- Nachfolgermangel, Rentenalter und mangelnde wirtschaftliche AttraktivitÀt entscheidende Faktoren
- Immer weniger Interesse von Familienangehörigen zur GeschĂ€ftsĂŒbernahme
- Fast durchweg Kleinstunternehmen mit weniger als 5 BeschÀftigten betroffen
- Weiteren 199.000 Unternehmen droht die unfreiwillige Stilllegung
Rund 266.000 mittelstĂ€ndische Unternehmerinnen und Unternehmer planen, ihre Unternehmen bis zum Ende des Jahres 2025 stillzulegen, anstatt den Weg einer Nachfolge zu beschreiten. Dies entspricht etwa 7 % des Mittelstands. Dabei handelt es sich fast durchweg (97 %) um Kleinstunternehmen mit weniger als fĂŒnf BeschĂ€ftigten. Laut dem jĂŒngsten KfW-Nachfolge-Monitoring Mittelstand wĂŒnschen sich weitere rund 199.000 Unternehmerinnen und Unternehmer eine Nachfolgelösung, mĂŒssen aber aufgrund unzureichender Planung vermutlich mit einem Scheitern rechnen. Damit ist insgesamt von ca. 465.000 Unternehmen im Mittelstand auszugehen, die teils geplant, teils ungeplant bis Ende des Jahres 2025 ihre GeschĂ€ftstĂ€tigkeiten einstellen werden. Die Anzahl der Stilllegungen ĂŒbersteigt damit die Anzahl der wahrscheinlich umgesetzten Nachfolgelösungen von etwa 400.000 im gleichen Zeitraum.
Erstmalig konnten im Rahmen des KfW-Nachfolge-Monitorings auch die GrĂŒnde fĂŒr geplante Stilllegungen im Mittelstand nĂ€her beleuchtet werden. Danach sind das fehlende Interesse von Familienangehörigen an einer Ăbernahme sowie das nahende Rentenalter der Inhabenden bei rund der HĂ€lfte aller geplanten Stilllegungen ausschlaggebende Faktoren. In der Untersuchung berichten Inhaberinnen und Inhaber immer hĂ€ufiger von der Schwierigkeit, die Nachfolge innerhalb der Familie zu organisieren. Die generell sinkende Anzahl an Kindern pro Familie sowie sich wandelnde Berufswege dĂŒrften hierfĂŒr wichtige GrĂŒnde sein.
Wenig ĂŒberraschend rangiert auch der Faktor Rentenalter weit oben in der Rangliste der Hauptursachen von Stilllegungen im Mittelstand. Die Zahl der Unternehmen mit Ă€lteren Inhabenden steigt seit geraumer Zeit kontinuierlich. GegenwĂ€rtig sind 28 % der Unternehmerschaft 60 Jahre oder Ă€lter (was einer Anzahl von deutlich ĂŒber einer Million entspricht), vor 20 Jahren waren es lediglich 12 %. Die u. a. durch die Corona-Pandemie erschwerte GeschĂ€ftssituation verhindert hĂ€ufig eine Ăbergabe. Rund 28 % aller Inhabenden fĂŒhren diesen Grund ins Feld.
Dabei zeigt sich, dass die wirtschaftliche AttraktivitĂ€t der vor einer Stilllegung stehenden Unternehmen in aller Regel unterdurchschnittlich ist: Jahresumsatz und Jahresgewinn liegen bei den KMU mit Stilllegungsabsicht fĂŒnf bis sechsmal niedriger gegenĂŒber Nachfolgeplanern. Die Umsatzrendite liegt niedriger, KMU mit Stilllegungsabsicht verzeichnen rund dreimal hĂ€ufiger Verluste, und ihre durchschnittliche Eigenkapitalquote liegt mehr als zehn Prozentpunkte (19 %) unter dem Gesamtdurchschnitt (30 %). In der Folge verhindert die gegenwĂ€rtige GeschĂ€ftssituation hĂ€ufig einen Verkauf und fĂŒhrt zur Stilllegung.
Die Chefvolkswirtin der KfW, Dr. Fritzi Köhler-Geib (Foto), sagt: âJedes Jahr werden rund 120.000 Unternehmen an die nĂ€chste Generation ĂŒbergeben â und das ist elementar fĂŒr die ProduktivitĂ€t der Volkswirtschaft. Doch jeder geglĂŒckten Nachfolge stehen auch GeschĂ€ftsaufgaben gegenĂŒber. Dass aber auch die Aufgabe von Unternehmen zur natĂŒrlichen Erneuerung einer Wirtschaft zĂ€hlt, gerĂ€t hĂ€ufig aus dem Blick. Im Mittelstand kommen ein schwindendes Interesse in den Familien an einer Ăbernahme, die demografische Entwicklung und â auch das gehört zur Wahrheit â eine oftmals geringe wirtschaftliche AttraktivitĂ€t zum Tragen. Viele Inhaberinnen und Inhaber entscheiden sich dann bewusst fĂŒr eine GeschĂ€ftsaufgabe. Ein echter Verlust fĂŒr die Wirtschaft sind GeschĂ€ftsaufgaben von erfolgreichen Unternehmen, die ihren Nachfolgewunsch trotz wirtschaftlicher AttraktivitĂ€t mangels geeigneter Kandidaten aufgeben. Davon wird es angesichts der demografischen Entwicklung immer mehr geben. Welche Folgen ein etwaiges Wiederaufflammen der Corona-Krise oder die Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine haben wird, ist derzeit noch mit hoher Unsicherheit behaftet.“
Text/Foto KfW