Sachsen-Anhalt scheitert an E-Akte

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Halle (ots). Gerichte in Sachsen-Anhalt werden auch im kommenden Jahr mit Akten aus Papier arbeiten. Damit verstĂ¶ĂŸt Sachsen-Anhalt gegen die Pflicht zur EinfĂŒhrung der elektronischen Akte, die bundesweit ab 2026 gilt. Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) bestĂ€tigte der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Dienstagausgabe), es sei derzeit „schwer vorstellbar“, dass bis 2026 alle Gerichte im Land vollstĂ€ndig elektronisch arbeiten werden. Laut Richterbund Sachsen-Anhalt nutzen derzeit nahezu alle Gerichte Papierakten. Deren Ausmusterung sollte die Justiz schneller und effizienter machen und so dafĂŒr sorgen, dass BĂŒrger zĂŒgig zu ihrem Recht kommen. Die Pflicht zur Umstellung wurde bereits 2017 von Bundestag und Bundesrat beschlossen.

Der Richterbund wirft dem Justizministerium in Magdeburg schwere VersĂ€umnisse vor. „Sachsen-Anhalt hat bei der Digitalisierung der Justiz die rote Laterne“, sagte Verbandsvorsitzender Christian Löffler der Zeitung unter Berufung auf eine deutschlandweite Umfrage unter Richtern. „Das ist ein Versagen der politischen Spitze des Hauses, von Ministerin Weidinger und mindestens ihrer direkten VorgĂ€ngerin.“

Andere LĂ€nder haben die Papierakte in der Justiz bereits weitgehend oder vollstĂ€ndig abgeschafft. FĂŒr RechtsanwĂ€lte gilt die Pflicht zur elektronischen Kommunikation sogar schon seit 2022. Die Gerichte mĂŒssten elektronisch eingegangene SchriftsĂ€tze der AnwĂ€lte ausdrucken und in Papierform bearbeiten, kritisiert der Richterbund. „Hier fahren Wachtmeister jeden Tag riesige Aktenstapel durch die Flure“, sagte Verbandschef Löffler. Zudem könnten die Richter die Vorteile der Digitalisierung nicht nutzen, etwa die Möglichkeit, Dokumente schnell nach bestimmten Begriffen zu durchsuchen. Hinzu kĂ€men die Portokosten und die lĂ€ngeren Wartezeiten beim Versand von Papier.

Ministerin Weidinger rĂ€umt die Probleme ein. Ein Sprecher nannte den derzeitigen Zustand „unbefriedigend“. Man habe deshalb die laufenden Maßnahmen in der jĂŒngsten Vergangenheit durch das Ministerium „erheblich beschleunigt“. Weidinger macht Fehlplanungen vor ihrer Amtszeit verantwortlich. „Es laufen erhebliche Anstrengungen, um die VersĂ€umnisse der letzten Jahrzehnte aufzuholen“, sagte die Ministerin der Zeitung. „Der Nachholbedarf ist erheblich.“

Foto: Franziska Weidinger © MJ LSA/Fotoatelier Mentzel