Polizeiliche Verkehrsunfallbilanz 2024 – Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten im zweiten Jahr in Folge auf niedrigstem Stand seit Aufzeichnungsbeginn

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Magdeburg. Im vergangenen Jahr hat die Landespolizei 71.054 VerkehrsunfĂ€lle und damit zwei Prozent beziehungsweise 1.724 UnfĂ€lle mehr als im Jahr 2023 registriert. Das geht aus der Polizeilichen Verkehrsunfallbilanz fĂŒr das Jahr 2024 hervor, die Innenministerin Dr. Tamara Zieschang (Foto) am Dienstag gemeinsam mit Verkehrsreferentin Janine Herfen vorstellte:

„Durchschnittlich alle sieben Minuten kracht es auf Sachsen-Anhalts Straßen. Auch wenn die Zahl der VerkehrsunfĂ€lle im Land leicht angestiegen ist, gibt es eine erfreuliche Entwicklung: Im Jahr 2024 gab es die wenigsten Verkehrstoten und Schwerverletzten seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 1992. Die umfassende Verkehrssicherheitsarbeit unserer Landespolizei wird kontinuierlich weitergefĂŒhrt. Die Kolleginnen und Kollegen setzen auch kĂŒnftig auf gezielte PrĂ€vention, konsequente Kontrollen und stete AufklĂ€rung. Die Vision Zero, also keine Verkehrstoten mehr, bleibt unser langfristiges Ziel.“, so Innenministerin Dr. Tamara Zieschang.

Weniger Verkehrstote und Schwerverletzte: Im vergangenen Jahr verunglĂŒckten 9.969 Menschen auf den Straßen Sachsen-Anhalts. Das waren 60 Menschen beziehungsweise ein Prozent mehr als in 2023. Landesweit kamen im Jahr 2024 insgesamt 111 Menschen bei 105 VerkehrsunfĂ€llen ums Leben. Das sind 19 Menschen (bzw. 15 Prozent) weniger als im Vorjahr 2023.

Die Zahl der Schwerverletzten sank im Vergleich zum Vorjahr um fĂŒnf Prozent auf 1.665 (2023: 1.757).

Die Zahl der VerkehrsunfĂ€lle auf Bundesautobahnen  in Sachsen-Anhalt bewegte sich im vergangenen Jahr mit 4.537 auf dem Niveau des Vorjahres 2023 (4.517). Es ereigneten sich jedoch mehr schwere UnfĂ€lle als noch in 2023. Dabei verstarben 30 Menschen (2023: 26) und 191 Menschen wurden schwer verletzt (2023: 189). Nach einem signifikanten RĂŒckgang der Stauende-UnfĂ€lle im Jahr 2023, kam es im vergangenen Jahr wieder zu einem Anstieg um 32 Prozent auf 181 FĂ€lle (2023: 137). Die Anzahl der VerunglĂŒckten bei Stauende-UnfĂ€llen hat sich innerhalb eines Jahres sogar fast verdoppelt (2024: 133, 2023: 73). In allen FĂ€llen war die Hauptunfallursache der ungenĂŒgende Sicherheitsabstand.

WildunfĂ€lle bleiben Hauptursache: Im Jahr 2024 waren bei jedem fĂŒnften Unfall in Sachsen-Anhalt Wildtiere ursĂ€chlich. Insgesamt wurden 14.615 WildunfĂ€lle erfasst – das waren sieben Prozent mehr als im Vorjahr (13.691). Damit fĂŒhrt die Unfallursache „Wild auf der Fahrbahn“ im neunten Jahr in Folge die Rangliste der Hauptunfallursachen an. In rund drei Viertel der FĂ€lle stießen die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mit Rehwild zusammen. Hauptunfallzeiten sind die Morgen- und Abendstunden zwischen fĂŒnf und sieben Uhr beziehungsweise zwischen 20:00 und 22:00 Uhr. Überwiegend blieb es bei UnfĂ€llen mit Sachschaden. Bei 119 WildunfĂ€llen (2023: 125) wurden 14 Menschen schwer und 118 leicht verletzt. Eine Person verlor ihr Leben.

Die nĂ€chsthĂ€ufigsten Unfallursachen sind Fehler beim Wenden und RĂŒckwĂ€rtsfahren (8.074 FĂ€lle) sowie zu geringer Abstand (6.527 FĂ€lle).

Unangepasste Geschwindigkeit ist meist Ursache bei schweren UnfĂ€llen: Bei VerkehrsunfĂ€llen mit Getöteten und Schwerverletzten ist weiterhin die nicht angepasste Geschwindigkeit hauptursĂ€chlich. Von den insgesamt 105 UnfĂ€llen (2023: 120) mit tödlichem Ausgang waren allein 39 (2023: 36) und damit beinahe jeder dritte Unfall auf ĂŒberhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit zurĂŒckzufĂŒhren.

Mehr UnfĂ€lle unter berauschenden Mitteln und aufgrund körperlicher und geistiger BeeintrĂ€chtigung: Im Jahr 2024 gab es insgesamt 1.339 VerkehrsunfĂ€lle unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Das ist ein Anstieg von mehr als sieben Prozent bzw. 96 UnfĂ€llen.

Im vergangenen Jahr wurden knapp 700 Menschen auf Sachsen-Anhalts Straßen verletzt, 15 weitere kamen ums Leben. Die Anzahl der Verletzten befindet sich auf dem Niveau des Vorjahres. Die tödlich VerunglĂŒckten haben sich innerhalb eines Jahres von acht auf 15 fast verdoppelt.

Eine auffĂ€llige Entwicklung ist ebenfalls bei den durch „körperliche und geistige MĂ€ngel“ verursachten VerkehrsunfĂ€llen und den dabei tödlich verletzten Menschen festzustellen. Gab es im Jahr 2023 noch 233 UnfĂ€lle, ist die Anzahl um mehr als 30 Prozent auf nunmehr 308 FĂ€lle gestiegen. Dabei verunglĂŒckten mit 250 Menschen insgesamt 79 Menschen mehr als noch im Vorjahr 2023 (171). 16 Menschen kamen bei diesen UnfĂ€llen ums Leben, das sind 13 mehr als im Jahr 2023 und markiert damit einen Höchststand.

Im Jahr 2024 wurden bei polizeilichen Kontrollen in 2.720 FĂ€llen das Fahren unter Alkoholeinfluss (2023: 2.644) und in 2.416 FĂ€llen das Fahren unter Drogeneinfluss (2023: 2.123) festgestellt. Die Zahl der sogenannten folgenlosen Drogenfahrten ist damit um mehr als 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „VerkehrsunfĂ€lle mit schweren Personenschaden sind oft vermeidbar. Vor allem dann, wenn Menschen sich verantwortungsbewusst ans Steuer setzen. Doch nach wie vor sind ĂŒberhöhte Geschwindigkeit sowie Alkohol und Drogen am Steuer zentrale Ursachen von schweren UnfĂ€llen. Besonders besorgniserregend ist der Anstieg der Fahrten unter Drogeneinfluss. Raserei und Rausch sind keine Kavaliersdelikte. Sie gefĂ€hrden Leben – und oft nicht nur das eigene. PrĂ€vention und Kontrollen der Landespolizei bleiben daher entscheidend fĂŒr die Verkehrssicherheit.“

Anzahl der getöteten FußgĂ€nger deutlich gesunken: Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen, sind grundsĂ€tzlich schlechter geschĂŒtzt als Autofahrende und somit einem höheren Risiko fĂŒr schwerwiegende Unfallfolgen ausgesetzt. Die Anzahl der VerkehrsunfĂ€lle mit Beteiligung von FußgĂ€ngerinnen und FußgĂ€ngern sowie die der VerunglĂŒckten bewegt sich in etwa auf dem Niveau des Vorjahres 2023. Bei 927 UnfĂ€llen (2023: 917) verletzten sich in Sachsen-Anhalt 659 FußgĂ€ngerinnen und FußgĂ€nger (2023: 683). Erfreulicherweise ist die Anzahl der getöteten FußgĂ€nger erheblich zurĂŒckgegangen. Nachdem im Jahr 2023 ein trauriger Höchststand mit 20 getöteten FußgĂ€ngern verzeichnet wurde, kamen im Jahr 2024 mit sieben deutlich weniger zu Fuß Gehende zu Tode. Knapp 40 Prozent der getöteten FußgĂ€ngerinnen und FußgĂ€nger waren 65 Jahre und Ă€lter. Bei mehr als jedem dritten Unfall waren die FußgĂ€nger auch die Verursacher. Neben dem unachtsamen Betreten der Straße waren auch das bei Rot ĂŒber die Ampel gehen und Ablenkung unfallursĂ€chlich.

AlleinunfĂ€lle bei Fahrradfahrern nehmen zu: Mit 2.711 VerkehrsunfĂ€llen von Fahrradfahrenden bewegt sich die Anzahl der FahrradunfĂ€lle im Jahr 2024 etwa auf dem gleichen Niveau des Vorjahres (2023: 2.682). Insgesamt verunglĂŒckten im vergangenen Jahr 2.030 Fahrradfahrende (2023: 2.009). Die Anzahl der getöteten Radfahrenden ist um zwei auf 13 gestiegen. Knapp die HĂ€lfte der tödlich verunglĂŒckten Fahrradfahrenden ist der Altersgruppe der Senioren ab 65 Jahren zuzuordnen, fast jeder Vierte ist ĂŒber 75 Jahre alt. FĂŒr mehr als die HĂ€lfte der UnfĂ€lle waren die Radfahrerinnen und Radfahrer selbst verantwortlich. Die HĂ€lfte der getöteten Radfahrenden (Fahrrad und Pedelec) trugen nachweislich keinen Helm (2023: 78 Prozent).

AlleinunfĂ€lle von Fahrradfahrern haben in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und tragen mittlerweile einen nicht unwesentlichen Teil zum Radunfallgeschehen bei. Im Jahr 2024 waren etwa ein FĂŒnftel aller FahrradunfĂ€lle ohne Fremdbeteiligung. FĂŒnf Menschen starben bei diesen UnfĂ€llen, vier davon waren 70 Jahre und Ă€lter.

Die zunehmende Anzahl von Pedelecs im Straßenverkehr macht sich auch im Unfallgeschehen bemerkbar. Insgesamt ereigneten sich im Jahr 2024 346 VerkehrsunfĂ€lle mit Pedelec‑Beteiligung (2023: 276). Dabei verunglĂŒckten insgesamt 286 Menschen. Das ist ein Anstieg um mehr als 27 Prozent bzw. 61 FĂ€lle. Wie im Vorjahr 2023 kamen bei diesen UnfĂ€llen drei Menschen auf den Straßen im Land ums Leben – davon zwei Senioren ab 70 Jahren.

Starke Zunahme von LKW-UnfĂ€llen: Aufgrund der GrĂ¶ĂŸe und höheren Masse der GĂŒterkraftfahrzeuge ziehen LKW-UnfĂ€lle meist schwere und schwerste Folgen nach sich. Im Jahr 2024 registrierte die Landespolizei eine erneute Zunahme um insgesamt 19 Prozent auf 11.330 LKW-UnfĂ€lle (2023: 9.513). Dabei stieg auch die Zahl der verunglĂŒckten LKW-Nutzenden um 16 Prozent auf 447 (2023: 386). Drei Viertel aller UnfĂ€lle mit LKW-Beteiligung wurden auch durch diese verursacht. Die Zahl der Schwerverletzen stieg leicht (2024: 69; 2023: 65), die Anzahl der Leichtverletzten erhöhte sich um 59 auf 361 FĂ€lle. Insgesamt starben in Sachsen-Anhalt 41 Menschen nach UnfĂ€llen mit LKW-Beteiligung (2023: 36), davon 17 im LKW, 19 im PKW, drei FußgĂ€nger, ein Fahrradfahrer und ein Pedelec-Nutzer.

Der Anstieg der LKW-UnfĂ€lle ist vor allem auf den enormen Anstieg der UnfĂ€lle von Fahrzeugen zur GĂŒterbeförderung bis 3,5 Tonnen zurĂŒckzufĂŒhren. Diese waren an mehr als der HĂ€lfte (56 Prozent) aller LKW-UnfĂ€lle beteiligt; das stellt eine Steigerung von acht Prozent gegenĂŒber dem Vorjahr 2023 dar. Die GesamtunfĂ€lle in dieser Fahrzeugklasse, welche unter anderem von Logistikdienstleistern, Paketdiensten und Handwerkern genutzt wird, stiegen um 40 Prozent auf 6.341 FĂ€lle an. 12 der 17 tödlich verunglĂŒckten LKW-Nutzer sind dieser LKW-Klasse zuzurechnen.

„Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beteiligt sich die Landespolizei Sachsen-Anhalt regelmĂ€ĂŸig an Kontrollaktionen wie dem europaweiten Speedmarathon oder den Truck & Bus Aktionswochen. Mit gezielten Maßnahmen – etwa gegen Ablenkung durch Smartphones, GeschwindigkeitsverstĂ¶ĂŸe oder technische MĂ€ngel an LKW – macht sie auf Unfallrisiken aufmerksam. Wiederkehrende PrĂ€ventionsaktionen werden ergĂ€nzend zur nachhaltigen Unfallvermeidung eingesetzt.“ ergĂ€nzt Innenministerin Dr. Tamara Zieschang.

Junge Erwachsene und Senioren sind weiterhin besonders betroffen: Wie bereits im Vorjahr 2023 stieg die Unfallzahl bei den jungen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre) ĂŒber die Marke von 10.000 VerkehrsunfĂ€llen. Diese Altersgruppe war im vergangenen Jahr, bezogen auf den Bevölkerungsanteil, erneut ĂŒberdurchschnittlich hĂ€ufig in VerkehrsunfĂ€lle verwickelt. Bei den 10.426 VerkehrsunfĂ€llen (2023: 10.311) haben die jungen Erwachsenen diese in großen Teilen selbst verursacht. 14 junge Erwachsene kamen dabei ums Leben (2023: 10).

Der wachsende Bevölkerungsanteil der ĂŒber 65-JĂ€hrigen spiegelt sich auch in der Anzahl der VerkehrsunfĂ€lle wider. An 16.859 VerkehrsunfĂ€llen waren Menschen dieser Altersgruppe beteiligt. Die Zahl dieser UnfĂ€lle stieg damit um fĂŒnf Prozent bzw. 804 FĂ€lle im Vergleich zum Vorjahr 2023. Die Zahl derjenigen, die im Straßenverkehr starben, stieg von 41 auf 43 Menschen. Damit stellen die Seniorinnen und Senioren mehr als ein Drittel aller im Straßenverkehr Getöteten dar. In knapp drei Viertel aller FĂ€lle ist diese Altersgruppe auch selbst Verursacher des Unfalls.

Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium fĂŒr Kultur am 29. April 2025