29.01.23 (ams). Oft fĂ€ngt es am spĂ€ten Sonntagnachmittag an: Erste Gedanken an die kommende Arbeitswoche schleichen sich ein und mit der entspannten Wochenendlaune ist es dann schnell vorbei – der klassische Sonntagabend-Blues eben. Meist ist er eine normale Reaktion auf das bevorstehende Umschalten vom Freizeit- in den Arbeitsmodus. Manchmal aber auch ein Zeichen fĂŒr eine tiefer sitzende Unzufriedenheit im Job. Dr. Sylvia Böhme, Psychologin und Psychotherapeutin bei der AOK, gibt Tipps, wie man die sogenannten Sunday Scaries, also die SonntagsĂ€ngste, ĂŒberlisten kann.
„Wichtig ist, sich erst einmal darĂŒber klar zu werden, was der Auslöser fĂŒr den ‚Blues‘ ist. Meist ist er in der Beziehung zur eigenen Arbeit begrĂŒndet: Man ist vielleicht unzufrieden und es graut schlicht vor der nĂ€chsten Arbeitswoche“, erklĂ€rt Psychologin Böhme. Teilweise wird dieses Empfinden auch als „Sunday Scaries“ bezeichnet. Die Menschen haben Ăngste, den Anforderungen der bevorstehenden Woche nicht gerecht werden zu können. Hier sei es sinnvoll, das eigene VerhĂ€ltnis zum Job auf den PrĂŒfstand zu stellen und nach Möglichkeiten zu suchen, Rahmenbedingungen oder AblĂ€ufe der Arbeit zu verbessern.
„UnerlĂ€sslich ist, eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit. Viele nehmen unerledigte Aufgaben mit ins Wochenende oder checken zwischendurch ihre Mails – so wird das aber nichts mit der Erholung“, weiĂ Böhme. Sie empfiehlt, freitags noch am Arbeitsplatz einen Plan fĂŒr die kommende Woche zu machen. Damit ist alles Wichtige aufgeschrieben und idealerweise nicht mehr im Kopf. Um Ăberforderungen zu vermeiden, kann es auch helfen, den Kalender der kommenden Woche so zu lichten, dass sich FreirĂ€ume fĂŒr unerwartete Aufgaben ergeben.
Bewusst abschalten
Auf dem Weg ins Wochenende sollte man dann bewusst abschalten und – neben Wochenendeinkauf und Putzeinsatz – auch Dinge tun, die SpaĂ machen, zum Beispiel Lieblingsfilme anschauen, kreativ sein, sich mit Freunden treffen oder raus an die frische Luft gehen. „Pflichten am Wochenende sollten zeitlich begrenzt sein. Belohnen können Sie sich mit einer positiven AktivitĂ€t. Eine aktive Erholung statt AbhĂ€ngen sorgt fĂŒr gute Laune und lenkt von Gedanken an die Arbeit ab. Mein Tipp: Wenn Ihnen zwischendurch etwas Wichtiges zur Arbeit einfĂ€llt, schreiben Sie Stichworte auf einen Zettel, den Sie erst am Montagmorgen wieder herausholen“, empfiehlt Böhme.
RegelmĂ€Ăige Rituale helfen
Was aber tun, wenn trotzdem trĂŒbe Gedanken aufkommen? „Das ist ein StĂŒck weit auch Ăbungssache: Machen Sie sich bewusst, dass Sie bisher noch jede Anforderung gemeistert haben, dass Sorgen keinerlei Effekt auf den Workload in der kommenden Woche haben und Sie am leistungsfĂ€higsten sind, wenn Sie das Wochenende genieĂen und sich erholen konnten“, so die Psychologin. RegelmĂ€Ăige Rituale wie ein Abendspaziergang oder ein Entspannungsbad können dabei helfen. Wichtig ist auch, sich möglichst viel zu bewegen â denn wer körperlich aktiv ist, senkt den eigenen Stresslevel.
Positive Akzente in der Woche setzen
Hilfreich ist ein positiver Blick auf die bevorstehende Woche: „Nehmen Sie sich am besten immer irgendetwas Schönes vor, worauf Sie sich freuen können. Das gibt Ihnen das GefĂŒhl, auch selbst ĂŒber Ihre Zeit entscheiden zu können und nicht nur von der Arbeit bestimmt zu sein“, sagt Böhme. Ein weiterer Ratschlag: „Falls möglich, beginnen Sie die Woche mit einem Tag im Homeoffice. So können Sie ohne Arbeitsweg flexibler in die Woche starten.“
Und wenn alles nicht hilft? „Bleibt es dauerhaft bei einem schlechten GefĂŒhl, sollte man das GesprĂ€ch mit Vorgesetzten suchen und die eigene Unzufriedenheit thematisieren. Und notfalls auch ĂŒber einen Jobwechsel nachdenken“, so die AOK-Expertin.
Text: AOK-Bundesverband