Magdeburg. Mit einem neuen Ansatz, in dem Gesichtsfelddefekte innerhalb einer Minute prÀzise erkannt werden können, wollen Wissenschaftler:innen der UniversitÀtsmedizin Magdeburg Diagnostik und Behandlung von Glaukom-Patient:innen deutlich verbessern.
Ăber 800.000 Menschen in Deutschland haben die Diagnose Glaukom und es wird geschĂ€tzt, dass nochmal so viele unerkannt von Glaukom betroffen sind. Diese Erkrankung ist eine der hĂ€ufigsten Ursachen fĂŒr Erblindung. Um nachhaltige SchĂ€den des Sehnervs zu verhindern, ist die FrĂŒherkennung wesentlich. Wie kann die Diagnostik im Bereich der Gesichtsfeldmessung weiter verbessert werden? Das war die zentrale Forschungsfrage, der sich Forschungsgruppenleiter Prof. Dr. Michael Hoffmann von der UniversitĂ€tsaugenklinik Magdeburg und sein Team gestellt haben. In einer Wirksamkeitsstudie ĂŒberprĂŒfte sein Team von Wissenschaftler:innen die von Prof. Dr. Friedrich Hoffmann (CharitĂ©- UniversitĂ€tsmedizin Berlin) und Fabian MĂŒller (Industriepartner H & M Medical Solutions GmbH) als neue Screening-Methode entwickelte schnelle Kampimetrie, mit der Gesichtsfelddefekte bei Glaukom in weniger als einer Minute festgestellt werden können. Gemeinsam wurde an der Methode gearbeitet und die Ergebnisse wurden im April 2022 im Journal of Clinical Medicine veröffentlicht.
Das Gesichtsfeld beschreibt den Bereich, den ein Mensch visuell wahrnehmen kann, ohne Augen und Kopf zu bewegen. Mit einer Gesichtsfeldmessung werden die Bereiche identifiziert, in denen nicht so gut gesehen wird. Daran lĂ€sst sich erkennen, welcher Teil der Netzhaut oder des Sehnervs erkrankt sein könnte. In der Diagnostik kommt dafĂŒr bisher unter anderem die standardmĂ€Ăige automatische Perimetrie als gĂ€ngiger subjektiver Standard-Gesichtsfeldtest zum Einsatz. Der Nachteil dieser Methode: âSie testet das Gesichtsfeld nur sehr stichpunktartig mit schwach sichtbaren Reizen, was ermĂŒdend auf die Patienten wirkt. Dies beeintrĂ€chtigt ZuverlĂ€ssigkeit und Aussagekraft des Testverfahrens“, erklĂ€rt Prof. Dr. Michael Hoffmann. Er leitet in Magdeburg die Sektion fĂŒr klinische und experimentelle Sinnesphysiologie. Diesen Problemen könnte durch die Verwendung schneller bewegter Testmarken, die das Gesichtsfeld systematisch abfahren, begegnet werden. âBei der von uns angewandten schnellen Kampimetrie werden schnelle Bewegungen und hoher Kontrast in die Untersuchung des zentralen Gesichtsfeldes integriert, um Defekte leichter zu erkennen.“ Das zentrale Gesichtsfeld der Proband:innen wurde getestet, indem eine bewegliche Testmarke gezeigt wurde, die in weniger als einer Minute die visuellen Bereiche systematisch durchquerte. Die Studiendaten zeigten, dass mit dieser Methode Gesichtsfelddefekte aufgespĂŒrt werden konnten, die mit der herkömmlichen Perimetrie nicht erfasst wurden.
Mit dem erfolgreichen Abschluss der Wirksamkeitsstudie soll die Methode nun systematisch in einer gröĂeren Kohorte wissenschaftlich ĂŒberprĂŒft werden, um als konkrete Anwendung möglichst schnell aus dem Labor zu den Patient:innen zu gelangen. Langfristig denkbar wĂ€re laut Prof. Dr. Michael Hoffmann auch ein breiterer Einsatz in der Patientenversorgung: âDie Methode eignet sich auch fĂŒr die Diagnostik als telemedizinisches Verfahren ĂŒberall auf der Welt, beispielsweise auch in lĂ€ndlichen Gebieten.“
Foto: Die Gesichtsfeldmessung erfasst die Bereiche, in denen nicht so gut gesehen wird. Die neue Screeningmethode der schnellen Kampimetrie kann Gesichtsfelddefekte in weniger als einer Minute feststellen. (c) Fotograf: Andres Peinelt/UMMD
VERANSTALTUNGSTIPP: Die 21. Woche des Sehens (8.-15.10.) macht mit einer besonderen Aktion in diesem Jahr auch am Magdeburger Dom Station. Von 10 bis 14 Uhr informieren dort unter anderem auch Expert:innen der Magdeburger UniversitÀtsaugenklinik zur Augengesundheit.