Herzinfarkt mit Mitte 40

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Ehemaliger Koma-Patient dankt Team der Kardiologie im Klinikum Magdeburg fĂŒr seine Rettung

Magdeburg. Etwas mulmig ist ihm schon, als er vorsichtig durch das kleine Fenster in der TĂŒr zu seinem ehemaligen Zimmer auf der Intensivstation schaut. Hier lag Steffen Morscheck (Foto r.) vor gut einem Jahr – dem Tode nĂ€her als dem Leben. Herzinfarkt, LungenentzĂŒndung, gut vier Wochen Koma. Er wird still. Es hĂ€ngen ja doch viele Erinnerungen an diese Zeit. Und der 45-jĂ€hrige Familienvater weiß: Er hatte verdammt GlĂŒck. Auch, weil ihn das Team rund um den leitenden Oberarzt Dr. Michael Sudau (Foto l.) nicht aufgegeben hat. Sie standen ihm etwa bei, als er im Koma halluzinierte. Sie halfen ihm, als im Koma sein Gewicht und seine Muskulatur rapide abnahmen. Und sie entwöhnten ihn von der kĂŒnstlichen Beatmung. „Man lernt erst mal richtig zu schĂ€tzen, was die da im Krankenhaus alles tun und können.“ Sogar um seine Frau und Tochter („meine MĂ€dels“) hatte sich das Team rĂŒhrend gekĂŒmmert.

RĂŒckblende: Morscheck kommt zu Hause aus seinem Sportraum, in dem er bis eben noch KraftĂŒbungen gemacht hat. Ihm ist etwas schlecht, er verspĂŒrt Sodbrennen. Und ringt nach Luft, ist etwas kurzatmig, geht deshalb auf den Balkon. Er glaubt, das liegt am Sport. Doch als ihn seine Frau anschaut, er blau anlĂ€uft und nur noch nuschelt „Ich glaub, Du solltest mal einen Arzt rufen“, ist schnell klar: Das ist kein einfacher SchwĂ€cheanfall. Nicht bei einem durchtrainierten Mann Mitte 40. – Morscheck erleidet einen Herzinfarkt. Ausgerechnet er. Jung, sportlich, Vegetarier.

Bei einem Infarkt kommt es zu einem Verschluss eines GefĂ€ĂŸes am Herzen, meist ausgelöst durch einen Blutklumpen oder durch Plaque, die sich in der GefĂ€ĂŸwand ĂŒber lange Zeit anstaut und irgendwann die Engstelle im GefĂ€ĂŸ kurzerhand dicht macht. Das Problem: Alles, was an Herzmuskel hinter dieser Stelle bislang mit Blut versorgt wurde, ist nun abgeschnitten. Je lĂ€nger das Gewebe ohne NĂ€hrstoffe bleibt, desto grĂ¶ĂŸer die Gefahr, dass es unwiderbringlich abstirbt.

Die Ehefrau vom Morscheck ruft den Notarzt. Noch im Wohnzimmer wird der damals 44-JĂ€hrige wiederbelebt. „Meine Frau hat ein Foto von dem gemacht, was die da alles mit mir gemacht und in mich hineingepumpt haben. Das war am Ende so viel, dass es in einen großen MĂŒllsack passte.“ Im Klinikum Magdeburg kommt er sofort auf die kardiologische Intensivstation. Eine Maschine ĂŒbernimmt fortan seine Beatmung. Sein Leben hĂ€ngt nun an GerĂ€ten. – Und vom Schicksal ab.

Seine Tochter schreibt ĂŒber die Wochen, die er im Koma liegt, ein Tagebuch. „Das hilft mir jetzt, der verlorenen Zeit irgendwie wieder nachzuspĂŒren“, sagt Morscheck. „Ich bin im Nachhinein echt erschrocken, wie schnell der eigene Körper abbauen kann.“ Als er entlassen wird, bringt der 1,72 Meter große Mann mit seinen einst 82 Kilo nur noch 65 Kilo auf die Waage.

„Auch fĂŒr uns ist der Fall von Herrn Morscheck echt etwas ganz besonderes“, sagt der Leitende Oberarzt Dr. Michael Sudau. So jung, so lange im Koma. „Da baut das Team zwangslĂ€ufig eine enge Bindung zu dem Patienten auf und bangt mit ihm.“ Heute begrĂŒĂŸt der Mediziner seinen ehemaligen Patienten so herzlich wie einen alten Freund. Im Stationszimmer haben sie sogar noch ein Foto mit ihm hĂ€ngen – vom letzten Tag, bevor es dann in die Reha ging.

„Anfangs habe ich in der Reha sogar das Piepen der Intensivstation-GerĂ€te fast ein wenig vermisst. Überhaupt wieder ohne Hilfe leben zu mĂŒssen, war echt eine Umstellung“, sagt der junge Mann. Aber seine Familie habe ihm da sehr geholfen. „Wenn wir uns heute verabschieden oder schlafen gehen, achten wir darauf, dass das nie im Groll geschieht.“ Sogar sein Arbeitgeber habe ihm Aufmunterndes wĂ€hrend der Krankschreibung geschickt.

„Heute bin ich wesentlich entspannter geworden. Eigentlich kann mich nichts mehr so richtig aus der Ruhe bringen. Ich habe eine andere mentale StĂ€rke gefunden.“ Außerdem ist er von Kraftsport zu Ausdauersport gewechselt. 30 LiegestĂŒtze schaffe er inzwischen wieder. Auch gehe er jetzt viermal pro Woche laufen. Und zweimal die Woche zur Kardio-Fitness speziell fĂŒr Herzpatient*innen. Hier lernt er, wie er mit richtiger Pulsfrequenz trainiert. „Der Doktor hat gesagt: Wenn ich mich an ein paar Regeln halte, habe ich eine ganz normale Lebenserwartung. Und das motiviert mich.“

Text/Foto (c) Klinikum Magdeburg / Lisa MĂŒller