Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts fĂŒr Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) liegt auch im September deutlich im negativen Bereich: Mit 79,8 Punkten verharrt es unter der 100-Punkte-Schwelle, die fĂŒr ein durchschnittliches Wachstum der deutschen Wirtschaft steht. Damit hat sich der Barometerwert gegenĂŒber August kaum verĂ€ndert (plus gut einen Punkt) â somit stehen alle Zeichen auf Rezession. Die Energiekrise, hohe Inflationsraten sowie die sich abkĂŒhlende Weltwirtschaft verursachen heftigen Gegenwind. âDeutschland steckt in der Rezession und leider ist momentan kein Licht am Ende des Tunnels zu sehenâ, sagt DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi. âDer vom russischen PrĂ€sidenten angezettelte Krieg in der Ukraine und seine weitreichenden Folgen dĂŒrften 2022 und 2023 zu Wachstumsverlusten in Deutschland von grob geschĂ€tzt fĂŒnf Prozent des Bruttoinlandsprodukts fĂŒhren.â
Die enormen Steigerungen bei den Energiepreisen fĂŒhren zu dramatischen Kaufkraftverlusten und drohen in vielen Unternehmen die Produktion unrentabel zu machen. DarĂŒber hinaus fĂŒhrt der Krieg in der Ukraine in den meisten entwickelten Volkswirtschaften nicht nur zu einer Energiekrise und hohen Inflationsraten, sondern auch zu deutlich geringeren Wachstumsraten oder gar Rezessionen. Die chinesische Wirtschaft wird zudem durch Corona-Lockdowns und die schwelende Immobilienkrise ausgebremst. All dies belastet die exportorientierte deutsche Wirtschaft zusĂ€tzlich.
Im Zuge dieser Entwicklung sind die AuftragseingĂ€nge fĂŒr die deutsche Industrie aus dem In- und Ausland rĂŒcklĂ€ufig. Immerhin scheinen sich die bislang hartnĂ€ckig haltenden EngpĂ€sse in den internationalen Lieferketten allmĂ€hlich zu entspannen, sodass der immer noch hohe Auftragsbestand effizienter abgearbeitet werden kann. Die Energiekrise entwickelt sich allerdings auch fĂŒr die deutsche Industrie zum Hauptproblem. âPreissteigerungen fĂŒr Energie auf der einen und Unsicherheit auf der anderen Seite dĂ€mpfen die realen UmsĂ€tze und die GeschĂ€ftserwartungen,â sagt Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. âFĂŒr einige Firmen könnte sich bald die Frage stellen, ob es sich aktuell ĂŒberhaupt noch lohnt, die Produktion aufrechtzuerhalten.â
Auch die Dienstleistungen befinden sich nach einem Zwischenhoch im FrĂŒhjahr nun im Abschwung. Die hohe Inflation dĂ€mpft die Kauflust der Haushalte, was sich immer mehr auf die UmsĂ€tze etwa im Einzelhandel oder im Gastgewerbe auswirkt. Wenigstens brauchen sich die meisten Menschen angesichts des FachkrĂ€ftemangels momentan zumindest keine Sorgen um einen Arbeitsplatzverlust zu machen. Die hohe Teuerung fĂŒhrt aber dazu, dass viele BeschĂ€ftigte inflationsbereinigt mit LohneinbuĂen konfrontiert sind. Gerade Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen drohen so in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. âViele Menschen und Unternehmen blicken trotz der bisher beschlossenen Entlastungspakete der Bundesregierung mit groĂen Sorgen in die Zukunft. Diese berechtigten Ăngste bremsen die Konsum- und Investitionsneigung zusĂ€tzlich und drohen die Rezession noch weiter zu verschĂ€rfenâ, sagt Baldi.
Text/Foto: DIW