DGB: Gute Arbeit, starke Wirtschaft, soziale Sicherheit

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Der GeschĂ€ftsfĂŒhrende DGB-Bundesvorstand hat am Montag in Berlin die politischen Schwerpunkte fĂŒr das Jahr 2025 vorgestellt und die aktuelle politische Lage bewertet.

Mit Sorge blickt die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi (Foto) auf ein Jahr, in dem sich die wirtschaftliche Krise weiter zu verfestigen droht: „Eine toxische Mischung aus Managementfehlern, KonjunkturschwĂ€che und strukturellen Defiziten hat bereits viele gute ArbeitsplĂ€tze gekostet, und andere geraten zunehmend unter Druck. Der unmittelbare Schutz der BeschĂ€ftigten steht jetzt fĂŒr unsere BetriebsrĂ€te und ihre Gewerkschaften an erster Stelle.“ 

Die Schuldenbremse sei keine StaatsrĂ€son. Vielmehr sei ein starker Sozialstaat das Wesen der sozialen Marktwirtschaft – und das RĂŒckgrat einer erfolgreichen demokratischen Gesellschaft. Deswegen mĂŒsse die nĂ€chste Bundesregierung im Eiltempo eine Investitionsoffensive starten: „Fehlende Investitionen von heute sind die Schulden von morgen zu Wucherzins“, so Fahimi.

Nur durch eine verlĂ€ssliche Infrastruktur und modere Daseinsvorsorge könnte der Standort Deutschland auch fĂŒr Privatinvestitionen wieder attraktiver gemacht werden. InvestitionsprĂ€mien sollten zur Modernisierung des industriellen Kerns beitragen. Außerdem seien verlĂ€ssliche und wettbewerbsfĂ€hige Energiepreise eine Überlebensfrage fĂŒr die energieintensive Industrie. Jedoch warnte Fahimi: „Keine Leistung ohne Gegenleistung. Wir erwarten, dass begĂŒnstigte Unternehmen sich zur BeschĂ€ftigungssicherung und Tariftreue verpflichten.“ 

Jeglichen Versuchen, soziale Errungenschaften im Schatten der Krise abzuschaffen, erteilte Fahimi eine klare Absage: „SozialversicherungsbeitrĂ€ge zu deckeln und Leistungen aus den Versicherungssystemen herauszunehmen spart nur den Arbeitgebern Geld. FĂŒr die BeschĂ€ftigten heißt es Sparen an ihrer sozialen Absicherung oder sogar Draufzahlen fĂŒr bisherige Versicherungsleistungen.“ Außerdem seien es nicht die SozialversicherungsbeitrĂ€ge, die ĂŒber „mehr Netto vom Brutto“ entschieden, sondern Entlastungen bei Mieten, Energiepreisen oder bei der kalten Progression.

Mit Blick auf die Bundestagswahl appellierte Fahimi an WĂ€hlerinnen und WĂ€hler, genau aufzupassen, welche der Parteien wirklich ihre Interessen vertreten. Das sei auch die Basis, auf der die DGB-Kampagne zur Bundestagswahl aufgebaut ist. Sie steht unter dem Motto: „Mach Dich stark mit uns!“

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack forderte verstĂ€rkte Investitionen in den öffentlichen Dienst, da es hĂ€ufig an Personal und besserer Ausstattung mangele. „Wer erfolgreich Zukunft gestalten will, muss den Staat finanziell, strategisch und personell wieder in die Lage versetzen, seine Aufgaben zu erfĂŒllen. Anderenfalls droht ein weiterer Vertrauensverlust in Politik und Staat“, sagte sie. Forderungen nach Stellenstreichungen lehnte Hannack entschieden ab.

Deutschland investiere zudem seit Jahrzehnten zu wenig in sein Bildungssystem. Die DGB-Vize hob die unzureichende Kita-Betreuung hervor und forderte mehr Gelder fĂŒr bedarfsdeckende Angebote in der Kinderbetreuung und fĂŒr die hĂ€usliche Pflege. Dies sei eine wichtige Voraussetzung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stĂ€rken und um die ErwerbstĂ€tigkeit von Frauen zu fördern. „Wer FachkrĂ€fte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten“, betonte sie. 

Hannack forderte, Bildung zur PrioritĂ€t zu machen und das Bildungssystem zu verbessern. „Deutschland benötigt kluge Köpfe, investiert jedoch im internationalen Vergleich zu wenig in Bildung“, sagte sie. Um dem entgegenzuwirken, brauchen wir im Grundgesetz ein Kooperationsgebot fĂŒr Bildung, damit der Bund die LĂ€nder dauerhaft finanziell unterstĂŒtzen könne. Zudem sollte das Startchancenprogramm ausgeweitet werden, um benachteiligte Kinder zu erreichen. Die Ausbildungsgarantie sollte auf das gesamte Bundesgebiet erweitert und ein Zukunftsfonds fĂŒr neue AusbildungsplĂ€tze geschaffen werden. Eine neue Architektur fĂŒr lebensbegleitendes Lernen, inklusive staatlich geförderter Bildungsteilzeit, sei notwendig, um den Anforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt gerecht zu werden.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte, „die nĂ€chste Bundesregierung muss dringend ihre InvestitionstĂ€tigkeit verstĂ€rken. FĂŒr Investitionen in die Infrastruktur, in die ZukunftsfĂ€higkeit unseres Landes sollte die Schuldenbremse von vornherein nicht gelten. Wer zukĂŒnftig die goldene Investitionsregel nicht anwendet, wird in einer bleiernen Zeit aufwachen.“ Aktuell bestehe ein zusĂ€tzlicher Investitionsbedarf bei Bund, LĂ€ndern und Gemeinden von mindestens 600 Milliarden Euro ĂŒber die nĂ€chsten zehn Jahre, um unsere Infrastruktur zu modernisieren, Schulen zu sanieren und unsere starke Wirtschaft auf klimafreundliche FĂŒĂŸe zu stellen. 

Die wachsende Ungleichheit im Land bezeichnete Körzell als „große Gefahr fĂŒr die Demokratie.“ Es sei â€žĂŒberhaupt nicht nachvollziehbar, warum leistungsloses Einkommen geringer besteuert wird als Erwerbsarbeit. Reiche und Superreiche, große Erbschaften, Höchstverdienende und KapitaleinkĂŒnfte mĂŒssen endlich mehr zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen.“ Die nĂ€chste Bundesregierung mĂŒsse diese EinkĂŒnfte höher besteuern. „Bei der Einkommensteuer wollen wir die ‚unteren‘ 95 Prozent der BeschĂ€ftigten entlasten. Damit wird der breite Konsum gestĂ€rkt und die wirtschaftliche Entwicklung stabilisiert“, betonte Körzell.

Zudem forderte Körzell Maßnahmen, um die Tarifbindung zu stĂ€rken. „Heute arbeiten nur noch knapp 50 Prozent der BeschĂ€ftigten unter dem Schutz von TarifvertrĂ€gen. Damit liegt Deutschland unter den westeuropĂ€ischen EU-Mitgliedern auf dem vorletzten Platz“, sagte der Gewerkschafter. Der Bund mĂŒsse gegensteuern mit einem wirksamen Bundestariftreuegesetz. TarifvertrĂ€ge sollten leichter fĂŒr gesamte Branchen allgemeinverbindlich erklĂ€rt werden können. Auch ein digitales Zugangsrecht fĂŒr die Gewerkschaften in die Betriebe mĂŒsse endlich kommen. 

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel betonte die zentrale Rolle sozialer Sicherheit in Krisenzeiten. Viele Menschen seien verunsichert und bangten um ihre ArbeitsplĂ€tze. „Dabei wird schnell vergessen: So schlecht sind die Voraussetzungen nicht, aktuelle Herausforderungen zu bewĂ€ltigen. Gut ausgebildete BeschĂ€ftigte und ein handlungsfĂ€higer Sozialstaat sind dafĂŒr unschlagbare Standortvorteile“, sagte Piel. Sie warnte davor, den Sozialstaat als RĂŒckgrat von Demokratie und Zusammenhalt zu schwĂ€chen. „Wer die Axt an den Sozialstaat legt, gefĂ€hrdet gesellschaftlichen Frieden und die StabilitĂ€t unserer Demokratie“, mahnte sie. 

Piel forderte deshalb ein stabiles Rentenniveau und lehnte eine Erhöhung des Rentenalters ab: „Ein höheres Rentenalter ist eine RentenkĂŒrzung. Die Menschen wissen das.“ Es sei kein Wunder, dass jetzt selbst die Union verspreche, das Rentenalter nicht ĂŒber 67 anzuheben. Gerichtet an die Union forderte Piel: „Wer im Wahlkampf vollmundig verspricht, das Rentenalter nicht anzuheben, sollte tunlichst die Finger von der Rente nach 45 Beitragsjahren lassen!“ Mehr Geld fĂŒr die gesetzliche Rente erreiche man mit mehr Tarifbindung, fairen Löhnen und höherer Erwerbsbeteiligung.

FĂŒr die FachkrĂ€ftesicherung forderte Piel, in Weiterbildung zu investieren, die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Ă€lteren Arbeitnehmern zu fördern und eine gute Einwanderungspolitik zu organisieren. Zur Arbeitslosenversicherung sagte Piel: „Eine starke Arbeitslosenversicherung ist unverzichtbar, damit BeschĂ€ftigte nicht im Regen stehen und Strukturwandel nicht zum VerlustgeschĂ€ft wird. DafĂŒr braucht es weiterhin eine solide finanzielle Grundlage fĂŒr die Bundesagentur fĂŒr Arbeit.“

Zusammenfassend forderte Piel von den Parteien, den Sozialstaat zu stĂ€rken: „Wer krank oder arbeitslos wird oder in den verdienten Ruhestand geht, muss sich darauf verlassen können, nicht abgehĂ€ngt zu werden. Nur so funktionieren sozialer Frieden und Demokratie.“

Die Statements vom GeschĂ€ftsfĂŒhrenden DGB-Bundesvorstand zum Download:

Statement der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi

Statement der stellvertretenden Vorsitzenden Elke Hannack

Statement von DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell

Statement von DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel

Foto: Yasmin Fahimi (c) DGB