(Magdeburg, 09. MĂ€rz 2023). âDie aktuelle Gesetzgebung des Bundes lĂ€sst das Stimmungsbarometer bei der Apothekerschaft entweder in Richtung depressive Resignation oder ExplosivitĂ€t ausschlagen. Der Grund: Derzeit fĂŒhlen sich die Apothekerinnen und Apotheker von der Politik gerade in höchstem MaĂe missachtet und degradiert.“ Mit diesen deutlichen Worten beendete Dr. Jens-Andreas MĂŒnch, PrĂ€sident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, seine AusfĂŒhrungen zur Situation der Apotheken in Sachsen-Anhalt vor dem Ausschuss fĂŒr Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Gleich der erste Tagesordnungspunkt am 8. MĂ€rz 2023 ging auf die Situation der Apotheken in Sachsen-Anhalt ein. Nach einem GesprĂ€ch zwischen dem LAV und dem FDP-Abgeordneten Konstantin Pott hatte die FDP-Fraktion mit einem Selbstbefassungsantrag das Thema eingebracht.
Dr. MĂŒnch erlĂ€uterte in seinen Eingangsstatement, wie angespannt die wirtschaftliche und personelle Lage der Apotheken im Land ist. Allein das Managen der LieferengpĂ€sse und die damit verbundene BĂŒrokratie bindet Arbeitszeit, fĂŒr die es weder genĂŒgend Personal noch eine ausreichende Honorierung gibt. Obwohl der Apothekerberuf ein akademischer Heilberuf mit hohem Berufsethos ist, wird das aufopferungsvolle KĂŒmmern um jeden einzelnen Patienten von der Politik nicht wahrgenommen und gewĂŒrdigt. Stattdessen werden sinnvolle und bewĂ€hrte Regelungen zur vereinfachten Versorgung der Patientinnen und Patienten gestrichen und bĂŒrokratische Hemmnisse wieder eingefĂŒhrt. âAb 7. April verschlechtert sich fĂŒr die Patienten die Versorgungslage, da an diesem Tage viele Corona bedingte Sonderregeln endgĂŒltig auĂer Kraft treten. Dann muss zur Lösung vieler LieferengpĂ€sse eine ArztrĂŒcksprache erfolgen oder ein Rezept geĂ€ndert bzw. neu ausgestellt werden. Eine unzumutbare Belastung fĂŒr die Arztpraxen und fĂŒr uns Apotheken. Unsere apothekerliche Fachkompetenz wird vollkommen ignoriert und uns die Handlungsfreiheit in der Versorgung genommen“, moniert der PrĂ€sident.
âWir sehen zahllose Liefer- und VersorgungsengpĂ€sse. Allein 445 Fertigarzneimittel fehlten laut BfArM-Liste am Vorabend, angefangen von Antibiotika ĂŒber Antidiabetika bis hin zu Zytostatika. Hinzu kommen nicht verfĂŒgbare Impfstoffe und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, wie Hustenmittel und FiebersĂ€fte fĂŒr Kinder. Letztere sind gar nicht erst in der Liste aufgefĂŒhrt. Es fehlt also an allen Ecken und Enden. Und es sind zum Teil lebensnotwendige Mittel wie Insuline oder Antibiotika, die nicht verfĂŒgbar sind“, informierte Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt (LAV) die Ausschussmitglieder. Arnold verwies auf die betriebswirtschaftlich angespannte Situation der Apotheken. âDie stĂ€ndig steigenden Kosten stehen im krassen Widerspruch zu einer seit zehn Jahren nicht angepassten Honorierung der Apotheken. Wir mĂŒssen und werden das Thema in die Ăffentlichkeit und die Medien tragen und die Proteste auch eskalieren.“
Dr. Jens-Andreas MĂŒnch und Mathias Arnold stellten in dem zweistĂŒndigen FachgesprĂ€ch die gesamte Brandbreite der die Apothekerschaft belastenden Themen vor. Ob die schon genannten LieferengpĂ€sse, die ausufernde BĂŒrokratie insbesondere die PrĂ€qualifizierung und die Null-Retaxationen, der FachkrĂ€ftemangel, die schlechte Honorierung oder laufende Nachwuchskampagnen: Alle Themen stieĂen auf offene Ohren, was sich in den zahlreichen Nachfragen der Politikerinnen und Politiker Ă€uĂerte. Manche Themen wurden der ebenfalls anwesenden Gesundheitsministerin zur Weiterleitung an die Gesundheitsministerkonferenz der LĂ€nder gereicht, um dort entsprechende Lösungen zu finden. Immerhin konnte aus der Landespolitik heraus mehrfach auf die Bundespolitik eingewirkt werden. Dr. MĂŒnch verdeutlichte: âWenn die Gesellschaft nicht Gefahr laufen will, spĂ€ter vor unumkehrbaren Tatsachen zu stehen oder Fehlentwicklungen fĂŒr sehr teures Geld ausgleichen zu mĂŒssen, muss sie jetzt gegensteuern.“
Die Mitglieder des Gesundheitsausschusses nahmen die dargestellten Probleme und Sichtweisen der Apothekerschaft sehr ernst und bedankten sich fĂŒr die ausfĂŒhrliche Darstellung. Die beiden Standesvertreter verabschiedeten sich mit der ausdrĂŒcklichen Einladung an die Abgeordneten, sich in einer Apotheke vor Ort ĂŒber das umfangreiche Leistungsspektrum einer Apotheke zu informieren. Bei einem Blick hinter die Kulissen lieĂe sich viel besser verstehen, was die Mitarbeitenden tagtĂ€glich fĂŒr ihre Patienten leisten und mit welchen HĂŒrden sie zu kĂ€mpfen haben.
Foto: Dr. Jens-Andreas MĂŒnch (l.) und Mathias Arnold vor dem Magdeburger Landtag
(c) Katrin Pohl