Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

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Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 11. Mai 2022

Zwei Anhörungen beschlossen
Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwoch die Durchführung von zwei öffentlichen Anhörungen beschlossen. Beide Anhörungen sollen am Montag, dem 16. Mai, stattfinden.

In der ersten Anhörung geht es um den von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiesteuerrechts zur temporären Absenkung der Energiesteuer für Kraftstoffe (20/1741). Damit soll die Belastung von Bürgern und Wirtschaft durch stark gestiegenen Kraftstoffpreise kurzfristig abgefedert werden.

Thema der zweiten Anhörung ist der von den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachte Entwurf eines ersten Gesetzes zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (20/1740), in dem es unter anderem um die Möglichkeit zur Vermögensermittlung und eine bessere Zusammenarbeit von Behörden geht. Außerdem wird in der Anhörung der Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/1726) mit dem Titel „Schnelle und durchgreifende Reaktion des Rechtsstaats auf den Angriffskrieg Russlands ermöglichen“ behandelt.

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Steuerentlastung und Energiepreispauschale beschlossen
Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat den Weg für eine umfassende steuerliche Entlastung der Bürger in diesem Jahr freigemacht. Damit sollen Belastungen durch die Inflation und Auswirkungen des Ukraine-Krieges reduziert werden. In der vom Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) geleiteten Sitzung stimmten die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für den von ihnen eingebrachten Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022 (20/1333), nachdem sie zuvor mit zwei Änderungsanträgen die Zahlung einer Energiepreispauschale von 300 Euro und eines Kinderbonus von 100 Euro in den Entwurf eingefügt hatten. Die CDU/CSU lehnte den Gesetzentwurf ab, AfD und Linksfraktion enthielten sich. Ein Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion wurde abgelehnt, ein mit dem Entwurf der Koalitionsfraktionen gleichlautender Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/1412) für erledigt erklärt.

Die per Änderungsantrag beschlossene Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro soll einmalig ab dem 1. September 2022 an Steuerpflichtige gezahlt werden. Arbeitnehmer erhalten die Pauschale über den Arbeitslohn. Bei Einkünften aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb und freiberuflicher Tätigkeit gibt es die Pauschale über eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen. Empfänger von Versorgungsbezügen (Beamtenpensionäre) sowie Rentner (falls keine Einkünfte aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder als Arbeitnehmer vorliegen) erhalten die Pauschale nicht. Auch für Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland gibt es ebenso keine Pauschale wie für beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler. Bezieher von ausschließlich sonstigen Einkünften (zum Beispiel Abgeordnete) erhalten keine Pauschale. Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig, aber sozialabgabenfrei.

Mit dem zweiten Änderungsantrag wurde zur Abfederung besonderer Härten für Familien aufgrund gestiegener Energiepreise eine Erhöhung des Kindergeldes um einen Einmalbetrag in Höhe von 100 Euro beschlossen. Der Bonus soll im Juli 2022 gezahlt und unabhängig von existenzsichernden Sozialleistungen gewährt werden. Damit werde sichergestellt, dass der Bonus bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig sei, nicht als Einkommen berücksichtigt werde, heißt es in der Begründung des Änderungsantrags.

Der Gesetzentwurf sieht vor, den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro anzuheben. Die Änderung soll rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft treten. Nach Angaben der Koalition werden dadurch alle Einkommensteuerpflichtigen entlastet, wobei die relative Entlastung für die Bezieher niedriger Einkommen höher sei. Dies sei auch aus sozialen Gesichtspunkten geboten.

Außerdem wird die bereits für die Jahre 2024 bis 2026 festgelegte Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um drei Cent auf 0,38 Euro je vollen Entfernungskilometer auf die Jahre 2022 und 2023 ausgedehnt. Die damit verbundene Entlastung werde somit vorgezogen.

Ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2022 erhöht wird der Arbeitnehmerpauschbetrag für Werbungskosten, der bisher 1.000 Euro betragen hat. Der zuletzt im Jahre 2011 erhöhte Pauschbetrag wird jetzt auf 1.200 Euro angehoben.

In der Aussprache erklärte die SPD-Fraktion, kleine und mittlere Einkommensbezieher würden besonders entlastet. Es handele sich um ein Paket, das gezielt wirke und Hilfe schaffe. Es werde sichergestellt, dass die Energiepreispauschale im September bei den Menschen ankomme, erklärte die SPD-Fraktion zu Bedenken aus der CDU/CSU-Fraktion.

Auch die CDU/CSU-Fraktion trat dafür ein, die Menschen zu entlasten. Was die Koalition vorgelegt habe, bleibe aber deutlich hinter den Zielvorgaben zurück. Wenn die Koalition betone, dass das Geld dort ankomme, wo es am nötigsten gebraucht werde, dann könne man mit Blick auf die Energiepreispauschale nur feststellen, dass die Schwächsten der Gesellschaft gar nichts bekommen würden. Auch die Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages falle zu niedrig aus.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lobte, mit dem höheren Grundfreibetrag werde bereits den Auswirkungen der kalten Progression auf sozial gerechte Weise begegnet. Die Erhöhung der Pendlerpauschale sehe man aus verteilungs- und klimapolitischer Perspektive kritisch, trage sie jedoch mit.

Die FDP-Fraktion wies darauf hin, dass die Entlastung nicht mit der Gießkanne stattfinde, sondern dort erfolge, wo sie besonders notwendig sei. Von der Anhebung des Grundfreibetrages würden alle profitieren. Bei der Energiepreispauschale sei erreicht worden, dass Arbeitgeber die Zahlung nicht vorfinanzieren müssen. Das sei in fast allen Fällen sichergestellt worden.

Die AfD-Fraktion kritisierte, dass es die Energiepreispauschale nicht für Rentner gezahlt werde. Außerdem wurde verlangt, die Pendlerpauschale bereits ab dem ersten Kilometer auf 40 Cent zu erhöhen. Die Erhöhung des Grundfreibetrages falle zu niedrig aus.

Für die Linksfraktion gehen die Maßnahmen in die richtige Richtung, aber insgesamt seien sie unzureichend und in ihrer Wirkung nicht zielgenau. Die Energiepreispauschale sei nicht nur zu niedrig, sondern schließe rund zwölf Millionen Rentner aus. Es sei zu hoffen, dass diese Regelung nicht die Blaupause für das im Koalitionsvertrag angekündigte Klimageld sei, denn dann werde die Altersarmut noch größer werden.

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Handelskrieg um Getreide vermeiden
Ernährung und Landwirtschaft/Ausschuss

Berlin: (hib/NKI) Die Bundesregierung fordert wegen der Gefahr globaler Engpässe bei Getreide im Zuge des Ukraine-Kriegs politische Anstrengungen, um drohende Hungerkrisen und politische Konflikte zu verhindern. Deutschland, die Europäische Union und die G7-Staaten müssten alles dafür tun, dass die Märkte für Agrarprodukte und Getreide weiterhin geöffnet blieben und ein Handelskrieg um Getreide vermieden werde, sagte eine Vertreterin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am Mittwochvormittag. Anlass war eine Unterrichtung zu den Auswirkungen der völkerrechtswidrigen Invasion der Ukraine durch Russland auf die Bereiche Ernährung und Landwirtschaft sowie über Möglichkeiten und Aktivitäten zur Linderung von Engpässen in der Versorgungslage.

Trotz der kriegerischen Handlungen in der Ukraine würden 75 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen bestellt, allerdings sei lediglich die Hälfte der Saat ausgebracht worden, was erhebliche Auswirkungen auf die Versorgung im Jahr 2023 habe. Derzeit befänden sich noch 20 Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Lagern. Zusammen mit dem ukrainischen Agrarministerium suche die Bundesregierung nach Wegen, das Getreide über Häfen in Rumänien und Moldau zu exportieren.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) stünde seit Ende Februar im engen Austausch mit dem Agrarministerium in Kiew. Von dort würden Bedarfe an Berlin geschickt, aber die Regierung der Ukraine leite Wunschlisten auch an die EU-Kommission, die wiederum verteilt, welches Land was liefern solle. Für diesen Freitag und Samstag hat Minister Özdemir die G7-Agrarminister nach Stuttgart eingeladen, dort soll es um Maßnahmen gehen, wie die internationalen Agrarmärkte offengehalten werden können und die internationale Zusammenarbeit gestärkt werden kann.

Fraktionsübergreifend waren sich die Abgeordneten einig, dass es nicht nur direkte Hilfen an ukrainische Landwirte geben muss, sondern auch die Agrarbetriebe in Deutschland Unterstützung brauchen.

Aktuell sollen Hilfsgelder in Höhe von insgesamt 180 Millionen Euro – 60 Millionen Euro vom Bund und 120 Millionen Euro von der EU – verteilt werden. Die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen mahnte an, die Gelder nach Kriterien der Nachhaltigkeit zu vergeben.

Die CDU/CSU-Fraktion warnte vor dem Festhalten an Beschlüssen, die von der aktuellen Lage überholt worden seien. Offenbar habe im BMEL bereits ein Umdenken eingesetzt. Um auch die Produktion von Weizen in Deutschland zu steigern, setze die Bundesregierung nun darauf, EU-Regeln zur Fruchtfolge, die eigentlich ab 2023 gelten sollten, zurückzustellen, um auch im Jahr 2023 Weizen anbauen zu können. Nach den Richtlinien der neuen europäischen Agrarpolitik wäre die Fruchtfolge Weizen auf Weizen nicht mehr zulässig.

Die Abgeordneten der FDP-Fraktion wiesen auf die Gefahr einer möglichen Hungersnot in der Ukraine hin. Nicht nur die Kriegshandlungen würden die Versorgung einschränken, sondern auch der Getreidediebstahl durch das russische Militär. Die Liberalen fordern Aufklärung darüber, wo das Getreide lande, ob es nach Russland gebracht oder auf dem Weltmarkt verkauft werde. Auch von Seiten der SPD-Fraktion wurde die Forderung gestellt, diese Fragen zu klären.

Die Oppositions-Fraktionen richteten ihren Blick auf die Lage der deutschen Landwirte. Ein Abgeordneter der AfD wollte wissen, ob die Bundesregierung Vorkehrungen für den Fall von Engpässen bei Gaslieferungen plane. Vor allem Molkereien müssten im Fall einer Verknappung oder eines massiven Preisanstiegs von Gas Molkereiprodukte vernichten, weil die Kühlketten nicht aufrechterhalten werden könnten.

Die Fraktion Die Linke erkundigte sich danach, auf welchem Weg die Landwirte die Finanzhilfen von insgesamt 180 Millionen Euro erhalten. Das Geld solle über die Krankenversicherung und über die Unfallversicherung der Landwirte bis Ende September 2022 ausgezahlt werden, so die Antwort der Bundesregierung.

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Erstattung für Lärmschutz an Umleitungsstrecken
Verkehr/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AW) Im Fall von Sperrungen von Bundesfernstraßen soll den Anwohnern an Umleitungsstrecken die Ausgaben für Schallschutzmaßnahmen an ihren Gebäuden erstattet werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (20/1737). So sollen die Auswirkungen des ansteigenden Verkehrslärms entlang von Umleitungsstrecken reduziert und die Akzeptanz in der Bevölkerung für notwendige Umleitungen erhöht werden.

Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass eine Erstattung der Ausgaben von Eigentümern von baulichen Anlagen für Schallschutzmaßnahmen möglich ist, wenn der vom Straßenverkehr entlang einer Umleitungsstrecke ausgehende Lärm um mindestens drei Dezibel ansteigt, der Beurteilungspegel von 64 Dezibel am Tag oder 54 Dezibel in der Nacht überschritten wird und die Streckenumleitung länger als zwei Jahre andauern wird.

Der Entwurf soll am Donnerstag im vereinfachten Verfahren überwiesen werden.

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Linke für bessere Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege
Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Linksfraktion fordert eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege. Neben der hohen Arbeitsbelastung seien die niedrigen Löhne in allen Bereichen der Pflege und den nichtärztlichen Gesundheitsberufen ein Problem, heißt es in einem Antrag (20/1729) der Fraktion.

Schon jetzt könnten offene Stellen in der Pflege über Monate nicht besetzt werden. Besonders auffällig sei die Lohnlücke zwischen der Langzeit- und Krankenpflege mit Blick auf die ersten generalistisch ausgebildeten Pflegefachkräfte, die 2023 ihre Ausbildung beenden. Fachkräfte in der Altenpflege würden deutlich schlechter bezahlt als ihre Kollegen in der Krankenpflege. Somit sei zu erwarten, dass sich nur noch wenige Absolventen für einen Beruf in der Langzeitpflege entschieden.

Mit dem Pflegelöhneverbesserungsgesetz sei versucht worden, per Tarifvertrag eingeführte Mindeststandards nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz über eine Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich zu erklären. Dies sei wegen der Sonderstellung der Kirchen fehlgeschlagen. Ihnen sei in letzter Konsequenz ermöglicht worden, die allgemeinverbindliche Erstreckung der Tarifnormen eines Tarifvertrags zu verhindern.

Die Abgeordneten fordern in dem Antrag, das faktische Vetorecht der kirchlichen Arbeitgeber abzuschaffen und so den Weg für die Erstreckung tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen durch Rechtsverordnung in der Pflege freizumachen. Um zu verhindern, dass steigende Personalkosten zu höheren Eigenanteilen führen, sollte ein Einstieg in die solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung vollzogen werden.

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Linke will angemessene Frist für öffentliche Anhörungen
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung/Antrag

Berlin: (hib/VOM) Die Linksfraktion will erreichen, dass eine öffentliche Anhörung im Bundestag innerhalb einer „angemessenen Frist“ stattfinden muss. In einem Antrag (20/1728) fordert sie, die Geschäftsordnung des Bundestages entsprechend zu ändern. Wenn eine Minderheit der Mitglieder eines Ausschusses die Durchführung einer öffentlichen Anhörung verlangt, sollte sie auf Verlangen dieser Minderheit „spätestens innerhalb von zehn Wochen nach der Beschlussfassung“ stattfinden müssen.