ARD Story am Montag: Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke (Das Erste 22:50 – 23:35 Uhr)

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Es ist der Moment, an dem eigentlich alles klar ist. Drei Tage nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern, am 8. Oktober, im BĂŒro von Sahra Wagenknecht: BehĂ€lt sie ihr Mandat, wenn sie eine neue Partei grĂŒndet? „NatĂŒrlich“, sagt sie auf die Frage von ARD-Filmemacherin Birgit WĂ€rnke. Viele hĂ€tten Die Linke ja ihretwegen gewĂ€hlt. „Deswegen finde ich, dass ich auch alles moralische Recht habe, mein Mandat mitzunehmen. Also ich meine, ich bin Bundestagsabgeordnete, ich bin gewĂ€hlt und selbstverstĂ€ndlich gebe ich das nicht zurĂŒck.“ Auf den Einwand, dass dann die Fraktion zerbreche, endet sie mit den Worten: „Vermutlich“. Dann gebe es verschiedene Gruppen. „Aber das ist dann nicht mehr mein Ding“.  

Birgit WĂ€rnke hat fĂŒr die „ARD Story: Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke“, eine Koproduktion von NDR und rbb, verschiedene Politikerinnen und Politiker der Partei knapp ein Jahr lang begleitet. Auf der einen Seite Sahra Wagenknecht (und auch ihren Ehemann und MitgrĂŒnder der Partei Oskar Lafontaine), auf der anderen ihre erbitterten Gegnerinnen und Gegner – Vertreter der sogenannten Progressiven Linken, etwa die ehemalige Sozialsenatorin aus Berlin Elke Breitenbach und ihren Ehemann, den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Thomas Nord. Außerdem die Parteivorsitzende Janine Wissler sowie Gregor Gysi, der versucht hat, den Streit zu schlichten. Aus aktuellem Anlass hat das Erste den Sendetermin um zwei Tage vorgezogen und zeigt den Film jetzt am Montag, 23. Oktober, um 22.50 Uhr. Bereits ab Samstag, 21. Oktober, ist er in der ARD Mediathek zu sehen.

Chronik des Auseinanderfallens einer Partei

Es ist ein toxischer Konflikt, der Die Linke seit Monaten quĂ€lt und der am kommenden Montag (23. Oktober) mit der Pressekonferenz von Sahra Wagenknecht in eine wohl finale Eskalationsstufe geht: In der Bundespressekonferenz wird sie einen Verein zur NeugrĂŒndung einer Partei vorstellen – mit dem eindeutigen Titel BSW – BĂŒndnis Sahra Wagenknecht. WĂ€rnke zeichnet das Bild eines tiefen ZerwĂŒrfnisses und unĂŒberbrĂŒckbarer GegensĂ€tze, die selbst Urgestein Gregor Gysi nicht mehr kitten kann. Die Doku „ARD-Story: Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke” ist eine Chronik des Auseinanderfallens einer Partei.  

Elke Breitenbach und Thomas Nord hatten schon im vergangenen Jahr das Netzwerk Progressiver Linker gegrĂŒndet. Auf diesem GrĂŒndungstreffen im Dezember forderten mehr als 100 Genossinnen und Genossen, dass Sahra Wagenknecht keine öffentliche Funktion fĂŒr die Partei mehr ausĂŒben solle, weil sie nicht mehr die Grundwerte und BeschlĂŒsse der Partei vertrete.  

Sahra Wagenknecht und ihre UnterstĂŒtzerinnen und UnterstĂŒtzer kritisieren hingegen genau solche „progressiven“ Genossinnen und Genossen in ihrer Partei heftig, etwa als „Lifestyle-Linke“ und „Linksliberale“, die sich vor allem um Großstadtprobleme wie Genderfragen und Bioprodukte kĂŒmmern, aber die eigentlichen Interessen der Arbeiter, das Kernklientel der Linken, nicht mehr im Blick hĂ€tten. Das sei das Hauptproblem der Linken, so der ehemalige Parteivorsitzende und Ehemann von Sahra Wagenknecht Oskar Lafontaine. Lafontaine ist 2022 aus der Linken ausgetreten und attestiert seiner ehemaligen Partei und dem Vorstand, eine „falsche Politik“ zu betreiben. Lafontaine sieht wie Sahra Wagenknecht eine Leerstelle im politischen System, die Die Linke nicht mehr ausfĂŒlle.  

FĂŒr das Polit-Ehepaar Wagenknecht/Lafontaine ist klar: Die schlechten Wahlergebnisse, der Mitgliederschwund und die miesen Umfragewerte der Partei sind Ausdruck des Versagens des Parteivorstandes und einer falschen Zielsetzung. FĂŒr Elke Breitenbach und Thomas Nord sind sie dagegen Ausdruck der andauernden innerparteilichen Querelen, des nicht erkennbaren Profils der Partei und der stĂ€ndigen Drohung Wagenknechts, eine Konkurrenzpartei grĂŒnden zu wollen.  

Diese Drohung, so sieht es aus, wird Sahra Wagenknecht nun in die Tat umsetzen. Der zerstörerische Streit wird damit aber sicher noch nicht zu Ende sein. Im Gegenteil.

Text/Foto: ARD

Doku: 45 Min.