Blick auf die DDR-Literatur und -Kultur der 80er Jahre
Magdeburg. Aus westlicher Sicht hat vor allem die Friedliche Revolution 1989 die DDR zu einer demokratischen Gesellschaft mit Freiheitsrechten gewandelt, die dann im vereinten Deutschland aufging. Einen deutlich anderen Akzent setzt dagegen der Berliner Autor Gunnar Decker in seinem aktuellen Buch „Zwischen den Zeiten. Die späten Jahre der DDR“, das er heute am Donnerstag, 7. April, um 17:00 Uhr in der Stadtbibliothek vorstellt.
Bewusst geht Decker in der kenntnisreich und elegant geschriebenen Darstellung von seinen persönlichen Erinnerungen als damaliger Student an der Berliner Humboldt-Universität aus. Die Spätphase der DDR beginnt für ihn mit der Biermann-Ausbürgerung 1976 und endet im Herbst 1989. Entfaltet wird eine Kulturgeschichte dieser zunächst durch eine gewisse Melancholie geprägten Phase, deren Stillstand 1985 in Hoffnung und Euphorie umschlägt, als Michail Gorbatschow die Führung der Sowjetunion übernimmt. Spätestens jetzt kommt lange vor den Wendejahren laut Decker bei vielen Schriftstellern, Künstlern, Theater- und Filmleuten ein Emanzipationsprozess in Gang, der enger auf die sozialistische Idee Bezug nimmt, als es später bei Oppositionsgruppen aus der Ökologie- und Friedensbewegung der Fall ist.
In seiner literarischen Gesamtschau verfolgt Decker den nicht widerspruchsfreien Weg und das Schaffen von namhaften Autor*innen wie Stefan Heym, Franz Fühmann oder Christa Wolf, den Dialog mit sowjetischen Autoren wie Michail Bulgakow oder Tschingis Aitmatow und führt die Linie fort bis hin zum radikalen Reformprogramm Rudolf Bahros in „Die Alternative“. Er plädiert dafür, sich in ostdeutscher Perspektive den vergessenen Teil der Kulturgeschichte der späten DDR in all seinen Widersprüchen wieder selbstbewusst anzueignen.
Alle interessierten Gäste sind herzlich zur Lesung von Gunnar Decker aus seinem Buch „Zwischen den Zeiten“ am 7. April um 17:00 Uhr in der Zentralbibliothek der Stadtbibliothek, Breiter Weg 109 willkommen, die vom Kulturforum der Rosa-Luxemburg Stiftung und ihrer sachsen-anhaltischen Außenstelle ausgerichtet wird. Es moderiert Ulrike Hempel, die die Publikationen der Stiftung betreut. Der Eintritt ist frei.