Magdeburg/ST. Auf Sachsen-Anhalts Straßen hat es im vergangenen Jahr deutlich weniger Verkehrsunfälle gegeben als im Vor-Corona-Jahr 2019. Insgesamt erfasste die Polizei 67.441 Verkehrsunfälle. Das waren 7.561 beziehungsweise zehn Prozent weniger als noch 2019. Im Vergleich zu 2021 stieg die Zahl der Unfälle geringfügig um ein Prozent (beziehungsweise 600 Fälle). Das geht aus der Polizeilichen Verkehrsunfallbilanz hervor, die Innenministerin Dr. Tamara Zieschang (Foto) am Dienstag in Magdeburg vorstellte.
Nach zwei Jahren staatlicher Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie näherte sich das Mobilitätsverhalten der Menschen in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr wieder jenem vor der Pandemie an. Mit 9.789 Menschen verunglückten 418 (beziehungsweise vier Prozent) weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. Die Zahl der Schwerverletzten ging im Vergleich zu 2019 um mehr als ein Sechstel auf knapp 1.900 zurück.
Deutlich mehr Verkehrstote: Auf Sachsen-Anhalts Straßen starben jedoch deutlich mehr Menschen. Insgesamt sind 152 Verkehrstote zu beklagen. Das sind 39 Menschen (beziehungsweise 35 Prozent) mehr als im Vorjahr und auch 15 Menschen mehr als noch im Vor-Corona-Jahr 2019. Damit starben so viele Menschen bei Verkehrsunfällen auf Sachsen-Anhalts Straßen wie seit 2010 nicht mehr. Auffällig dabei: Vor allem Menschen ab 75 Jahre erlitten gravierende Unfallfolgen. Die Zahl der Verkehrstoten, die 75 Jahre und älter waren, verdreifachte sich im Vergleich zum Vorjahr von 13 auf 41 Menschen.
Auf den Bundesautobahnen in Sachsen-Anhalt starben 27 Menschen bei Verkehrsunfällen.13 Unfälle wurden dabei von Lkw-Fahrern verursacht. 18 Menschen kamen im vergangenen Jahr bei Stauendeunfällen ums Leben. Das waren 13 Menschen mehr beziehungsweise fast vier Mal so viele wie noch 2021.
Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Während es auf Sachsen-Anhalts Straßen ähnlich viele Unfälle gab wie noch 2021 haben wir leider deutlich mehr Verkehrstote zu beklagen. Der Anstieg der im Straßenverkehr getöteten Menschen um mehr als ein Drittel macht nicht nur betroffen, sondern sollte alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer alarmieren und allen bewusst machen: Mit mehr Rücksicht, angepasster Geschwindigkeit und verantwortungsvollem Verhalten im Straßenverkehr kommen wir alle mit höherer Wahrscheinlichkeit unversehrt ans Ziel.“
Wildunfälle bleiben Hauptursache: Fast jeder fünfte Unfall in Sachsen-Anhalt war im Jahr 2022 ein Zusammenstoß mit einem Wildtier. Damit bleiben Wildunfälle die häufigste Unfallursache. Insgesamt wurden 13.429 Wildunfälle erfasst – das waren gut vier Prozent weniger als im Vorjahr. In den meisten Fällen (10.274) stießen die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mit Rehwild zusammen. Hauptunfallzeiten sind die Morgen- und Abendstunden zwischen fünf und sieben Uhr beziehungsweise zwischen 20 und 22 Uhr.
Während es im vergangenen Jahr in den Monaten Januar bis März vergleichsweise wenig Wildunfälle gab, stieg die Anzahl ab April deutlich an. Die meisten Zusammenstöße mit Wildtieren (rund 1.400) wurden im Mai erfasst. Überwiegend blieb es bei Sachschäden, allerdings wurden im vergangenen Jahr auch 124 Menschen bei Wildunfällen verletzt.
Schwere Unfälle meist wegen unangepasster Geschwindigkeit: Die Hauptursache für schwere Verkehrsunfälle ist unangepasste Geschwindigkeit. Fast jeder dritte Verkehrsunfall mit Schwerverletzten oder Getöteten ist auf diese Ursache zurückzuführen. Bei 138 tödlichen Verkehrsunfällen spielte sie sogar bei rund einem Drittel (50) eine Rolle. Auch fehlender Abstand und Vorfahrtsfehler waren häufig Ursache für Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten oder Getöteten.
Die Landespolizei wird in diesem Jahr bei der Verkehrsüberwachung gezielt den Verkehr kontrollieren – Schwerpunkte werden Geschwindigkeit und Abstand sein. „Unsere Polizei beteiligt sich regelmäßig an bundesweiten Schwerpunktkontrollaktionen. Dabei geht es zum einen darum, Verstöße zu ahnden, zum anderen aber auch darum, Mängel abzustellen und über die Risiken von mangelnder Aufmerksamkeit, fehlendem Sicherheitsabstand, Rasen
oder Mängeln an den Fahrzeugen zu informieren. Doch auch abseits der Kontrollwochen hat die Landespolizei diese Themen im Blick und kontrolliert. Für unser aller Verkehrssicherheit“, sagte Innenministerin Dr. Tamara Zieschang. Bei den Schwerpunktkontrollen geht es insbesondere um die Sicherheit im gewerblichen Personen- und Güterverkehr. Auch am sogenannten Speed-Marathon (21. April 2023) wird sich Sachsen-Anhalt beteiligen.
Fahrradfahrer und Fußgänger sind besonders gefährdet: Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist per se schlechter geschützt und damit im Vergleich zu Menschen in Autos und LKW einem höheren Risiko für schwerwiegende Unfallfolgen ausgesetzt. In Sachsen-Anhalt wurden im vergangenen Jahr rund 660 Fußgängerinnen und Fußgänger bei Verkehrsunfällen verletzt (2019: 684), von denen 16 starben (2019: 11). Bei jedem dritten Unfall waren die Fußgängerinnen und Fußgänger selbst auch die Verursacher. Häufige Gründe dafür: Bei Rot über die Ampel gehen, Ablenkung und unachtsames Betreten der Straße.
Die Zahl der Fahrradunfälle lag im vergangenen Jahr mit 2.700 nahezu wieder auf dem Vor Corona Niveau (2019: 2.831). Dabei wurden mehr als 2.000 Menschen verletzt. Binnen eines Jahres hat sich die Zahl der getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer von zehn auf 22 mehr als verdoppelt (2019: 15).
„Für viele Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter ist das Rad gerade für kurze Strecken oder in der Stadt eine echte Alternative zu Bus, Bahn und Auto. Gleichzeitig sind Menschen auf dem Rad gefährdeter, im Falle eines Unfalls ernsthafte Verletzungen zu erleiden. Es sollte im ureigenen Interesse jedes Einzelnen sein, sich zu schützen“, sagte Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Das geht beim Fahrradhelm los und beim umsichtigen Fahren weiter. Jeden zweiten Fahrradunfall haben die Radfahrerinnen und Radfahrer im vergangenen Jahr selbst verursacht. Besonders häufig spielte dabei die falsche Straßenbenutzung eine Rolle. Die Landespolizei bietet regelmäßig Informationsangebote – unter anderem bei den Radaktionstagen im Rahmen der Verkehrssicherheitskampagne #MenschaufmRad-Sicher durch den Verkehr – an. Zudem beteiligt sie sich in diesem Jahr an der bundesweiten Kontrollaktion zum Thema Rücksicht.“
Junge Erwachsene und Menschen ab 75 sind besonders betroffen: Bezogen auf den Bevölkerungsanteil sind junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren überdurchschnittlich oft in Verkehrsunfälle verwickelt. 70 Prozent der mehr als 9.750 Verkehrsunfälle haben die jungen Erwachsenen selbst verursacht. Sie verunglückten im vergangenen Jahr etwas häufiger als noch 2021; neun junge Erwachsene kamen ums Leben.
Etwas seltener, nämlich an rund 7.080 Verkehrsunfällen, waren Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter beteiligt, die mindestens 75 Jahre alt waren. Die Zahl der Unfälle lag damit im vergangenen Jahr noch unter dem Vor-Corona-Niveau. Im Vergleich zu 2021 wurden mehr Menschen in dieser Altersklasse verletzt (rund 780, ein Plus von 9 Prozent). Die Zahl derjenigen, die im Straßenverkehr starben, verdreifachte sich auf 41 Menschen. Auffällig dabei: Ein Drittel der ums Leben gekommenen Senioren ab 75 Jahre war auf dem Fahrrad oder Pedelec unterwegs, etwa jeder Vierte als Fußgängerin oder Fußgänger. Im Vergleich mit anderen Altersgruppen waren Seniorinnen und Senioren ab 75 Jahre besonders häufig selbst die Verursacher eines Unfalls – und zwar in mehr als Dreiviertel der Fälle.
„Viele Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter sind glücklicherweise auch noch im hohen Alter fit und mobil. Leider tragen ältere Menschen bei Verkehrsunfällen häufig deutlich schwerere Unfallfolgen davon. Deswegen mein nachdrücklicher Appell: Geben Sie auf sich acht und prüfen Sie sorgsam, ob Sie am jeweiligen Tag fit für Wegstrecken zu Fuß, für Fahrten auf dem Rad oder hinter dem Steuer sind“, sagte Innenministerin Dr. Tamara Zieschang.
Auch die Landespolizei will sich in diesem Jahr mit speziellen Präventionsangeboten an Seniorinnen und Senioren wenden. Unter dem Motto „Wir wollen, dass Sie sicher mobil bleiben!“ soll eine Kampagne gezielt Tipps und Rat geben, wie Unfallrisiken minimiert werden können.
Quelle: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt
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