Schonungsloser Blick auf eine Jugend in Brandenburg nach der Wende
Magdeburg. Wie in einem Roadmovie erzählt der 1979 geborene Autor Daniel Schulz in seinem autobiografischen Roman „Wie waren wie Brüder“ ungeschminkt von einer Jugend im Brandenburg nach 1989 – von der Verunsicherung der Erwachsenen und allgegenwärtiger Neonazi-Gewalt. Am Donnerstag, 14. April, stellt der preisgekrönte Journalist sein viel beachtetes aufsehenerregendes Buch um 19.30 Uhr in der Zentralbibliothek im Breiten Weg öffentlich vor.
„Wir waren wie Brüder“ ist eine drastische Heraufbeschwörung der unmittelbaren Nachwendezeit und reicht bis in die „Nullerjahre“. Der Ich-Erzähler ist zehn, als in der DDR die Revolution ausbricht. Statt sich wie viele andere über die neuen Freiheiten zu freuen, hat er Angst: vor den vermeintlichen Imperialisten und Faschisten, vor denen seine Lehrerinnen ihn gewarnt haben. Die Hauptperson wird zum Außenseiter, der die Kälte in den sozialen Beziehungen hautnah spürt. Wenige Jahre später wird der Heranwachsende wegen seiner langen Haare von Neonazis verfolgt. Gleichzeitig trifft er sich mit „Faschogangs“, weil er sich bei ihnen in seiner jugendlichen Orientierungslosigkeit sicher fühlt. Dann taucht Mariam auf, deren Familie aus Georgien kommt und die vor gar nichts Angst hat.
Daniel Schulz` temporeiche unverstellte Rückschau kommt ohne Nostalgie aus, zumeist in knapper Sprache und mit atmosphärisch genauer Beobachtung. Nicht von ungefähr klingt schon im Titel des Romans ein bekannter Song aus dieser Zeit an. „Wir waren wie Brüder“ ist zugleich ein gegenwärtiger Roman über die oft banalen Ursprünge von Rassismus und rechter Gewalt.
Daniel Schulz wuchs in einem brandenburgischen Dorf auf und studierte Politikwissenschaft und Journalistik in Leipzig. 2019 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis und leitet heute das Ressort „Reportage“ bei der Tageszeitung „taz“.
Alle interessierten Gäste sind herzlich zur Lesung von Daniel Schulz aus seinem Buch „Wir waren wie Brüder“ am 14. April um 19.30 Uhr in der Zentralbibliothek der Stadtbibliothek, Breiter Weg 109 willkommen, die der Verein „Miteinander“ initiiert hat. Es moderiert der Rechtsextremismusexperte David Begrich. Der Eintritt ist frei.