ARD-Recherche zu Ăberlastung im FuĂball und hochumstrittenen Schmerzmitteln
Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat ihren Umgang mit dem als leistungssteigernd eingestuften Schmerzmittel Tramadol verteidigt. Die oberste Anti-Doping-Behörde hatte angekĂŒndigt, das stark abhĂ€ngig machende Opioid ab Anfang 2024 fĂŒr den Gebrauch im Wettkampf zu verbieten. Bis dahin ist die Nutzung beispielsweise bei der FuĂball-WM in Katar erlaubt.
„Wir nehmen uns ein bisschen Zeit, Tramadol in die Verbotsliste aufzunehmen, weil wir ein paar FormalitĂ€ten haben“, sagte Olivier Rabin, der wissenschaftliche Direktor der WADA. In „No Limits – Wenn der FuĂball keine Grenzen kennt“ aus der Reihe „Geheimsache Doping“ ergĂ€nzte Rabin, man mĂŒsse sicherstellen, dass „ĂŒberall auf der Welt in gleicher Form auf Tramadol getestet wird“.
Laut einer englischen, von der WADA geförderten, Studie wirkt Tramadol leistungssteigernd. Die WADA stellte in ihrem Monitoring-Programm fest, dass Tramadol vor allem im FuĂball, Radsport und Rugby „erheblich“ genutzt werde, konkrete Zahlen veröffentlichte sie dazu nicht. Bei der WM in Katar darf damit eine Substanz zum Einsatz kommen, die einen Dopingeffekt hat und fĂŒr deren Nutzung Athletinnen und Athleten in gut einem Jahr eine mehrjĂ€hrige Sperre erhalten werden.
Am zweiten WM-Tag gab der katarische Zoll bekannt, dass am Flughafen Doha ein Mann festgenommen worden sei – mit fast 2000 Tramadol-Pillen im GepĂ€ck. Eine ARD-Anfrage zu einem möglichen Zusammenhang mit der WM lieĂ die Behörde unbeantwortet.
Auch die FIFA reagierte nicht auf ARD-Fragen zu Tramadol. Der Weltverband hĂ€tte das Schmerzmittel FuĂball-intern schon frĂŒher verbieten können, blieb aber im Gegensatz zum Radsport-Weltverband UCI tatenlos. Dieser hatte Tramadol bereits im Jahr 2019 verboten.
Vor allem in der Premier League wurden zuletzt Forderungen nach einem sofortigen Verbot von Tramadol laut. Die englische Spielergewerkschaft PFA berichtet von zahlreichen Profis, die von dem Opioid abhĂ€ngig geworden seien. Das habe zu „Riesenproblemen wĂ€hrend und nach der FuĂballer-Karriere“ gefĂŒhrt. Die PFA bietet betroffenen Profis sogar ein Hilfsprogramm an.
Die aktuellsten Zahlen, die die WADA zu Dopingmissbrauch im FuĂball bekannt gegeben hat, beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 2013 und 2019. In diesen sieben Jahren wurden im FuĂball weltweit 567 DopingfĂ€lle verzeichnet. Das heiĂt, es gab im Schnitt alle viereinhalb Tage einen Dopingfall.
ARD-Recherchen in „No Limits“ bestĂ€tigen das Belastungsproblem des FuĂballs. Laut dem Verletzten-Index der internationalen Howden-Versicherungsgruppe gibt es in den fĂŒnf europĂ€ischen Top-Ligen England, Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich insgesamt immer mehr Verletzungen. In der vergangenen Saison stieg die Zahl auf 4.042 Verletzungen mit mindestens zwei Ausfalltagen und lag damit um mehr als 20 Prozent ĂŒber der von 2019/20.
Auch die IntensitĂ€t auf dem Platz steigt weiter. Der französische Datenprovider SkillCorner, der nach eigenen Angaben mit mehr als 70 europĂ€ischen Profiklubs zusammenarbeitet, hat im Auftrag der ARD-Dopingredaktion spezifische Trackingdaten ermittelt. Danach ist im Lauf der letzten vier Jahre in den fĂŒnf europĂ€ischen Topligen im Schnitt die Anzahl der schnellen LĂ€ufe (mehr als 20 km/h) und der Sprints (mehr als 25 km/h) pro Spiel gestiegen.
„No Limits – Wenn der FuĂball keine Grenzen kennt“ wird am 1. Dezember im Rahmen der WM-Vorberichterstattung auf das dritte deutsche Gruppenspiel gegen Costa Rica um ca. 18:30 Uhr im Ersten und in der ARD Mediathek per Livestream gesendet. Eine ausfĂŒhrlichere Fassung wird darĂŒber hinaus zeitgleich dazu in der ARD Mediathek angeboten.
Sportschau – Logo © WDR