Berlin, 27. Dezember 2022 â Nur noch sechs Prozent der KrankenhĂ€user in Deutschland beurteilen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut. Lediglich 20 Prozent erwarten fĂŒr das Jahr 2022 ein positives Jahresergebnis. Mehr als jedes zweite Krankenhaus (56 Prozent) geht fĂŒr das Jahr 2023 von einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage aus. Das sind Ergebnisse des aktuellen Krankenhaus-Barometers des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), einer jĂ€hrlich durchgefĂŒhrten ReprĂ€sentativbefragung der AllgemeinkrankenhĂ€user in Deutschland.
âDie schon vor einigen Monaten prognostizierte Insolvenzwelle rollt jetzt an. Die Politik hat den Zeitpunkt, an der sich die Welle aufhalten lĂ€sst, schon fast verpasst. Der Schaden fĂŒr die Versorgung wird 2023 in vielen Regionen sichtbar werden. Corona und die zuletzt gehĂ€uften Atemwegserkrankungen haben gezeigt, dass wir ein starkes Krankenhauswesen und flĂ€chendeckende Versorgung benötigen. Weitere ĂŒberraschende SchlieĂungen können wir uns nicht mehr leisten.
Die von der Bundesregierung im Rahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds angekĂŒndigten Finanzhilfen zum Ausgleich von Energiepreissteigerungen helfen zwar an dieser besonderen Stelle, können aber das strukturelle Defizit wegen der inflationsbedingten allgemeinen Kostensteigerungen nicht ausgleichen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weiĂ sehr genau, dass diese Kostensteigerungen in den Preisen, die die KrankenhĂ€user gegenĂŒber den Krankenkassen abrechnen dĂŒrfen, nicht abgebildet sind.
Der wirtschaftliche Druck lastet damit unverĂ€ndert schwer auf den KrankenhĂ€usern. Der vom Minister angekĂŒndigte Vorrang der Medizin vor der Ăkonomie bleibt ein leeres Versprechen. Auch im kommenden Jahr werden die Kosten der KrankenhĂ€user doppelt so schnell steigen wie die staatlich festgelegten Preise. Das strukturelle Defizit wird sich dann auf rund 15 Milliarden Euro summieren. Wie wir in den VorschlĂ€gen der Regierungskommission nachlesen können, will man mit diesem strukturellen Defizit in die Reform der Fallpauschalen einsteigen. Es grenzt schon an Magie, durch die Neuverteilung dieses Mangels davon zu sprechen, dass man den ökonomischen Druck beseitigen und der Medizin den Vorrang vor der Ăkonomie einrĂ€umen willâ, erklĂ€rt Dr. Gerald GaĂ (Foto), Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Ein weiteres ungelöstes Problem bleibt die Investitionsfinanzierung der KrankenhĂ€user. Die BundeslĂ€nder kommen ihrer gesetzlichen Verpflichtung, den KrankenhĂ€usern die Investitionskosten in tatsĂ€chlicher Höhe zu finanzieren, schon seit Jahrzehnten nicht mehr nach. Laut Krankenhaus-Barometer lag die Investitionssumme der HĂ€user 2021 bei 6,8 Milliarden Euro. Aus öffentlichen Fördermitteln stammen nur 47 Prozent. Den Rest mĂŒssen die KrankenhĂ€user selbst aufbringen, ganz ĂŒberwiegend indem sie sich dafĂŒr verschulden. Die Eigenmittel der KrankenhĂ€user reichen lĂ€ngst nicht mehr fĂŒr Investitionen aus. Zwischen 2019 und 2021 haben nur 15 Prozent der KrankenhĂ€user durchgĂ€ngig ausreichend Gewinne fĂŒr die erforderlichen Investitionen erzielt. âDies fĂŒhrt zu einem zunehmenden Investitionsstau bei den GebĂ€uden und der technischen Infrastruktur der KrankenhĂ€user. Der Wert der Sachanlagen in den Bilanzen sinkt kontinuierlich, wogegen der Schuldenstand wĂ€chstâ, sagt GaĂ.
Weiterhin besorgniserregend ist die Personalsituation in den Kliniken, vor allem in der Pflege. Zur Jahresmitte 2022 hatten fast 90 Prozent der KrankenhÀuser Probleme, offene Pflegestellen auf den Allgemeinstationen zu besetzen. In der Intensivpflege hatten drei von vier KrankenhÀusern Stellenbesetzungsprobleme. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der offenen Pflegestellen um 43 Prozent auf den Allgemeinstationen und um 20 Prozent in der Intensivpflege gestiegen. Im Schnitt bleiben die Pflegestellen rund ein halbes Jahr unbesetzt.
Die Ergebnisse des Krankenhaus-Barometers 2022 beruhen auf der schriftlichen Befragung einer reprĂ€sentativen Stichprobe zugelassener AllgemeinkrankenhĂ€user ab 100 Betten in Deutschland, die von Mitte April bis Ende Juni 2022 durchgefĂŒhrt wurde. Beteiligt haben sich insgesamt 309 KrankenhĂ€user.
Das Krankenhaus-Barometer finden Sie hier.
Foto: Dr. Gerald GaĂ (c) DKG