Um die Gasversorgung in Deutschland zu sichern, überführt die Bundesregierung das angeschlagene Gasunternehmen Securing Energy for Europe GmbH (SEFE) ins Eigentum des Bundes. Dafür hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) heute Kapitalmaßnahmen nach dem Energiesicherungsgesetz angeordnet.
Grund ist die handelsbilanzielle Überschuldung der SEFE und die dadurch drohende Insolvenz, die die Versorgungssicherheit in Deutschland gefährden würde. Um diese Gefahr abzuwenden und die operative Geschäftstätigkeit der SEFE aufrecht zu erhalten, wird nun der Eigentümerwechsel vollzogen und das Unternehmen stabilisiert. Die entsprechende Anordnung wurde heute im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Die SEFE ist ein Schlüsselunternehmen für die Energieversorgung in Deutschland. Sie firmierte vormals als Gazprom Germania GmbH (GPG) und gehörte zum russischen Staatskonzern Gazprom. Nach einem undurchsichtigen Verkauf der GPG an eine andere russische Gesellschaft und deren Versuch, die GPG zu liquidieren, steht die GPG/SEFE seit April unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Die Eigentümerverhältnisse sind aber nach wie vor unklar.
Die SEFE ist seit dem Frühjahr durch das Agieren Russlands, insbesondere durch russische Sanktionen gegen die GPG/SEFE und nahezu alle Töchter, in eine schwere finanzielle Schieflage geraten. Erschwerend kommt hinzu, dass Geschäftspartner und Banken aufgrund der unklaren Eigentümerverhältnisse ihre Geschäftsbeziehungen mit der SEFE beenden oder keine neuen aufnehmen wollen. Das gefährdet die Fortführung der operativen Geschäftstätigkeit der SEFE und damit die Gasversorgung. Zur Stabilisierung hatte die SEFE bereits Milliarden-Darlehen des Bundes erhalten. Inzwischen hat sie beim BMWK eine weitere umfassende Stabilisierungsmaßnahme nach dem Energiesicherungsgesetz beantragt.
Aufgrund der Systemrelevanz der SEFE für Energieversorgung in Deutschland schafft die Bundesregierung nun über Kapitalmaßnahmen Klarheit bei den Eigentumsverhältnissen, stabilisiert das Unternehmen und sichert so die Gasversorgung. Dazu hat das BMWK mehrere miteinander verbundene Schritte vollzogen.
Kapitalschnitt
Mit Hilfe eines heute angeordneten Kapitalschnitts werden die Verluste und das dadurch negative Eigenkapital der SEFE mit den Gewinn- und Kapitalrücklagen verrechnet sowie das Stammkapital auf null herabgesetzt. Mit diesem Schritt verliert der bisherige Gesellschafter des Unternehmens seine Gesellschafterstellung.
Der Kapitalschnitt ist mit einer Entschädigung verbunden. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich am Marktwert der SEFE-Anteile. Das Entschädigungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Gleichzeitig führt der Bund per Anordnung eine Kapitalerhöhung bei der SEFE durch. Dafür wurde die Securing Energy for Europe Holding GmbH (SEEHG) gegründet, diese steht im alleinigen Eigentum des Bundes. Sie bringt im Rahmen des Kapitalschnitts schrittweise frisches Stammkapital in die SEFE ein, insgesamt 225,595 Mio. Euro, und übernimmt diese damit als alleinige neue Gesellschafterin. Damit ist der Eigentümerwechsel vollzogen.
Die Bereitstellung des neuen Stammkapitals wurde bereits von der EU-Kommission beihilferechtlich genehmigt.
Darlehen
Um die Liquidität des Unternehmens zu sichern, hatte der Bund im Frühjahr schon Stabilisierungsmaßnahmen zugunsten der SEFE getroffen, indem dem Unternehmen schrittweise ein KfW-Darlehen von insgesamt 11,8 Mrd. EUR gewährt wurde. Das KfW-Darlehen wird jetzt nochmals auf 13,8 Mrd. EUR erhöht, um den Wegfall der Gasumlage zu kompensieren.
Neues Eigenkapital
Zudem plant der Bund bis Jahresende das Eigenkapital der SEFE weiter durch einen Debt-Equity-Swap zu stärken. Dabei sollen wesentliche Teile des 13,8 Mrd. Euro KfW-Darlehens durch Einlage in die Kapitalrücklage der SEFE in Eigenkapital gewandelt werden. Der restliche Teil des KfW-Darlehens soll der SEFE weiterhin als Fremdkapital zur Verfügung stehen.
Der Debt-Equity Swap steht unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission, mit der sich das BMWK in intensiven Gesprächen befindet.
Finanzierung
Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgt aus den 200 Mrd. Euro des reaktivierten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF 2.0).
Rechtsgrundlage und Begründung
Das BMWK kann gemäß § 17a Energiesicherheitsgesetz (EnSiG) durch einen Verwaltungsakt bei einem Unternehmen, das nach § 17 EnSiG unter Treuhandverwaltung gestellt ist, Kapitalmaßnahmen anordnen. Voraussetzung ist, dass ohne diese Kapitalmaßnahme die Versorgungssicherheit gefährdet wäre, etwa durch eine Insolvenz. Die Anordnung einer Kapitalmaßnahme kann unter anderem vorsehen, dass Rücklagen aufgelöst, das Stammkapital herabgesetzt und im Anschluss durch eine Gesellschaft des Bundes wieder erhöht wird.
Die Maßnahme ist in der Stabilität der Gasversorgung begründet. Die Wingas (wesentlicher Teil der SEFE-Gruppe) hat Stadtwerke als Kunden. Der Marktanteil in Deutschland liegt bei rund 20 Prozent. Eine Insolvenz der Wingas würde die nachgelagerten Handels- und Verbraucherstufen zu kurzfristiger Ersatzbeschaffung zwingen, was zu weiteren Insolvenzen und Versorgungslücken führen kann.
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