Magdeburg. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt, der Hausärzteverband Sachsen-Anhalt e. V. und Sachsen-Anhalts zweitgrößte Krankenversicherung, die IKK gesund plus, haben eine Vereinbarung zur RSV-Prophylaxe abgeschlossen.
Das Respiratorische Synzytial-Virus, kurz RSV, ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege. Besonders betroffen von RSV-Infektionen sind Säuglinge und Kleinkinder mit Vorerkrankungen oder ehemalige Frühgeborene. Übertragen werden die RS-Viren per Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Bei älteren Säuglingen und Kleinkindern ist eine RSV-Infektion die häufigste Ursache von Erkrankungen der unteren Atemwege und von damit verbundenen Krankenhauseinweisungen.
In Sachsen-Anhalt sind nach Erhebungen der IKK gesund plus unter ihren Versicherten im Jahr 2020 knapp 60 Kinder an einer RSV-Infektion erkrankt, darunter 22 Frühgeborene. 2021 mussten nach Datenstand der Krankenkasse 390 Kleinkinder mit einer solchen Infektion im Krankenhaus behandelt werden.
Hintergrund für die Vereinbarung ist der laut Medizinern zu erwartende Anstieg von RSV-Infektionen in den kommenden Monaten. Aufgrund langer Isolierungen während der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren sei mit einer „atypischen RSV-Saison“ zu rechnen, die länger und schwerer verlaufen könnte als in den Vorjahren. Zu diesem Schluss kommen die Impfexperten Dr. med. Gunther Gosch, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Neonatologie in Magdeburg, und Prof. Dr. med. Markus Rose, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Pulmologie in Stuttgart, in einer gemeinsamen Untersuchung. Demnach werden die Corona-Schutzmaßnahmen wie die Isolierung bald verstärkt zu spüren sein. Als Gründe führen sie vor allem das „mangelnde Training des Immunsystems“ in der kontaktarmen Lockdown-Zeit an.
Um schwere Verläufe gerade bei Kindern mit Risikofaktoren zu vermeiden, empfehlen die Experten eine Prophylaxe mit einem Antikörper. Damit diese vereinfacht und der Aufwand für die Ärzte abgegolten wird, übernimmt die IKK gesund plus als erste Krankenkasse bundesweit die ärztliche Vergütung für die umfangreiche Beratung und Aufklärung betroffener Angehöriger durch den Arzt sowie für die logistische Planung im Rahmen der Injektionen.
„Wir interpretieren die alte Weisheit ,Vorbeugen ist besser als heilen‘ ganz zeitgemäß“, sagt Uwe Deh, Vorstand der IKK gesund plus. „Vor allem wollen wir Risiken für unsere jüngsten Versicherten verringern, so dass Familien eine Sorge weniger haben.“
Die Antikörper werden bei der empfohlenen Prophylaxe maximal fünf Mal in einem Abstand von 28 Tagen verabreicht. Den Planungen zufolge sind die Injektionen vor allem von November bis April sinnvoll, weil in diesen Monaten die Gefahr, sich mit RSV-Erregern anzustecken und schwer zu erkranken, am höchsten ist. Bisher gibt es noch keinen Impfstoff zur aktiven Immunisierung. Aktuell wird an der Entwicklung eines langwirksamen Antikörpers gegen RSV gearbeitet.
Zur Zielgruppe der Prophylaxe gehören Kinder, die vor der 35. Schwangerschaftswoche geboren wurden und zu Beginn der „RSV-Saison“ – von November bis April – jünger als sechs Monate alt sind. Von der Prophylaxe könnten außerdem Kinder profitieren, die unter zwei Jahren alt sind und im vergangenen halben Jahr wegen einer chronischen Lungenerkrankung behandelt wurden oder angeborene Herzfehler haben.
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