Lauterbach bedauert Rückzug von Drosten aus Sachverständigen-Gremium

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Nach dem Rückzug des Virologen Christian Drosten aus der Kommission, die die Corona-Maßnahmen während der Pandemie unabhängig bewerten soll, hat sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach enttäuscht gezeigt. „Wenn jemand wie Herr Drosten diese Arbeit nicht mehr macht, ist das ein großer Verlust. Niemand hätte das besser gekonnt als Drosten selbst. Ihn zu ersetzen, wird nicht leicht sein“, sagte der SPD-Politiker im Fernsehsender phoenix. Einige Medien hätten Drosten unterstellt, er habe die Bewertung der Maßnahmen nicht gewollt, um nicht über Maßnahmen urteilen zu müssen, an denen er selbst beteiligt gewesen sei. „Das war falsch und bösartig“, kritisierte Lauterbach die Berichterstattung. Die Bewertung „wird es aber auf jeden Fall geben und wir müssen schauen, wie schnell wir das jetzt können“, so der Gesundheitsminister weiter.

Lauterbach warnte davor, zu glauben, dass man die Pandemie gedanklich bereits hinter sich lassen könne. „Die Stimmung ist gefühlt sehr gut, aber die Lage ist nicht ganz so gut, weil sehr viele Menschen schwer erkranken und versterben“, so der Minister. Immer noch müsse man um die 200 Tote pro Tag aufgrund des Virus beklagen. Corona verursache mehr Todesfälle als allgemein angenommen. „Es sind in Deutschland mehr Menschen gestorben, als wir offiziell ausgewiesen haben.“ Dies erkläre sich dadurch, dass nach einer vorübergehenden Gesundung die Konstitution etlicher Erkrankter schweren Schaden nehme und die Menschen mit Zeitverzug verstorben seien.

„Auch die Impfungen wirken nicht so perfekt, wie wir uns das gewünscht hätten.“ Drei bis vier Monate nach der Boosterimpfung sinke der Schutz vor krankenhausbedürftiger Behandlung deutlich, meinte Lauterbach. Deshalb rate er auch, anders als die Ständige Impfkommission, zu einem stärkeren Impfschutz für alle Bürger über 60 Jahre. „Ich glaube, dass wir bei der vierten Impfung großzügiger empfehlen müssen, denn bei denjenigen, die über 60 sind, kann die vierte Impfung lebensrettend sein, wenn wir so hohe Fallzahlen noch haben“. In einigen Monaten werde man mit ansteigenden Fallzahlen zu rechnen haben. „Wir müssen im Herbst mit mehr Problemen rechnen und vielleicht nochmal an das Infektionsschutzgesetz heran. Vielleicht brauchen wir auch noch einmal eine Maskenpflicht“, meinte Lauterbach.

Aufgrund der Kostensteigerungen im Gesundheitswesen müsse man sich im Herbst auf höhere Beitragssätze einstellen. Man werde Effizienzreserven heben und an die Reserven der Krankenkassen herangehen. „Der Steuerzuschuss wird steigen und es wird eine Erhöhung des Beitragssatzes geben“, meinte Lauterbach, der betonte, dass sich die Bürger keine Sorgen machen müssten. „Ohne Leistungskürzungen werden wir das in den Griff bekommen.“

Lauterbach äußerte sich im Übrigen auch zu der innerhalb der SPD diskutierten Frage, ob der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder aufgrund seiner engen beruflichen Beziehungen zu russischen Energieunternehmen noch in der Partei verbleiben könne. „Er sollte ausgeschlossen werden“, sagte der Gesundheitsminister.

Foto (c) Karl Lauterbach