Klaus Reinhardt schließt sich Appell der EU-Kommission nicht an – Risiko schwerer Verläufe für Gesunde unter 70 „vergleichsweise gering“
Osnabrück (ots). Im Gegensatz zur EU-Kommission rät Ärztepräsident Klaus Reinhardt (Foto) noch nicht allen Menschen ab 60 zur vierten Impfung gegen Corona. Zur Vermeidung von schweren Verläufen, Hospitalisierungen, Todes- und Long-Covid-Fällen seien Viertimpfungen „für Menschen über 70 Jahre und immungeschwächte und vorerkrankte Personen wichtig“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). Bei immungesunden jüngeren Menschen bleibe das Risiko schwerer Verläufe hingegen auch bei zeitlichem Abstand zum letzten Booster „vergleichsweise gering“.
Ob generell allen Menschen ab 60 Jahren ein zweiter Booster empfohlen werden sollte, „muss die Ständige Impfkommission auf Grundlage nationaler und internationaler Studien ständig neu bewerten“, mahnte Reinhardt zum Abwarten. „Dafür ist es wichtig, die Datenlage zur Effektivität der vierten Impfung in Deutschland und in der EU weiter auszubauen.“
Die Stiko rät bislang nur Menschen ab 70 sowie mit Vorerkrankungen zum zweiten Booster, will aber bald eine neue Empfehlung abgeben. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hatte hingegen schon am Montag alle Regierungen aufgerufen, „sofort“ allen ab 60 eine zweite Boosterimpfung anzubieten. Wegen der neuen Corona-Welle gebe es „keine Zeit zu verlieren“.
Ärztepräsident Reinhardt sagte der „NOZ“, es sei zwar „nicht falsch“, wenn Deutschland auch über 60-Jährigen die Möglichkeit anbiete, sich zum vierten Mal impfen zu lassen, schränkte aber ein: „Das kann zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn diese in Berufen oder im Ehrenamt mit vielen sozialen Kontakten arbeiten oder in einem engen Verhältnis zu besonders gefährdeten Menschen stehen.“
Foto (c) Bundesärztekammer