Magdeburg. Das Gesundheitskabinett hat heute in Magdeburg über die Zukunft der medizinischen Versorgung im Land beraten. Neben der Landesregierung nahmen an der dritten Sitzung unter anderem Vertreterinnen und Vertreter der Ärzte- und Zahnärzteschaft, der Krankenkassen, der Krankenhäuser und der beiden Universitätskliniken sowie der kommunalen Spitzenverbände teil. Bei der Sitzung ging es um zwei wesentliche Themenkomplexe: Gewinnung von Fachkräften im Bereich der Medizin/Zahnmedizin sowie die Umsetzung der Krankenhausreform auf Landesebene.
Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (Foto) sagte: „Die Sicherung einer umfassenden medizinischen Versorgung auch im ländlichen Bereich ist eine der grundlegenden Aufgaben, die sich die Landesregierun gestellt hat. Um hier mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen, habe ich das Gesundheitskabinett ins Leben gerufen, das nun zum dritten Mal getagt hat. Neben der dringend notwendigen Nachwuchsgewinnung im ärztlichen Bereich, zum Beispiel durch Veränderung der Studienquoten, muss es darum gehen, eine leistungsfähige Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt zu erhalten. Hier hat der Bund mit dem noch unbefriedigenden Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz den Rahmen vorgegeben. Er muss nun auch die Instrumente bereitstellen, die stationäre Versorgung zu sichern.“
Über 100 Maßnahmen zur Gewinnung und Bindung von Ärztinnen und Ärzten
Unter gemeinsamer Federführung des Gesundheitsministeriums und des Wissenschaftsministeriums haben sich Vertreterinnen und Vertreter des Wissenschaftsministeriums sowie Akteure des Gesundheitswesens und der kommunalen Spitzenverbände im Vorfeld intensiv mit den Themen Ärztebedarf und Ärztegewinnung befasst. Damit wurde ein Versprechen aus der vorangegangenen Sitzung des Gesundheitskabinetts im November 2023 eingelöst. Ziel war es, ein Lagebild der sachsen-anhaltischen Gesundheitsversorgung zu erstellen und dem Gesundheitskabinett weitere Maßnahmen zur Ärztegewinnung vorzuschlagen.
Laut Prognose der künftigen Bedarfe werden in den nächsten zehn Jahren in Sachsen-Anhalt insgesamt fast 5.000 Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte benötigt. Um dies zu gewährleisten, müssen angehende Medizinerinnen und Mediziner im Land ausgebildet und gehalten werden. „Damit die ärztliche und zahnärztliche Versorgung auch in Zukunft flächendeckend gesichert bleibt, ziehen Land, Universitäten, Kommunen und das Gesundheitswesen an einem Strang. Ein gemeinsames Paket mit 100 Maßnahmen zeigt: Die Kombination aus Nachwuchsförderung, attraktiven Arbeitsbedingungen und langfristiger regionaler Bindung ist der Schlüssel zu einer zukunftsfesten Gesundheitsversorgung. Neben den bereits bestehenden Landarzt- und Amtsarztquoten sorgen wir für die Einführung einer Landzahnarztquote“, sagte Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne.
Bereits jetzt gibt es zahlreiche Maßnahmen verschiedener Akteure, die das Ziel verfolgen, neue Medizinerinnen und Mediziner zu finden und langfristig zu binden. Bewährte Maßnahmen sollen künftig fortgeführt, ausgebaut und stärker sichtbar gemacht werden. Zudem wurden zahlreiche neue Vorschläge für Maßnahmen erarbeitet, die zeitnah umgesetzt werden sollen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Attraktivität des Studiums zu steigern, Absolventinnen und Absolventen zu motivieren, in Sachsen-Anhalt zu bleiben und hier zu arbeiten und bereits in der Gesundheitsbranche tätige Fachkräfte zu halten. Eine erste wesentliche Maßnahme zur Ärztegewinnung ist zum Beispiel die frühzeitige Ansprache von Schülerinnen und Schülern. Dies soll unter anderem durch Informationsveranstaltungen, Workshops und Schulpatenschaften gelingen. Zudem sei es wichtig, die angehenden Medizinerinnen und Mediziner während des Studiums und bei späteren Weiterbildungen zu unterstützen. Ziel ist die bestmögliche Begleitung auf dem Weg zu einem erfolgreichen Abschluss, beispielsweise durch die Erhöhung der Vergütung im praktischen Jahr oder Betreuungs- und Mentoringprogramme.
Um Ärztinnen und Ärzte bzw. Zahnärztinnen und Zahnärzte nach dem Studium zur Ansiedlung in Sachsen-Anhalt zu bewegen, sind eine Reihe von Faktoren entscheidend. Dazu beitragen sollen Stipendien, Unterstützung bei der Praxisgründung sowie Kooperationsbörsen. Ebenso wichtig sind die sogenannten Haltefaktoren für ausgebildete Medizinerinnen und Mediziner. Entscheidend sind in diesem Zusammenhang Aspekte wie finanzielle Hilfen, Unterstützung durch nichtärztliche Praxisassistenten und Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle.
Weitere Maßnahmen liegen in der Verantwortlichkeit der an der Arbeitsgruppe beteiligten Vertreterinnen und Vertreter. So sollen die Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ohne Qualitätseinbußen beschleunigt und erleichtert werden. Ein Vorschlag ist die Landzahnarztquote Sachsen-Anhalt, mit dem – nach dem Vorbild der Landarztquote – werdende Zahnärztinnen und Zahnärzte bereits während des Studiums an Sachsen-Anhalt gebunden werden. Das Wissenschaftsministerium bereitet die Einführung des neuen Studiengangs „Physician Assistant“ als komplementäres Berufsangebot in der medizinischen Praxis vor. Darüber hinaus wird die Anpassung der Vorabquoten im Zulassungsverfahren zum Studiengang „Humanmedizin“ über das bereits Erreichte hinaus weiterverfolgt.
Zudem arbeiten die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt und die Hochschule Magdeburg-Stendal gemeinsam an der Anwerbung und Integration von Ärztinnen und Ärzten im ländlichen Raum. Die beiden Medizinischen Fakultäten der Universitäten Magdeburg und Halle-Wittenberg und die Ärztekammer Sachsen-Anhalt wollen Studierende auf ihrem Weg in Fachgebiete gezielt begleiten, unter anderem durch Mentoring, Karriereplanung und Stipendien. Darüber hinaus werden flexiblere Studienmodelle entwickelt, um die Vereinbarkeit von Studium, Arbeit und Privatleben zu verbessern. Des Weiteren wird das Land neben einer verstärkten Fortführung der Kooperationen mit europäischen Medizin- und Zahnmedizinfakultäten innovative Modelle der Studienplatzgewinnung und -nutzung inklusive deren Finanzierung (ggf. auch in Form von Stipendienprogrammen) entwickeln und die Voraussetzungen dafür kurzfristig schaffen.
„In den Beratungen wurde deutlich, dass die Medizinischen Fakultäten des Landes bereits heute eine erstklassige Ausbildung von Medizinern anbieten“, betonte Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann. „Für die kommenden Jahre wird es vor allem darauf ankommen, noch mehr Anreize zu setzen, die Nachwuchskräfte, die wir bei uns im Land ausbilden, für den ländlichen Raum zu gewinnen. Hierfür werden wir die Vorabquoten für das Medizinstudium weiter anpassen und flexibilisieren, um größere Spielräume für Landesbedarfe zu erhalten. Des Weiteren wird das Land neben einer verstärkten Fortführung der Kooperation mit europäischen Medizin- und Zahnmedizinfakultäten innovative Modelle der Studienplatzgewinnung und -nutzung inklusive deren Finanzierung, ggf. auch in Form von Stipendienprogrammen, entwickeln und die Voraussetzungen dafür kurzfristig schaffen. Darüber hinaus wird es entscheidend darauf ankommen, für Nachwuchskräfte attraktivere Arbeitsbedingungen im Lande anzubieten. Die Universitäten leisten hier bereits einen sehr großen Anteil, nun bedarf es einer gemeinsamen weiteren Kraftanstrengung.“
Gesetz macht neue Krankenhausplanung notwendig
Weiterhin beriet das Gesundheitskabinett zu den Auswirkungen des am 12. Dezember 2024 in Kraft getretenen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) auf die Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt und die weiteren Umsetzungsschritte. Für die Umsetzung der Krankenhausreform des Bundes ist eine neue Krankenhausplanung auf Landesebene notwendig. Bei der Krankenhausplanung soll die Krankenhausversorgung durch ein bedarfsgerechtes, funktional abgestimmtes Netz einander ergänzender Krankenhäuser gesichert werden.
„Ziel ist es, in Sachsen-Anhalt weiterhin eine qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung sicherzustellen, bei der die Menschen im Mittelpunkt stehen. Dafür braucht es mehr Kooperationen zwischen Krankenhäusern und mehr Konzentration von bestimmten Leistungen auf hochmoderne Standorte, ohne dabei die flächendeckende Grundversorgung aus dem Blick zu verlieren. Die kleinen Häuser im ländlichen Raum sollen mit der Einführung einer gestuften Versorgung erhalten bleiben“, erklärte Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne.
Nach dem KHVVG soll es vorläufig 65 Leistungsgruppen geben. Welche Leistungsgruppen ab 2027 konkret gelten werden und wie deren Voraussetzungen genau aussehen, wird eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit klären. Diese müsse laut Landesgesundheitsministerin Petra Grimm-Benne nun schnellstmöglich vorgelegt werden, denn sie ist die wesentliche Grundlage für die neue Krankenhausplanung. Auch für die Krankenhäuser müsse unverzüglich Klarheit geschaffen werden, welche Leistungsgruppen ab 2027 gelten. Nur so könnten die notwendigen Planungs- und Prüfungsschritte erfolgen und die Krankenhäuser sich in ihrer kurz- und mittelfristigen Planung auf ihre zukünftigen Aufgaben ausrichten. Auch für die Mitarbeitenden der Krankenhäuser müsse schnell Klarheit und Sicherheit geschaffen werden, so die Ministerin.
Das Landesgesundheitsministerium hat bereits 2024 mit einer neuen Krankenhausplanung begonnen, auf Grundlage des 2023 erstellten Gutachtens zur Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt. Unterstützt wird das Ministerium dabei von der „PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH“ mit Sitz in Berlin. Die neue Krankenhausplanung soll von der Landesregierung im Herbst 2026 beschlossen und die Leistungsgruppen den Kliniken durch Bescheide zugewiesen werden, all das bis spätestens 31. Oktober 2026.
Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt 44 Krankenhäuser an 53 Standorten, darunter drei Maximalversorger (Unikliniken Halle und Magdeburg, Städtisches Klinikum Dessau).
Quelle: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur am 21. Januar 2025
Foto: Dr. Reiner Haseloff (c) Ronny Hartmann / Staatskanzlei Sachsen-Anhalt