Deutschland befindet sich in der vierten Corona-Welle seit Ausbruch der Pandemie und kämpft mit Rekordinfektionszahlen. In dieser Lage sprechen sich die meisten Deutschen für einen härteren Kurs in der Corona-Politik aus. Das hat eine repräsentative Umfrage von infratest dimap unter 1.316 Wahlberechtigten für den ARD-DeutschlandTrend von Montag bis Mittwoch dieser Woche ergeben. Sechs von zehn Wahlberechtigten (60 Prozent) gehen die bestehenden Corona-Maßnahmen in der Bundesrepublik nicht weit genug – so viele wie noch nie seit Ausbruch der Pandemie. Nur jeder Fünfte (20 Prozent) bezeichnet die geltenden Corona-Regularien aktuell als weiterhin angemessen, während sie für jeden Sechsten (17 Prozent) zu weit gehen.
Acht von zehn Befragten (79 Prozent) bewerten das derzeitige Corona-Krisenmanagement von Bund und Ländern kritisch, nur etwa jeder Sechste (18 Prozent) äußert sich zufrieden. Die Verantwortung für die aktuellen Probleme bei der Eindämmung der Pandemie sehen die Kritiker:innen des Krisenmanagements nicht in erster Linie bei den Ländern (29 Prozent), sondern beim Bund. Dort wiederum wird vor der Übergabe der Regierungsgeschäfte vor allem die noch im Amt befindliche Bundesregierung aus Union und SPD für die aufgelaufenen Schwierigkeiten in der vierten Pandemie-Welle verantwortlich gemacht (49 Prozent), weniger dagegen das in den Startlöchern stehende Bündnis von SPD, Grünen und FDP (10 Prozent).
Die Sorge, sich selbst mit dem Corona-Virus anzustecken, ist binnen eines Monats gestiegen und bewegt derzeit jeden Dritten (33 Prozent; +9). Größere Sorgen als die eigene Infektion bereiten den Deutschen weiterhin mögliche Ansteckungen bei bislang ungeimpften Kindern (57 Prozent; +/-0), mehr noch aber schwere Krankheitsverläufe bei älteren Infizierten (73 Prozent; +11). Zwei Drittel (64 Prozent; +28 zu Dezember 2020) und damit erkennbar mehr als während der zweiten Infektions-Welle Ende letzten Jahres fürchten Engpässe in der medizinischen Versorgung von Corona-Erkrankten. Sechs von zehn Bundesbürgern (60 Prozent) treibt derzeit die Sorge vor neuen Varianten des Virus, wie der Omikron-Variante um.
Die Furcht vor sich erneut ausdünnenden sozialen Kontakten bewegt ähnlich wie zu Jahresbeginn etwa die Hälfte der Deutschen (47 Prozent; +3 zu Februar), darunter überdurchschnittlich viele jüngere Bundesbürger:innen. Wirtschaftliche Sorgen benennen im Zusammenhang mit Corona drei von zehn (31 Prozent; +7), sie sind damit verbreiteter als im Dezember 2020.
Aktuell werden verschiedene Maßnahmen in der Politik diskutiert, allen voran eine Impfpflicht, über die Bund und Länder zeitnah entscheiden wollen. Für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht für Erwachsene sprechen sich aktuell 71 Prozent aus (+14 im Vgl. zu November). Zuspruch findet eine allgemeine Impfpflicht in den Reihen aller Parteianhängerschaften mit Ausnahme der AfD.
Neben einer Corona-Impfpflicht befürworten derzeit jeweils deutliche Mehrheiten den erneuten Ausschluss des Publikums bei Bundesliga-Spielen (81 Prozent), eine strengere Beschränkung von Kontakten (67 Prozent) sowie das Schließen von Bars, Kneipen (64 Prozent; -7 im Vgl. zu November 2020) wie auch von Weihnachtsmärkten (57 Prozent; -7 im Vgl. zu September 2020).
Während ein Lockdown von Kultureinrichtungen umstritten ist (50:45 Prozent), fände ein Verbot touristischer Übernachtungen in der Bevölkerung keine Unterstützung (38:56 Prozent), ebenso Schließungen in der Gastronomie (31:65 Prozent) oder im stationären Einzelhandel (27:69 Prozent). Jeweils eine klare Mehrheit lehnt erneute Einschränkungen bei Schulen (23:73 Prozent) und Kitas (19:75 Prozent) ab. Insbesondere die Haltung der Deutschen zu Lockdowns im Handel, an Schulen und in der Kinderbetreuung hat sich binnen eines Jahres komplett gewandelt. Anders als aktuell wurden entsprechende Einschränkungen Ende 2020 noch überwiegend begrüßt.