Magdeburg/ST. Fehlerhaft, voll am Markt vorbei, unverstĂ€ndlich, ĂŒberflĂŒssig: Kaum in Kraft gesetzt, löst die am 1. MĂ€rz gestartete Neubauförderung erneut massive Kritik von Seiten der Bauwirtschaft aus.
Die Bauwirtschaft steht selbstverstĂ€ndlich bereit, wenn es darum geht, klimapolitische Ziele zu erreichen sowie ein angemessenes Wohnungsangebot am Markt zu schaffen. Das hat sie immer getan. Doch die Politik muss hierfĂŒr fehlerfreie Bedingungen setzen, damit Bauherren in Eigenheime und Mietobjekte investieren. âDer Markt hat auf die neue Förderrichtlinie im MĂ€rz gewartet und sieht sich trotz vieler guter Argumente fĂŒr marktgerechte Anpassungen arg enttĂ€uscht“, sagt Peter Nitschke, PrĂ€sident des Baugewerbe-Verbandes Sachsen-Anhalt. Der Hochbau sei bereits zuvor massiv eingebrochen und es fehlten ausreichend BauauftrĂ€ge, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen; nun werde dieser Zustand trotzdem willentlich und ganz bewusst in Beton gegossen.
FĂŒr das Förderprogramm zur Neubauförderung, das Bundesbauministerin Klara Geywitz vorgestellt hat, werden lediglich 1,1 Milliarden Euro zur VerfĂŒgung gestellt, davon gehen 350 Millionen als zinsverbilligte Kredite an private Bauherren. Gebunden ist die Förderung an den Bau der Effizienzhaus Stufe 40 und je nach Fördersumme den Nachweis eines QualitĂ€tssiegels Nachhaltiges GebĂ€ude sowie ein klimafreundliches Heizsystem (EH 40 Plus).
âUnter diesen Bedingungen ist die Förderung fast schon eine Eulenspiegelei, denn sie rechnet sich schlichtweg nicht“, so Nitschke. Zu den Kosten zur Erreichung EH 40 kommen die Kosten fĂŒr die Energieberatung und Zertifizierung. Diese belaufen sich als allerunterster Ansatz auf 25.000 Euro bei einem Einfamilienhaus und liegen bei gröĂeren Bauvorhaben weit darĂŒber. Damit zahlt ein Bauherr beispielsweise fĂŒr ein gefördertes Darlehen von 100.000 Euro den mit etwa 25 Prozent Mehrkosten sehr teuren Standard KfW 40, die steigenden Bauzinsen und hohen Materialpreise sowie ein Viertel fĂŒr den Nachweis ökologischer Anforderungen. Dem stehen gegenĂŒber dem EH 55 Standard kaum so signifikante Vorteile fĂŒr eine KlimaneutralitĂ€t gegenĂŒber, dass sich das deutlich höhere Investment lohnt.
Man muss sich schon fragen, was die Politik eigentlich damit erreichen will. Denn bereits dieser Standard erfordert einen hohen Standard fĂŒr energetische DĂ€mmung und eine möglichst regenerativ ausgerichtete Heizungsart. Gerade im Beratungssektor wird in der Branche deshalb immer mehr darauf hingewiesen, doch bei EH 55 Standard zu bleiben und hier individuelle Optimierungsmöglichkeiten umzusetzen. Denn derartige EinzelmaĂnahmen sind teilweise auch förderwĂŒrdig.
âBei allen Ambitionen fĂŒr dem Klimaschutz muss die Kostenseite bedacht werden, sodass die VerhĂ€ltnismĂ€Ăigkeit zwischen ökologischem Ziel und ökonomisch sinnvoller MaĂnahme im vernĂŒnftigen Gleichgewicht bleibt“, so der VerbandsprĂ€sident weiter. Die jetzigen von der Bundesregierung gesetzten Rahmenbedingungen seien toxisch. Diese dienten nur bedingt dem Ziel der Regierung fĂŒr KlimaneutralitĂ€t, aber dem Wirtschaftsministerium wĂŒrden so vermutlich wenigstens nicht wie in der Vergangenheit die Fördermittel ausgehen.
Die mittlerweile festgestellt fehlenden 700.000 Wohnungen werden jedenfalls auf diese Weise nicht in Auftrag gegeben. Und ohne AuftrĂ€ge kann die Bauwirtschaft keinen Wohnraum erstellen. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe rechnet fĂŒr 2022 mit 280.000 fertiggestellten Wohnungen, 2023 mit 245.000 Wohnungen, was einem Minus von 12,5 Prozent entspricht. âDie bis dato erfolgten AuftragseinbrĂŒche werden sich weiter verschĂ€rfen. Die Baubetriebe arbeiten derzeit noch erteilte AuftrĂ€ge ab; das volle AusmaĂ der verfehlten Förderpolitik wird sich in der Baukonjunktur 2024/2025 zeigen“, erklĂ€rt Nitschke. Man könne nur hoffen, dass sich die Verantwortlichen den RealitĂ€ten bis dahin, besser noch baldmöglichst, stellen.
Quelle: Baugewerbe-Verband Sachsen-Anhalt
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