Aktionsplan des europÀischen Festungsprojektes fertiggestellt

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Wenn aus Mauern BrĂŒcken werden – dreijĂ€hrige Projektphase beendet

Magdeburg. Die intensive Lernphase 1 des Interreg-Europe-Projektes „Recapture the Fortress Cities“ (RĂŒckeroberung der FestungsstĂ€dte, kurz RFC) ist am 31. Juli zu Ende gegangen. Der durch das Projekt entstandene Aktionsplan fĂŒr die Landeshauptstadt Magdeburg wurde durch Interreg Europe geprĂŒft und genehmigt. Nach der Sommerpause geht der Aktionsplan in den Stadtrat.

Die Mitglieder der regionalen Akteur*innengruppe haben fĂŒr die Vorhaben ihre UnterstĂŒtzung zugesagt. Der vom Stadtrat im Januar 2022 beschlossene Antrag zur Beschilderung des Festungsradweges hat das Interesse an einer Nutzung der Festungsanlagen fĂŒr Tourismus und klimafreundliche MobilitĂ€t gezeigt. Mit dem Aktionsplan des RFC-Projektes sollen diese Schritte nun weitergedacht werden und in einem Gesamtkonzept mĂŒnden.

Das Magdeburger Festungserbe

Das Stadtbild der heutigen Landeshauptstadt Magdeburg wurde ĂŒber die Jahrhunderte maßgeblich durch Festungsanlagen geprĂ€gt. Bereits in den 1860er Jahren wurde die Stadt mit einem GĂŒrtel aus einzelnen Forts versehen, die der Stadt vorgelagert wurden. Damit war Magdeburg eine der ersten FortgĂŒrtelstĂ€dte Preußens. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dieser GĂŒrtel um weitere Zwischenwerke verstĂ€rkt und zĂ€hlte bis zu 19 Forts.

Was soll uns das heute angehen? Die Festungsanlagen stellen ein touristisches, klimarelevantes, soziales, kulturelles und wirtschaftliches Potential fĂŒr die Landeshauptstadt dar. Es geht darum, BrĂŒcken von der Vergangenheit in die Zukunft zu bauen und sinnvolle Nutzungen fĂŒr dieses besondere kulturelle Erbe zu finden.

Neben einigen positiven und impulsgebenden Nutzungsbeispielen wie der Festung Mark, dem „Ravelin 2“, dem Ökozentrum oder einigen Parkanlagen liegen heute noch immer viele Reste und FlĂ€chen der ehemaligen Festung aus verschiedenen Zeiten in der Stadt brach. Meist stellen sie eher schwierige oder sperrige Denkmale dar, deren Nutzungsmöglichkeiten auf den ersten Blick beschrĂ€nkt scheinen. Es erfordert viel Engagement, Durchhaltevermögen und KreativitĂ€t auf verschiedenen Ebenen, um befestigte Kulturdenkmale einer nachhaltigen und sinnvollen Nutzung zuzufĂŒhren, die das Denkmal mitdenkt.

Mit dieser Herausforderung ist die Landeshauptstadt Magdeburg glĂŒcklicherweise nicht alleine. In ganz Europa befinden sich aufgrund der konfliktreichen Vergangenheit Reste von Festungsanlagen verschiedener Epochen und viele beeindruckende Beispiele erfolgreicher Nutzungen. Das bedeutet, es besteht großes Potential fĂŒr die einzelnen Regionen, sich auszutauschen, ĂŒber verschiedene Nutzungsmöglichkeiten und politische Strategien, um so dieses spezielle Kulturerbe fĂŒr die StĂ€dte und Regionen produktiv einzusetzen.

Wie weiter nach der 1. Projektphase?

Der intensive Erfahrungsaustausch des europĂ€ischen RFC-Projektes zu guten Beispielen – mit internationalen thematischen Workshops und Studienbesuchen in der Projektphase 1 bis Ende Juli 2022 – sollte der Entwicklung eines Aktionsplans dienen, der in der Projektphase 2 bis Juli 2023 umgesetzt werden muss. Eine regionale Akteur*innengruppe war in die Entwicklung des Aktionsplans und den Lernprozess eingebunden. Mitglieder dieser Gruppe waren u.a. Vertreter*innen der Staatskanzlei/ Ministerium fĂŒr Kultur des Landes Sachsen-Anhalt, des Dezernates fĂŒr Umwelt und Stadtentwicklung, des Dezernates fĂŒr Wirtschaft, Tourismus und regionale Zusammenarbeit, der Magdeburg Marketing Kongress und Tourismus GmbH, des Sanierungsvereins „Ravelin 2“ e. V., der FestungMark Betriebsgesellschaft mbH, des Ökozentrums Magdeburg e.V., des ehemaligen Festungsbeirates, der Agentur Cultcontext, des ArchitekturbĂŒros Kossel und Partner sowie der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH.

Der Magdeburger Aktionsplan soll nun die Entwicklung einer Gesamtvision initiieren. Ein Masterplan Festungsanlagen soll dabei entstehen, der eine regionale Expert*innengruppe, das „Forum Zukunft Festung“ einbezieht, sowie weitere themenrelevante Expert*innen, interessierte BĂŒrger*innen und ein europĂ€isches Wissensnetzwerk. Neben der Nutzungsfindung brachliegender Festungsteile ist auch ein „FestungsgrĂŒnzug“ Teil des Projektes, der fĂŒr grĂŒne Verbindungen zwischen den einzelnen Festungsorten sorgen soll und so einen Beitrag zur klimafreundlichen MobilitĂ€t und Verbundenheit der Stadtteile leistet. Der Prozess des Masterplans animiert die Beteiligten, miteinander in Dialog zu treten und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen und gegebenenfalls Kompromisse zu finden. Das ehemalige Festungssystem soll auf diese Weise eine neue Funktion erhalten, die den heutigen Erfordernissen entspricht und in die Zukunft schaut, ohne dabei zu vergessen, der Vergangenheit zu gedenken.

Parallelen zu Antwerpen

Die AktionsplĂ€ne wurden Anfang Juni nach PrĂŒfung durch Interreg Europe zur Umsetzung freigegeben. Das Programm sieht vor, dass die gewĂ€hlten Aktionen direkt aus der Lernerfahrung des RFC-Projektes abzuleiten sind und anschließend das gewĂ€hlte politische Instrument verbessern mĂŒssen. Die Inspiration fĂŒr ihre Vorhaben hat die Landeshauptstadt dabei insbesondere im „Fortengordels“-Projekt der Region Voorkempen/ Antwerpen in Belgien gefunden. FĂŒr diese FestungsgĂŒrtelstadt (2 FortgĂŒrtel) wurde eine Kooperation der einzelnen Festungsorte und Akteur*innen geschaffen, die auf eine Gesamtvision aufbaute. Wegen des großen Lernpotentials zwischen den FestungsstĂ€dten Antwerpen und Magdeburg war die Magdeburger Projektkoordinatorin Josephine Kroneberg Ende Juni nach Antwerpen zum regionalen Abschlusstreffen der dortigen Projektbeteiligten eingeladen. Unter dem Motto „BrĂŒcken bauen“ wurden die Projektergebnisse prĂ€sentiert, Netzwerke gebildet und Themenschnittmengen identifiziert, die bei der jeweiligen Projektentwicklung hilfreich sind. MasterplĂ€ne fĂŒr Festungsanlagen werden u.a. auch in der Stadt Dendermonde, im Fort van Lier und fĂŒr das Fort Lillo angefertigt.

Das Netzwerk europÀischer FestungsstÀdte

Seit August 2019 partizipiert die Landeshauptstadt Magdeburg gemeinsam mit der belgischen Regionallandschaft Voorkempen, der spanischen Provinz Teruel, der Nord-West-Region RumĂ€niens, der slowakischen Selbstverwaltungsregion Presov sowie der griechischen Stadt Komotini im RFC-Projekt. Die Partnerschaft wird angefĂŒhrt von der Region Usti in Tschechien, dem sogenannten Leadpartner. Das Projekt zielt auf eine nachhaltige Revitalisierung von befestigtem Kulturerbe ab, indem die Koexistenz der StĂ€dte und ihrer Festungsanlagen verbessert werden soll.

In Zusammenarbeit mit weiteren interessierten europĂ€ischen Partnern und den Netzwerken EFFORTS (European Federation of Fortified Sites) und FORTE CULTURA (Kulturroute und Netzwerk Festungsmonumente) ist die Landeshauptstadt Magdeburg dabei, ein Folgeprojekt fĂŒr den nĂ€chsten Call des Interreg-Europe-Programms 2021-2027 zu entwickeln.

Die AktionsplĂ€ne aller Projektpartner wurden in einem kurzen Film zusammengefasst (siehe unten). Weitere Informationen zum Projekt gibt es zudem auf https://interregeurope.eu/rfc/.

Titelfoto: Akteur*innengruppe: Aktionsplan des europÀischen Festungsprojektes (Copyright: Raf Deroo)

Grafik: Wenn aus Mauern BrĂŒcken werden – Interreg-Europe-Projektes (Copyright: Joyce-Van-Kerckhove)