Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen (Foto) geht nicht von einem schnellen Ende des Krieges in der Ukraine aus. „Es wird aus meiner Sicht einen langwierigen Kampf geben, erste schnelle militärische Siege Russlands, aber es wird dann Straßenkampf und Häuserkampf geben, die Ukraine wird jeden Quadratmeter ihres Landes verteidigen“, sagte Röttgen bei phoenix. Zwar handle Russland aus der Position einer erdrückenden militärischen Übermacht heraus, vor allem was Artillerie und Raketen angehe, „aber diese militärische Übermacht heißt noch lange nicht, dass man das Land dann auch unter Kontrolle bringt, das wird Zeit brauchen, und auf der Zeitschiene ist es dann entscheidend, dass möglichst viele – die EU sowieso, der Westen, aber auch die internationale Staatengemeinschaft – sich bereitfinden, der Ukraine umfassend beizustehen, und dass wir Europäer unsere Friedensordnung wiederherstellen“, so Röttgen.
Harte Sanktionen seien jetzt das entscheidende Mittel. Putin wisse zwar um Sanktionen und er nehme sie in Kauf, doch letztlich gehe es auch dabei um Ausdauer, so Röttgen. „Putin muss einerseits Krieg führen, das ist eine volkswirtschaftliche Belastung, und andererseits wird er abgeschnitten werden von Kapitalmärkten, von Finanzierungsmöglichkeiten, von Handelsbeziehungen und das muss er auf die Dauer erstmal durchhalten. Und er muss auch durchhalten für diesen Krieg, den eigentlich ja in Russland niemand will, er braucht die Unterstützung der Bevölkerung, das ist ein gewagtes Spiel von ihm und es hängt ab von Aus- und Durchhaltefähigkeit.“
Putin habe einen Angriffskrieg gegen ein unschuldiges Volk begonnen, dieser markiere eine Zeitenwende und werde dieses Jahrzehnt prägen und er lasse keine Optionen mehr für Diplomatie, sagte der CDU-Außenpolitiker. „Es ist jetzt von Putin dieser andere Weg, ein Angriffskrieg, gewählt worden, der im Moment und auf Zeit keinen Raum für Diplomatie mehr lässt“, so Röttgen. Darum müsse man nun auch über Waffenlieferungen an die Ukraine nachdenken, eine Option die Röttgen zuvor abgelehnt hatte. „Jetzt haben wir nicht mehr die Phase von Gesprächsmöglichkeiten, darum fällt das Argument weg. Es schiebt sich jetzt das Argument nach vorne, der Ukraine und den Ukrainern beizustehen in ihrem Recht auf Selbstverteidigung. Da ist jetzt ein Gebot und darum sollten wir die Ukraine auch militärisch ausrüsten“, sagte Röttgen. „Wir haben eine Menge und können nur mit dem ausrüsten, was wir haben, was verfügbar ist, jetzt, aber auch in einiger Zeit, denn dieser Krieg wird längere Zeit dauern, das wird nicht schnell vorbei sein, das ist kein Sprint und insofern kann es auch noch entscheidend sein, was in zwei Monaten geliefert werden kann.“
An weitere Aggressionen Russlands, beispielsweise gegenüber den baltischen Staaten, glaubt Röttgen derzeit nicht. „Ich glaube nicht, dass Putin einen Krieg mit der Nato möchte, es geht ihm exakt um den Bereich zwischen EU, Nato-Staaten und Russland, das ist die Ukraine als größtes Land, das ist Georgien, das ist Moldau und das ist auch Belarus.“
Text phoenix-Presseteam
Foto (c) Tobias Koch