Hamburg (ots) – Der Landmaschinenhersteller Claas verstöĂt womöglich gegen geltende Sanktionsvorschriften, berichtet die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT. Interne Unterlagen aus dem Milliarden-Konzern, die der ZEIT und Radio Hochstift vorliegen, zeigen, wie Claas seit Monaten planen soll, AusfuhrbeschrĂ€nkungen systematisch zu umgehen. Seit spĂ€testens Juli 2022 arbeite der Konzern in Deutschland an der Umsetzung des Geheimprojekts, sagt ein hochrangiger Manager. Ab MĂ€rz 2023 soll die Produktion im russischen Claas-Werk wieder anlaufen. DafĂŒr versucht der Landtechnik-Hersteller, eine LĂŒcke in den Embargo-Vorschriften auszunutzen.
Um die Zulieferungen ĂŒber die gesperrte russische Grenze zu bekommen, bediene sich Claas eines Tricks, berichten Eingeweihte der ZEIT: Die Firma wolle bestimmte Einzelteile, in Baugruppen versteckt, nach Russland exportieren. Die deutschen Mechaniker sollen dafĂŒr die verbotenen Teile zu neuen Komponenten zusammenbauen. Damit bekĂ€men sie eine andere Zolltarifnummer und wĂŒrden so fĂŒr die Kontrolleure quasi unsichtbar. Es handele sich um „sehr wichtige Einheiten“, die gebraucht wĂŒrden, um Motor, MĂ€hdrescher-Kabine oder den StrohhĂ€cksler zu fertigen, heiĂt es in einer internen PrĂ€sentation. „Die hier betroffenen Waren scheinen unter die Russland-Sanktionen der EU zu fallen“, sagt Viktor Winkler der ZEIT, ein auf Sanktionsrecht spezialisierter Anwalt. Wenn dem so sei, dann zeige das Handeln „eine nicht unerhebliche kriminelle Energie, was die Höhe der zu erwartenden Strafe nochmal vehement nach oben treiben wĂŒrde – deutlich in Richtung einer Haftstrafe.“
Der Konzern bestreitet auf Anfrage alle VorwĂŒrfe: „Alle unsere Ausfuhren nach Russland werden nach intensiver PrĂŒfung der Fachabteilung und der zustĂ€ndigen Ausfuhrzollstellen freigegeben. Wir weisen jedweden Vorwurf eines VerstoĂes gegen Sanktionen und etwaiger Bestrebungen, solche Sanktionen zu umgehen, daher strikt zurĂŒck.“ Eine mit den VorgĂ€ngen vertraute Person hingegen kritisiert die Firmenkultur scharf: „Das ist eine Doppelmoral bei Claas. Ăffentlich heiĂt es, man halte sich an alle Regeln. Aber heimlich bricht man die Sanktionen.“ Ende Oktober sollen Kisten mit sechs „Lenksystem-Kits“ die Zollabfertigung in Russland passiert haben. Diese beinhalteten auch sanktionierte Hydraulikzylinder.
FĂŒr Claas geht es laut ZEIT-Recherchen um hunderte Millionen Euro. In einem Sonderinvestitionsvertrag mit Russland verpflichtete sich das Unternehmen 2016, einen groĂen Teil der Fertigung fĂŒr den russischen Markt in Russland durchzufĂŒhren. Dies ist jedoch angesichts der Sanktionen nicht mehr möglich. Die Staatshilfen mĂŒssen nun womöglich zurĂŒckgezahlt werden.
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