Analyse bestätigt existenzbedrohende Auswirkungen der Krankenhausreform

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Die Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers gefährdet in hohem Maße die flächendeckende Gesundheitsversorgung in Deutschland und wird zu Abteilungs- und Standortschließungen vor allem in ohnehin schon schlechter versorgten Regionen führen. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung zu den Folgen der Reform, die die Vebeto GmbH vorgelegt hat. Dabei handelt es sich um einen Teil der Auswirkungsanalyse, die Minister Lauterbach bis heute schuldig geblieben ist.

Eine von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage zeigt zudem, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen in den kommenden Jahren Engpässe in der Gesundheitsversorgung in Deutschland befürchtet und nur wenig Vertrauen in das Gelingen der Reform des Bundesgesundheitsministers hat.

Besondere Verwerfungen in der regionalen Versorgung werden nach der Vebeto-Studie durch zwei Aspekte der Reform hervorgerufen:

  1. Die Mindestvorhaltezahlen, bei denen das Risiko für kleinere Kliniken besteht, dass wesentliche Teile der bisherigen Vergütung ersatzlos wegbrechen.
  2. Die Vorhaltefinanzierung, die keinerlei wirtschaftlichen Ausgleich schafft, wenn kleinere und mittelgroße Krankenhäuser Leistungsgruppen verlieren.

Maßgeblich für die drohenden Versorgungseinschränkungen sind nach der Vebeto-Studie die völlig untauglichen Vorhaltepauschalen, die eben nicht, wie es der Minister immer wieder behauptet, Krankenhäuser aus ihrer Fallzahlen-Abhängigkeit befreien und damit vor allem die Grundversorgung in ländlichen Regionen sichern. Vielmehr bestätigt die Studie, dass die von der DKG immer monierten Kollateralschäden eintreten werden: Aufgrund der Mindererlöse bei steigenden Fallzahlen im Vergleich zum heutigen Finanzierungssystem werden Versorgungskapazitäten auch dort nicht entstehen, wo Versorgung dringend gebraucht wird.

Die politisch gewollte Konzentration komplexer Behandlungsfälle in Zentren wird für diese Krankenhäuser mit erheblichen Verlusten und ungedeckten Zusatzkosten einhergehen. Die Simulation zeigt, dass etwa 50 Prozent der „umverteilten Patienten“ an Standorte verteilt werden, bei denen diese Regelung zu massiven Erlösverlusten im Vergleich zum aktuellen Finanzierungssystem führt. Die Aufnahme dieser Patienten an diesen Standorten ist ökonomisch betrachtet nachteilig für diese Krankenhäuser. Die zusätzlichen Patientinnen und Patienten, die durch die Reform in diese Häuser gesteuert werden, landen deshalb wahrscheinlich zunächst auf Wartelisten.

Die Studie zeigt ebenfalls, dass die Reform nicht die Existenz der ländlichen Krankenhäuser sichern kann, wie es Karl Lauterbach immer wieder öffentlich versprochen hat. Diese Kliniken haben im neuen Finanzierungssystem keine Chance, ihre Erlösverluste durch den politisch gewollten Wegfall einzelner komplexerer Behandlungsangebote zu kompensieren. Hier leistet die Vorhaltefinanzierung tatsächlich gerade nicht die Strukturkostenfinanzierung, die dringend erforderlich wäre, um die Standorte zu sichern. Die Folge wird sein, dass sich deren schon heute schlechte wirtschaftliche Lage nochmals dramatisch zuspitzen wird. Kleinere und mittelgroße Krankenhausstandorte werden deshalb in allen Bundesländern Einbußen zu erleiden haben, so die Ergebnisse der Analyse.

Als weiteres Problem erweisen sich nach der Studie die durch das KHVVG neu einzuführenden Mindestfallzahlen. Diese Mindestfallzahlen bei allen Leistungsgruppen werden an vielen Krankenhausstandorten dazu führen, dass die notwendige Planungssicherheit für die langfristige Etablierung von Leistungsangeboten nicht mehr gegeben ist. Gerade für Krankenhäuser in dünner besiedelten Regionen berechnet die Studie ein hohes Risiko, in einzelnen Jahren immer wieder unter die Mindestfallzahlen zu rutschen. Dies hat existenzbedrohende Auswirkungen für diese Standorte, da sie dann ganzjährig die komplette Vorhaltefinanzierung für diese Leistungsgruppen verlieren. Eine verlässliche mittel- und langfristige Personal- und Wirtschaftsplanung an diesen Standorten wird nicht mehr möglich sein. Für etwa ein Drittel der Standorte führen die Mindestvorhaltezahlen zu Erlösverlusten zwischen 3 Prozent und 30 Prozent. Für einen kleinen Teil der Standorte sogar zu mehr als 30 Prozent Erlösverlust.

Zur Analyse der Auswirkungen eines weiteren zentralen Elements der Lauterbachschen Krankenhausreform hat das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) gesonderte Abfragen in den Kliniken durchgeführt. Dabei handelt es sich um die gegenüber dem NRW-Konzept verschärften Personal- und Strukturvorgaben der neuen Leistungsgruppen. 60 Prozent der Regel- und Schwerpunktkrankenhäuser gehen davon aus, dass sie die hohen Personalvorgaben nicht erfüllen können und deshalb bisherige Behandlungsangebote nicht mehr anbieten dürfen. Bei den Grundversorgungskrankenhäusern sind es sogar mehr als 80 Prozent der Kliniken.

In der Folge werden alle diese Krankenhausstandorte massive Erlösverluste erleiden, die in keiner Weise durch die neue Vorhaltefinanzierung abgefedert werden. 99 Prozent der Grundversorgungsklinken gehen davon aus, dass die Vorhaltefinanzierung nicht ausreichen wird, um die anfallenden Kosten zu decken. Bei den Regel- und Schwerpunktkrankenhäusern sind es 97 Prozent, die entsprechend pessimistische Erwartungen haben. Klar ist deshalb, dass auch diese neuen Personalvorgaben zwingend dazu führen werden, dass kleinere und mittelgroße Klinikstandorte Leistungsangebote in der Patientenversorgung schließen müssen. Diese Schließungen kann die Landeskrankenhausplanung nicht verhindern, da es sich um bundesweite Vorgaben handelt, bei denen die Länder keinen eigenen Gestaltungsspielraum haben.

„Die Vebeto-Untersuchung und auch die DKI-Abfrage sind letzte Weckrufe an die Länder aber auch die Verantwortlichen in der SPD, die in zentralen Bereichen untaugliche Krankenhausreform am 22. November in den Vermittlungsausschuss des Bundesrats zu überweisen. Die Länder und ihre Regierungen tragen Verantwortung für die Krankenhausversorgung von mehr als 83 Millionen Menschen. Für Schließungen und immer größer werdende weiße Flecken auf der Klinik-Landkarte werden sie am Ende geradestehen müssen. Auch die derzeitige Regierungskrise darf kein Grund sein, dass die Länder nun diese in weiten Teilen untaugliche Reform durch den Bundesrat winken. Die Kollateralschäden der Reform sind vorhersehbar und dürfen bei der Entscheidung im Bundesrat nicht ignoriert werden. Wir wollen und brauchen eine Reform, aber eine richtige, die die Versorgung verbessert und nicht absehbar verschlechtert“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß (Foto).

Eine von der DKG in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage zeigt, dass sich die Menschen in Deutschland ernsthafte Sorgen um ihre Gesundheitsversorgung machen. Die überwiegende Mehrheit sorgt sich um wegbrechende medizinische Versorgung. In den ostdeutschen Flächenländern, in denen viele Menschen bereits mit Unterversorgung konfrontiert sind, ist der Anteil noch einmal höher. Konkret dazu befragt, teilen nur 15 Prozent der Menschen die Ansicht des Ministers, dass regionale Krankenhäuser ohne Versorgungseinbußen geschlossen werden könnten. Besonders gering ist dieser Anteil bei den über 65-Jährigen, hier sind nur knapp 13 Prozent dieser Ansicht.

Die Skepsis der Bevölkerung gegenüber den Ankündigungen von Karl Lauterbach ist sehr groß. Nur jeder Fünfte glaubt den Vorhersagen des Ministers, dass die Krankenhausreform den wirtschaftlichen Druck auf die Krankenhäuser verringert und zu Entbürokratisierung sowie einer besseren medizinischen Versorgung führen würde.

Besonders wichtig ist den Menschen die Erreichbarkeit eines Krankenhauses im Notfall. Mehr als die Hälfte hält eine mehr als 15-minütige Fahrzeit für nicht akzeptabel. Fahrzeiten von mehr als 30 Minuten bis zur nächsten Notaufnahme sind für nur noch rund fünf Prozent vorstellbar.

„Minister Lauterbach hat es versäumt, bei seinen Reformplänen die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen und die Realitäten der Gesundheitsversorgung in vielen Regionen zu erkennen. Die übergroße Mehrheit der Menschen steht heute den Absichten des Ministers skeptisch gegenüber. Das ist die direkte Folge des konfrontativen Ausgrenzungsprozesses, den der Minister in seiner Amtszeit praktiziert hat.

Weder die Bundesländer in ihrer Verantwortung für die Krankenhausplanung, noch diejenigen, die in der praktischen Patientenversorgung tätig sind, wurden von ihm gehört und mitgenommen. Wenn es nicht noch gelingt, im Vermittlungsausschuss zu einer gemeinsam getragenen Reform zu kommen, müssen wir damit rechnen, dass die umstrittene Krankenhausreform und die Zukunft der Gesundheitsversorgung zu einem besonderen Wahlkampfthema werden“, sagt DKG-Vorstand Gaß.

Text/Foto: DKG am 18. November 2024