(LAV, 23. November 2023). In Sachsen-Anhalt schließen am Mittwoch, den 29. November 2023, die Apotheken. Nur der Notdienst bleibt gesichert. Erneut wird sehr lautstark der Fokus auf die bedrohliche Versorgungssituation mit Arzneimitteln gerichtet. Zahlreiche Apotheker aus den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen versammeln sich darum von 14.00 – 16.00 Uhr zur zentralen Kundgebung auf dem Theaterplatz vor der Semperoper in Dresden.
„Wir sehen tagtäglich die Sorgen der Menschen. Sie stehen mit ihren Problemen und Erkrankungen bei uns in der Apotheke und suchen nach Lösungen und Hilfe. Wir müssen jetzt für eine bessere Versorgung mit Arzneimitteln protestieren. Dazu gehört ebenso ein ausreichendes Honorar für unsere Leistungen. Doch momentan lässt uns die Bundespolitik im Stich und sorgt ständig mit neuen jedoch untauglichen Scheinlösungen für eine große Unsicherheit bei den Apothekenteams und den Bürgerinnen und Bürgern. Wir in den Apotheken brauchen aber für uns und unsere Patienten Planungssicherheit und eine Perspektive“, erklärt Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt e.V. (LAV).
Das Managen der Lieferengpässe benötigt enorm viel Zeit und Personal. Beides kostet Geld, was den Apotheken zunehmend fehlt. Viele Apotheken befinden sich in einer wirtschaftlich äußerst angespannten Lage. Eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung belastet die Apotheken im Land. Enorme Steigerungen der Betriebskosten sowie die steigenden Tariflöhne der Mitarbeiter werden durch keine Honoraranpassungen ausgeglichen. „In fast allen Bereichen der Gesundheitsversorgung werden die Zahlungen an die Leistungserbringer an die gestiegenen Kosten angepasst. Nur bei den Apotheken nicht. Im Gegenteil: Wir mussten in diesem Jahr sogar eine Honorarkürzung hinnehmen. Das kann auf Dauer keine Apotheke aushalten“, erklärt der Verbandschef.
Die Leistungen und Herausforderungen des Jahres 2023 können nicht mehr mit einem Honorar aus dem Jahr 2013 bezahlt werden. „Wenn wir nicht mehr die Versorgung vor Ort übernehmen können, frage ich mich, woher Patienten bei den bestehenden Lieferengpässen ihre Arzneimittel bekommen sollen?“, so Arnold.
Mittlerweile sind viele Patienten von Lieferengpässen betroffen. Für diese Engpässe sind die Apotheken nicht verantwortlich. Das führt jedoch so weit, dass die verlässliche Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln in Deutschland teilweise destabilisiert ist und Apotheken sogar Wartelisten einführen mussten. Um Lösungen bemüht, sucht der Verband Gespräche mit der Politik, um die Situation zügig zu entschärfen und Handlungsspielräume für eine problemorientierte Versorgung zu schaffen. „Leider stellen wir fest, dass die Bundesregierung in ihren Gesetzesvorhaben die Sorgen und Probleme der öffentlichen Apotheken weitgehend übergeht und es bisher keinen nennenswerten Ausgleich der massiven Inflationskosten gibt. Wir brauchen aber dringend einen Inflationsausgleich und einen Dynamisierungsmechanismus der Honorare“, erklärt Mathias Arnold. Viele Apotheken im Land stehen wirtschaftlich auf der Kippe. Viele müssen schon am Personal sparen. Somit steigt jedoch die Belastung für das restliche Personal. „Wir brauchen Lösungen. Geschlossene Apotheken oder Abgabestellen ohne Apotheker und entsprechende Leistungen sind definitiv keine Lösung, sie verschärfen das Problem“, so Arnold.
Also gehen die Apothekenteams auf die Straße und fordern lautstark für sich und ihre Patienten ein offenes Ohr und Lösungen ein. Die Dresdener Kundgebung bildet den vorläufigen Abschluss eines ganzen Protestmonats. Über den November verteilt fanden in Deutschland in den Regionen Süd, West, Nord und Ost Kundgebungen der Apothekerschaft gegen die von Minister Lauterbach geplanten Strukturveränderungen im Apothekenwesen sowie für eine Anpassung der Honorierungssysteme an die veränderte wirtschaftliche Situation statt. Primäres Ziel ist es, auch zukünftig die flächendeckende und bürgernahe Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken in der bestehenden Struktur zu erhalten.
Am 29. November 2023 werden viele Apotheken ihre Türen verschlossen halten. „Wir empfehlen, wichtige Medikamente vorausschauend an anderen Tagen zu besorgen und Fragen an die Apothekenteams möglichst vor oder nach dem Protesttag zu klären“, bittet Mathias Arnold vorab um Verständnis für die Protestaktion. Die Notversorgung durch Notdienstapotheken am Protesttag ist gewährleistet. Diensthabende Apotheken können unter www.aponet.de/apotheke/notdienstsuche gefunden werden. Außerdem hat jede Apotheke einen Aushang im Fenster.
Text/Foto: Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt e.V. / Katrin Pohl