„Abgeschrieben? – Der Osten in den Medien“: MDR-Doku für die ARD zeigt hartnäckige Klischees und Vorurteile (Das Erste 22:50 – 23:35 Uhr)

Veröffentlicht in: Mediathek | 0

Die neue ARD-Story „Abgeschrieben? – Der Osten in den Medien“ zeigt, wie stark Medien das Bild der Ostdeutschen geprägt haben. Die 45-minütige Doku des MDR für das Erste erzählt, wie das Selbstverständnis der Ostdeutschen und ihr Vertrauen in die Medien durch die häufig negative Darstellung beeinflusst wurden. Für den Film hat eine KI aus den Zuschreibungen diverser Printmedien in den letzten Jahrzehnten Bilder vom medialen Image der Ostdeutschen generiert. Er ist ab sofort abrufbar in der ARD Mediathek und wird am 22. April, 22.50 Uhr im Ersten ausgestrahlt. Ergänzt wird die Doku von einem digitalen Datendossier der mitteldeutschen Produktionsfirma Hoferichter & Jacobs GmbH, in dem u.a. deutlich wird, dass die mediale Aufmerksamkeit für den Osten rund um den 3. Oktober am höchsten ist.

„Die Berichterstattung über Ostdeutschland folgt einer jährlichen Dynamik“, heißt es in der Datenerhebung von Hoferichter & Jacobs. Neben tagesaktuellen Ereignissen bestimmten Jahrestage und Jubiläen, wann verstärkt über Ostdeutschland berichtet wird. Der Fokus auf Jahrestage habe in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen, besonders hervor sticht dabei der 3. Oktober.

Ebenfalls interessant: Nach Bundestagswahlen wird vermehrt über Ostdeutschland gesprochen – vor den Wahlen aber nicht. „Vor einer Bundestagswahl erzielen Perspektiven aus Ostdeutschland also offenbar weniger mediale Aufmerksamkeit als die ostdeutschen Ergebnisse nach der Wahl“, heißt es dazu im Datendossier.

Nach der Bundestagswahl wird medial also wieder auf Ostdeutschland geblickt, der Tenor: „Was ist da los?“ Der Osten „als Sonderfall“ ist wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Erlebt er doch immer wiederkehrende mediale Zuschreibungen. Forterzählt wird ein mediales Bild von Ostdeutschland, das sich in den letzten 35 Jahren verfestigt hat, Negativschlagzeilen dominieren die überregionale Berichterstattung. Doch wie stark prägen journalistische Muster das Bild und schließlich auch das Selbstverständnis der Ostdeutschen? Sinkt das Vertrauen in die Medien auch deshalb hier immer mehr? Diesen Fragen geht die ARD-Story „Abgeschrieben! – Der Osten in den Medien“ auf den Grund.

„Aus ostdeutscher Perspektive verstärkt sich die Wahrnehmung, dass Feiertage, besondere Probleme oder Wahlergebnisse notwendige Voraussetzungen für mediale Wahrnehmung sind. Entsprechende Muster sind typisch für Marginalisierungserfahrungen. Die mediale Dynamik prägt insofern die Wahrnehmung Ostdeutschlands bis heute erheblich. Durch das offensichtliche Fehlen einer kontinuierlichen differenzierten Thematisierung erfolgt in den letzten Jahren zumindest zu Teilen in den analysierten Medien eher eine Verstärkung und Verstetigung von Mustern als ihre Überwindung“, so der Produzent der Dokumentation, Olaf Jacobs.

KI entlarvt gleichförmiges Image vom „Wutossi“

Mithilfe von KI-Unterstützung wird in der neuen ARD-Story „Abgeschrieben? – Der Osten in den Medien“ sichtbar gemacht, welches Bild von Ostdeutschen entsteht, wenn man die Häufigkeit der medial verwendeten Zuschreibungen auswertet. Auf Grundlage einer systematischen Auswertung tausender Presseartikel aus den letzten Jahrzehnten generiert die KI ein bis heute erstaunlich gleichförmiges Image von Ostdeutschen: ältere Menschen, oft im Widerstands-Duktus – auf Demonstrationen, vor baufälligen Häuserzeilen oder in seltsam einsamer Kulisse. Nur in den 2000er Jahren bemerkt man kurz eine leichte Veränderung – der „KI-Ossi“ ist jünger und lächelt.

Die Dokumentation analysiert mit Expertinnen und Experten, Journalisten und Porträtierten welche medialen Zuschreibungen wann und wie entstanden sind, welche Ereignisse sie geprägt haben und erörtert, wie sie bis heute wirken. Und der Film erzählt am Beispiel aufsehenerregender Medien-Stories und Skandale über Ostdeutschland, warum gerade im Osten das Vertrauen in klassische Medien im Laufe der letzten Jahrzehnte immer wieder starken Schwankungen unterliegt.

Zu Wort kommen u.a. Marieke Reimann, Hajo Schumacher, Rainald Grebe, Christoph Dieckmann, Anja Reich, Josa Mania-Schlegel, Hans Zippert, Mandy Tröger sowie Kommunikationswissenschaftler, die zum Medienvertrauen in Ostdeutschland geforscht haben.

Der Osten in den Medien

Produziert wurde die Doku von der mitteldeutschen Produktionsfirma Hoferichter & Jacobs GmbH. Sie ist ab 17. April, 18 Uhr in der ARD Mediathek verfügbar und wird am 22. April, um 22.50 Uhr in der ARD ausgestrahlt. In einem digitalen Datendossier veröffentlichten die Produzenten zudem eine aktuelle Studie zur Presseberichterstattung in Ostdeutschland, im April 2025 erweitert um das Kapitel „Wann wird über Ostdeutschland berichtet?“

Foto: Keyvisual / „Abgeschrieben – Der Osten in den Medien (c) MDR

Video verfügbar bis 17.04.2026 ∙ 18:00 Uhr