagen fĂŒr den RE 13, Magdeburg â Dessau â Leipzig, sowie
- die die ZĂŒge auf der Strecke Gera â Zeitz â Leipzig.
âLeider sind die Rahmenbedingen dafĂŒr, dass unsere Angebote zuverlĂ€ssig und in der gewĂŒnschten QualitĂ€t umgesetzt werden können, aktuell denkbar schlecht“, sagte HĂŒskens. Bis Ende November dieses Jahres seien 4,4 Prozent aller Zugfahrten im Nahverkehr ausgefallen. âMehr als jeder zehnte Zug war zwischen Januar und September unpĂŒnktlich“, ergĂ€nzte sie.
âDie QualitĂ€tsprobleme waren noch nie so gravierend und sorgen berechtigterweise fĂŒr Unzufriedenheit bei den FahrgĂ€sten. Auch hier sind wir zum Handeln verpflichtet“, erklĂ€rte Lydia HĂŒskens. Bereits im vorigen Jahr habe das Land rund 41 Millionen Euro von den Unternehmen zurĂŒckgefordert. Ich gehe davon, dass die Minderungen 2024 eine Ă€hnliche Höhe erreichen“, fĂŒgte sie hinzu.
Der Ministerin zufolge wĂ€re 2023 eine RĂŒckforderung in Höhe von 56 Millionen Euro möglich gewesen. WĂŒrden die Minderungen jedoch in vollem Umfang zum Tragen kommen, wĂ€ren die Unternehmen in ihrer Existenz bedroht. Daher sei es im Interesse des Landes die RĂŒckforderung nicht die volle Höhe auszuschöpfen, sagte HĂŒskens. Im Umkehrschluss mĂŒssen die Betreiber aber in die Pflicht genommen werden und an der QualitĂ€t Ihres Angebots arbeiten, betonte sie.
âNeben dem gravierenden Personalmangel sind der Zustand der Infrastruktur, die dichte Belegung des Netzes und die vielen zum Teil sehr kurzfristigen BaumaĂnahmen Hauptursachen fĂŒr ZugausfĂ€lle und VerspĂ€tungen. Hier sind die Handlungsmöglichkeiten der Verkehrsunternehmen ganz einfach begrenzt. Deshalb geht mein Apell erneut in Richtung DB InfraGo, stĂ€rker in das Netz zu investieren“, sagte Lydia HĂŒskens abschlieĂend.
Zu Ihrer Information:
Neue Angebote mit Fahrplanwechsel
Die bisherige Regionalbahnlinie RB78 wird kĂŒnftig als S-Bahn tĂ€glich stĂŒndlich auf der Gesamtstrecke zwischen Querfurt, MĂŒcheln, Braunsbedra, Merseburg und Halle unterwegs ein. Dies bedeutet vor allem in den Abschnitten Querfurt â MĂŒcheln und Merseburg â Halle ein deutlich verbessertes Angebot. AuĂerdem entfĂ€llt, mit einzelnen Ausnahmen, in Merseburg Hauptbahnhof der Umstieg. Die S11 wird auch in Halle-Ammendorf und Schkopau halten. Zusammen mit dem RE16 und der RB25 gibt es dadurch tĂ€glich etwa alle 20 Minuten Fahrtmöglichkeiten zwischen Halle und Merseburg.
Einen Betreiberwechsel gibt es auf der Strecke WeiĂenfels â Zeitz (RB76). Die Erfurter Bahn ĂŒbernimmt die Strecke von DB Regio, das Angebot verĂ€ndert sich nicht. Allerdings mĂŒssen aufgrund des anhaltenden Personalmangels von montags bis freitags an den Vormittagen zehn Zugfahrten durch Busse ersetzt werden. Es bestehen auch zu dieser Zeit zweistĂŒndlich Bahnverbindungen. Diese EinschrĂ€nkung wird bis 28. Februar bestehen.
Schon seit Juni verkehrt der RE4 aufgrund der hohen Nachfrage zweistĂŒndlich ĂŒber den bisherigen Endbahnhof Rathenow hinaus bis Stendal und ermöglicht eine direkte Fahrt zwischen Stendal und Berlin. Im Zusammenspiel mit der RB34 bestehen zwischen Stendal, Rathenow und Berlin dadurch stĂŒndliche Verbindungen.
Um in Stendal bessere Anschlussmöglichkeiten zu schaffen, tauschen die beiden Linien im neuen Fahrplan die Abfahrtstunden. Aufgrund von Bauarbeiten kann die RB34 ab Juni 2025 nur als Bus verkehren.
Auf der Strecke Dessau â Berlin (RE7) wird im Abschnitt Bad Belzig â Dessau Hbf kĂŒnftig auch an den Wochenenden stĂŒndlich ein Zug fahren. Auch hier ist die Nachfrage durch das Deutschlandticket stark angestiegen.
Das Deutschlandticket und die daraus resultierend steigenden Fahrgastzahlen erforderten fĂŒr die RB40 Braunschweig â Magdeburg â Burg ebenfalls ein deutlich erhöhtes Angebot. Auf der gesamten Strecke wird ab dem Fahrplanwechsel durchgehender Stundentakt gefahren, neuerdings auch am Wochenende.
An den SaalebrĂŒcken zwischen Naumburg und GroĂheringen wird weiterhin gebaut, weshalb der Zugverkehr bis Mitte 2025 nur eingleisig vorbeigefĂŒhrt und durch abschnittsweisen Entfall der Regionalexpress-Angebote realisiert werden kann.
Ab 7. Juni sollen die Linien RE15, RE16, RB20 und RB25 (Halle/Leipzig â Naumburg â Erfurt/Jena â Saalfeld) wieder vollstĂ€ndig im Einsatz sein.
Auch fĂŒr die RB47 Magdeburg â Bernburg â Halle gibt es weiterhin EinschrĂ€nkungen. Aufgrund von BaumaĂnahmen mĂŒssen die meisten ZĂŒge zwischen Calbe Ost und Magdeburg Hbf entfallen, in Calbe Ost besteht alternativ Anschluss zum RE30.
Die Unstrutbahn Naumburg Ost â Wangen (RB77) muss aufgrund erforderlicher Erneuerungen der Infrastruktur bis voraussichtlich Ende Februar weiterhin ersatzweise mit Bussen bedient werden. Auf der Strecke Magdeburg â Aschersleben (RB41) entfĂ€llt die Fahrt von Magdeburg (3.39 Uhr) nach GĂŒsten
Auf der S3 im Stadtgebiet Halle sollen ab dem Fahrplanwechsel wieder alle ZĂŒge fahren, die seit mehr als einem Jahr wegen Nichtbesetzung des Stellwerkes Halle-Nietleben in den Nachtstunden nicht fahren konnten. Dies betrifft die ersten und letzten Fahrten des Tages nach HalleNietleben.
Auch auf der Linie S5X/S5 Halle Hbf â Leipzig gibt es aufgrund der Nachfragesteigerung ein erweitertes Angebot in den Abendstunden. Zwei Fahrten werden ĂŒber den Flughafen hinaus bis nach Halle Hbf verlĂ€ngert. Zwischen Wolfsburg und Haldensleben gibt es zukĂŒnftig an den Wochenenden eine neue Fahrtmöglichkeit um 7.23 Uhr ab Wolfsburg. Von Haldensleben aus fĂ€hrt der Zug weiter nach Magdeburg Hbf.
QualitÀtsmÀngel/Minderungen
In den VerkehrsvertrĂ€gen, die das Land als AufgabentrĂ€ger mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) abschlieĂt, sind fĂŒr QualitĂ€tsmĂ€ngel finanzielle Minderungen vorgesehen. Die nun aufgetretenen BeeintrĂ€chtigungen konnten in der Vergangenheit bei Vertragsabschluss nicht kalkuliert werden. Aus diesem Grund ist das Land verpflichtet, die Situation in der Gegenwart neu zu bewerten und fĂŒr die Minderungen einen vertraglich definierten Ermessensspielraum zu nutzen.
Hauptursache fĂŒr die sogenannten operativen, also ungeplanten, AusfĂ€lle ist der stetig steigende Personalmangel bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) auf der einen Seite. Andererseits fĂ€hrt auf dem betreffenden Abschnitt kein Zug mehr, wenn zusĂ€tzlich Mitarbeiter beim Infrastrukturbetreiber DB InfraGo in den Stellwerken ausfallen.
Zu den operativen ZugausfĂ€llen kommen die planmĂ€Ăigen AusfĂ€lle hinzu, die fĂŒr VerspĂ€tungen im Bahnverkehr sorgen. Sie werden in erster Linie durch Baustellen verursacht, die zwar mit zeitlichem Vorlauf in den Fahrplan integriert werden, aber trotzdem fĂŒr VerspĂ€tungen sorgen, weil die marode Infrastruktur immer mehr Baustellen erfordert.
2020 lag der PĂŒnktlichkeitswert, beeinflusst durch die Coronapandemie, bei 95,49 Prozent. Im Jahr zuvor bei 93,82 Prozent. FĂŒr 2024 wurde fĂŒr den Zeitraum bis September eine PĂŒnktlichkeit von 87,92 Prozent erreicht. Der PĂŒnktlichkeitswert ist in den letzten Jahren stetig gefallen und hat in diesem Jahr seinen vorlĂ€ufigen Tiefpunkt erreicht. Ein Ă€hnlicher Trend zeigt sich bei der Anzahl ausgefallener ZĂŒge: WĂ€hrend im Jahr 2023 noch 2,4 Prozent aller NahverkehrszĂŒge ausfielen, kletterte der Wert von Januar bis September 2024 auf 4,4 Prozent,
Eine zusĂ€tzliche Belastung erfĂ€hrt der Bahnverkehr durch das stark erhöhte Fahrgastaufkommen in Folge des Deutschlandtickets. Im gleichen MaĂe, in dem die QualitĂ€t nachlĂ€sst, steigern sich die Fahrgastzahlen. Die Umsteigezeiten verlĂ€ngern sich und der Platz in den vorhandenen ZĂŒgen reicht nicht aus, was die EVU vor weitere Probleme stellt.
Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium fĂŒr Kultur am 10. Dezember 2044