Die gestiegenen Gas- und Ălpreise saugen aus der deutschen Volkswirtschaft Milliarden Euro heraus. FĂŒr das laufende Jahr schĂ€tzt das ifo Institut die Realeinkommensverluste auf etwa 64 Milliarden Euro, das sind 1,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Schon im vergangenen Jahr waren es bereits gut 35 Milliarden Euro oder 1,0 Prozent. âIm nĂ€chsten Jahr kommen voraussichtlich noch einmal gut 9 Milliarden Euro oder 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung hinzuâ, sagt Timo WollmershĂ€user, Leiter der ifo Konjunkturprognosen.
âZusammen betrĂ€gt der Realeinkommensverlust knapp 110 Milliarden Euro oder 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Jahres. Nur wĂ€hrend der zweiten Ălpreiskrise in den Jahren von 1979 bis 1981 fiel er mit 4 Prozent der Wirtschaftsleistung noch höher aus. Die erste Ălpreiskrise 1973/74 beziffern wir auf minus 1,5 Prozentâ, fĂŒgt WollmershĂ€user hinzu. Die gesamtwirtschaftlichen Kaufkraftverluste der Jahre von 1979 bis 1981 konnten erst im Jahr 1986 wieder ausgeglichen werden, als ein krĂ€ftiger Verfall der Ălpreise einsetzte und gleichzeitig die D-Mark spĂŒrbar gegenĂŒber dem US-Dollar aufwertete. âDer derzeitige RealeinkommensrĂŒckgang dĂŒrfte auch in den kommenden Jahren bestehen bleiben. Zum einen werden die Energiepreise mit dem Wegfall Russlands als Lieferant wohl dauerhaft hoch bleiben. Zum anderen wird sich an der AbhĂ€ngigkeit Deutschlands von importierter Energie so schnell nichts Ă€ndernâ, so WollmershĂ€user.
Die Bezifferung der Realeinkommensverluste an das Ausland ist wichtig bei allen Verteilungsdiskussionen. Sie stellen den Teil der in Deutschland erbrachten Wirtschaftsleistung dar, der zur Begleichung der Importrechnung ans Ausland abgegeben werden muss und eben nicht im Inland verteilt werden kann. âSo muss bei Lohnverhandlungen berĂŒcksichtigt werden, dass die hohen Preise fĂŒr in Deutschland produzierte Waren und Dienstleistungen nicht Folge eines Booms sind, der die Gewinne der Unternehmen sprudeln lĂ€sst. Sie spiegeln vor allem die hohen Kosten wider, die fĂŒr importierte Energie und Vorprodukte bezahlt werden mĂŒssen.
Das zwischen ArbeitnehmerInnen und UnternehmerInnen zu verteilende Einkommen muss also um die Realeinkommensverluste korrigiert werdenâ, sagt WollmershĂ€user weiter. âStaatliche UnterstĂŒtzungsmaĂnahmen können die Höhe des Realeinkommensverlustes nicht verĂ€ndern. Sie können lediglich Einfluss nehmen auf den Anteil, den einzelne Bevölkerungsgruppen zu tragen haben. Und sie können die Verluste ĂŒber die Zeit hinweg auf zukĂŒnftige Generationen verschieben, wenn die MaĂnahmen etwa durch Schulden oder weniger Investitionen finanziert werden.â
Text/Foto: ifo Institut