Berlin – „Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ist kein durchdachtes, schlüssiges Konzept. Es ist ein reines Spargesetz – mehr nicht.“ So kritisiert Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt (Foto) die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Stabilisierung der Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung.
In Anbetracht der enormen Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müsse sich der Staat darauf konzentrieren, systemrelevante Strukturen zu erhalten und zu stärken, zu denen das Gesundheitswesen ohne jeden Zweifel gehöre. „Wer hier sinnvolle Strukturen kassieren will, lässt uns alle einen sehr hohen Preis zahlen. Deshalb appelliere ich an die verantwortlichen Politiker: Ersparen Sie uns sinnlose Rotstiftpolitik. Wenn Sie schon sparen, dann bitte nicht an kreativen Gedanken und sinnvollen Konzepten“, forderte Reinhardt.
Kritisch sieht Reinhardt insbesondere die in dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehene Streichung der extrabudgetären Vergütung für Neupatienten in den Arztpraxen. „Es ist ja nicht nur so, dass durch den geplanten Wegfall der Neupatienten-Regelung rund 400 Millionen Euro in der Versorgung fehlen, es kommen ja zugleich noch ganz erhebliche Mehrkosten durch die steigenden Energiepreise und die galoppierende Inflation auf die Praxen zu. In Anbetracht dieser Belastungen reicht es nicht aus, nur den Krankenhäusern einen Finanzausgleich zu zahlen. Auch die Arztpraxen müssen unterstützt werden. Letztlich sind 650 Millionen Behandlungsfälle in der ambulanten Versorgung betroffen“, sagte er.
Der heutige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte es im Jahr 2019 im Deutschen Bundestag noch als „richtig“ bezeichnet, die „massiv unterbezahlte“ Leistung für neue Patienten angemessen zu bezahlen. Viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben daraufhin ihren Praxisbetrieb umorganisiert, Sprechstundenzeiten verlängert und neues Personal eingestellt. „Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz will Herr Lauterbach diese Regelung nun wieder kassieren – das betrachten wir als unredlich. Es hat zu keinem Zeitpunkt – und erst recht nicht in der Pandemie – Zweifel an der Verlässlichkeit des ärztlichen Einsatzes gegeben. Dafür jetzt Honorarkürzungen hinnehmen zu sollen, empfindet die Ärzteschaft zurecht als Affront“, so Reinhardt.
Statt willkürlicher Sparmaßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der Kassenfinanzen seien nachhaltige, strukturelle Reformen bei der Krankenkassenfinanzierung notwendig. Denkbar sei eine dauerhafte Anhebung und Dynamisierung des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds zum Ausgleich der versicherungsfremden Leistungen. Darüber hinaus könne man Teile der Einnahmen aus der Alkohol- und Tabaksteuer als zweckgebundene Abgabe zur Stabilisierung der Einnahmenbasis der Gesetzlichen Krankenversicherung verwenden. Als weitere Maßnahme schlug Reinhardt vor, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 Prozent auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent zu senken, mit dem auch Grundnahrungsmittel besteuert werden.
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