Magdeburg. Die Universität Magdeburg ehrt jedes Jahr ihre klügsten Köpfe. Die Medizinerin Dr. med. Marie Wölfer wurde Ende 2022 für ihre Doktorarbeit zur Untersuchung der Wirkung von Ketamin als Antidepressivum mit dem Promotionspreis der Medizinischen Fakultät Magdeburg ausgezeichnet.
Die Medizinische Fakultät Magdeburg würdigt, ebenso wie die weiteren acht Fakultäten der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, jedes Jahr die herausragende Doktorarbeit eines Nachwuchswissenschaftlers oder einer Nachwuchswissenschaftlerin mit dem Promotionspreis. Für das Jahr 2022 wurde Dr. med. Marie Wölfer ausgezeichnet. Sie erhält den Preis für ihre Dissertation zur Untersuchung der antidepressiven Wirkmechanismen von Ketamin mittels funktioneller Magnetresonanztomographie und deren Zusammenhang mit der veränderten Konzentration von bestimmten Botenstoffen in Gehirnregionen, die besondere Bedeutung bei Depressionen haben.
Dr. Wölfer ist derzeit als Assistenzärztin in der Universitätskinderklinik tätig. Ihr Medizinstudium hat sie in Magdeburg absolviert. Schon während des Studiums hat Dr. Wölfer ihre experimentelle Doktorarbeit im Clinical Affective Neuroimaging Laboratory (CANLAB) Magdeburg unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Walter und in Kooperation mit dem Institut für Physiologie unter der Leitung von Prof. Dr. Volkmar Leßmann begonnen. Der Promotionspreis der Fakultät ist mit 1.500 Euro dotiert. Die Preisübergabe erfolgte durch die Dekanin der Medizinischen Fakultät Prof. Dr. Daniela C. Dieterich Ende November 2022 im Rahmen des Akademischen Festaktes der Universität Magdeburg.
„Die Förderung junger Talente an unserer Fakultät ist uns ein besonderes Anliegen. Wir freuen uns, Frau Dr. Wölfer mit dem Promotionspreis für ihre hervorragende Leistung zu ehren und sie auf ihrem weiteren Weg damit unterstützen zu können. Auch weiterhin werden wir uns mit ganzer Kraft dafür einsetzen, für unseren wissenschaftlichen Nachwuchs beste Voraussetzungen zu schaffen“, betonte Dekanin Prof. Dr. Dieterich.
Nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums hat Dr. Wölfer zunächst weiter an der Medizinischen Fakultät Magdeburg geforscht, um im Anschluss für zweieinhalb Jahre am Department of Biomedical Engineering am New Jersey Institute of Technology (NJIT) in den USA zu arbeiten. Sie erhielt bereits das Promotionsstipendium der Medizinischen Fakultät Magdeburg als auch ein Auslandsforschungsstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). „Nun auch mit dem Promotionspreis gewürdigt zu werden, ist etwas Besonderes für mich. Ich danke ausdrücklich allen Personen, die mir während meiner Promotion zur Seite standen und der Fakultät. Mein großer Dank gilt außerdem den Probandinnen und Probanden unserer Studie für ihre Teilnahme“, sagt Dr. Wölfer.
Das Thema ihrer Arbeit ist von hoher klinischer Relevanz. Weltweit leiden etwa 264 Millionen Menschen an einer Depression. Die bisherige antidepressive Pharmakotherapie zeigt eine Wirkverzögerung von bis zu mehreren Wochen und etwa 30 Prozent der depressiven Patientinnen und Patienten sprechen nicht auf eine adäquate Therapie an und gelten somit als therapieresistent. „In den vergangenen Jahren erhielt die Behandlung mit Ketamin-Infusionen in niedrigen sogenannten subanästhetischen Dosen aufgrund seiner innerhalb von Stunden einsetzenden antidepressiven Effekte große Aufmerksamkeit. Dabei sind die antidepressiven Wirkmechanismen von Ketamin bisher kaum verstanden,“ erklärt Dr. Wölfer und weist gleichzeitig darauf hin, dass das Krankheitsbild der Depression sehr vielschichtig sei. „Es umfasst neben fehlerhaften Verknüpfungen von Gehirnnetzwerken auch Fehlregulationen von Botenstoffen im Gehirn – den sogenannten Neurotransmittern. Auch die Fähigkeit des Gehirns, sich anzupassen und neue Synapsen und Netzwerke zu bilden – die synaptische Plastizität – ist stark eingeschränkt.“
Mit Hilfe des Bildgebungsverfahrens der ultrahochauflösenden 7-Tesla Magnetresonanztomographie untersuchte Dr. Wölfer die betreffenden Gehirnstrukturen und Netzwerke und wie sich ihre Verbindungen nach Ketamingabe änderten sowie deren Assoziation zu peripheren Markern der Neuroplastizität und Inflammation. „Wir konnten in der Arbeit zeigen, dass Ketamin die Konnektivität von resting state Gehirnnetzwerken entscheidend ändern kann. Dies sind Netzwerke, die hauptsächlich in Ruhe aktiv sind, d.h. wenn sich unsere Gedanken ungehindert entfalten können. Gerade depressive Patienten zeigen eine negative Verzerrung ihrer Gedanken. Wir konnten zudem zeigen, dass die veränderten Verbindungen der Gehirnregionen im Zusammenhang mit Veränderungen des glutamatergen Systems stehen. Darüber hinaus fanden wir eine Assoziation zur peripheren brain-derived neurotrophic factor (BDNF)-Konzentration, einem wichtigen Protein der synaptischen Plastizität. Die Erforschung des antidepressiven Wirkmechanismus von Ketamin ermöglicht den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern das Krankheitsbild der Depression besser zu verstehen und die Therapie künftig weiter zu verbessern.
„Besonders spannend fand ich während meiner Promotion die Verknüpfung von unterschiedlichen Methoden und Fachdisziplinen. Ich erhielt dabei eine sehr gute Unterstützung durch meinen Betreuer und die Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Arbeitsgruppe und der Kollaborationen, die letztendlich dazu führten, dass ich die Forschungsthemen in den USA weiterbearbeiten konnte.“
Foto: Portrait Dr. med. Marie Wölfer (c) Fotografin: Jana Dünnhaupt/Universität Magdeburg