MilitÀrhistoriker warnt vor atomarer Macht Russlands im Ukraine-Krieg

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Bastian M. Scianna von der UniversitĂ€t Potsdam: „Einsatz taktischer Kernwaffen nie als unrealistisch abtun“ – Putin „politisch in der Defensive“

OsnabrĂŒck (ots). Der MilitĂ€rhistoriker Bastian Matteo Scianna von der UniversitĂ€t Potsdam warnt davor, die russische Androhung atomarer MilitĂ€rschlĂ€ge im Ukraine-Krieg zu unterschĂ€tzen. Zwar zeige die Teilmobilmachung, „dass PrĂ€sident Putin zunĂ€chst konventionelle Mittel einsetzen möchte, um die militĂ€rische Situation zu seinen Gunsten zu verbessern und seine völkerrechtswidrigen Eroberungen politisch abzusichern“, sagte Scianni der „Neuen OsnabrĂŒcker Zeitung“ (NOZ): „Dennoch sollte man bei einem operativen Vorstoß der Ukraine einen russischen Einsatz taktischer Kernwaffen nie als komplett unrealistisch abtun, zumal es Teil der russischen Nukleardoktrin ist, eigenes Gebiet immer auch mit Kernwaffen zu verteidigen.“ Die aktuell getroffenen Maßnahmen zeigten, dass Putin „nicht nur tatenlos zuschauen wird“, wenn die durch die „kriminellen RaubzĂŒge“ erzielten territorialen Hinzugewinne bedroht seien.

Mit den Schein-Referenden in den russisch besetzten Gebieten wolle Moskau das „Narrativ stĂ€rken, der Westen bedrohe russische Gebiete, und man beschĂŒtze die lokale Bevölkerung und sichere die territoriale IntegritĂ€t“ des Landes, sagte Scianni der NOZ: „Eine weitere Offensive der Ukrainer wĂŒrde somit ‚russisches Territorium‘ treffen, was etwaige Gegenmaßnahmen fĂŒr Putin einfacher und populĂ€rer machen soll“. Der russische PrĂ€sident sei auch „politisch in der Defensive“.

Offen ist nach Ansicht des MilitĂ€rhistorikers, welchen Wert die Teilmobilisierung tatsĂ€chlich fĂŒr den weiteren Kriegsverlauf hat. Scianni sagte der NOZ: „Mit der Heranziehung weiterer Reserven werden vermutlich zunĂ€chst die vielfach ausgezehrten VerbĂ€nde an der Kontaktlinie aufgefĂŒllt oder ersetzt, um diesen eine Pause zuzugestehen. Es ist aber fragwĂŒrdig, welchen militĂ€rischen Wert die Reservisten haben: Können sie entsprechend ausgerĂŒstet und versorgt werden, und mit wie viel Begeisterung werden sie ihrer Aufgabe entgegensehen?“ Die westlichen Alliierten sollten angesichts der jĂŒngsten Entwicklung „nicht in Panik verfallen“. Sie zeige, „dass man durch militĂ€rische Erfolge, die auch auf westlichen Waffenlieferungen beruhen, Putin in politische Schwierigkeiten bringen kann“.

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