Magdeburg, 08. Juli 2023 â Bei Kindern in Sachsen-Anhalt zeigen sich immer hĂ€ufiger Störungen beim Spracherwerb sowie Defizite bei der motorischen Koordination. Das belegen Daten im aktuellen BARMER Kinderatlas. Demnach wurde bei 12,6 Prozent der Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren im Jahr 2021 eine sogenannte Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache diagnostiziert. Das entspricht 16.300 MĂ€dchen und Jungen im Land. Vor 15 Jahren waren mit 7.800 der Sechs- bis ZwölfjĂ€hrigen nur etwa halb so viele Heranwachsende von einer Sprachstörung betroffen.
âDie Zahl der Kinder mit Defiziten beim Sprechen liegt auf einem hohen Niveau. Störungen beim Spracherwerb gehören mit zu den hĂ€ufigsten Diagnosen bei Heranwachsendenâ, sagt Axel Wiedemann (Foto), LandesgeschĂ€ftsfĂŒhrer der BARMER in Sachsen-Anhalt. Zu den Sprech- und Sprachstörungen zĂ€hlten etwa ein begrenztes Vokabular, Schwierigkeiten in der Satzbildung und bei der Grammatik sowie Probleme in der AusdrucksfĂ€higkeit und bei der Lautbildung. Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache zögen oft sekundĂ€re Folgen nach sich, wie Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben, Störungen im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen, im emotionalen und Verhaltensbereich. âKinder erlernen Sprache durch Nachahmen. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern viel mit ihrem Kind kommunizieren und den Medienkonsum begrenzenâ, empfiehlt Wiedemann.
Weder Hampelmann noch Purzelbaum
Auch der Anteil an Kindern mit motorischen Entwicklungsstörungen hat laut Auswertung im BARMER Kinderatlas deutlich zugenommen. WĂ€hrend im Jahr 2006 noch bei rund 1.100 der Sechs- bis ZwölfjĂ€hrigen in Sachsen-Anhalt Defizite in der motorischen Koordination festgestellt wurden, waren es im Jahr 2021 mit rund 4.800 Kindern mehr als viermal so viele. Die Diagnoserate liegt in der Altersgruppe bei 7,2 Prozent. Zu den Ursachen fĂŒr den Anstieg der motorischen Entwicklungsstörungen zĂ€hlt auch der zunehmende Bewegungsmangel unter Heranwachsenden. âViele Kinder können heute weder Hampelmann noch Purzelbaum. Dabei sind gut entwickelte, motorisch koordinative FĂ€higkeiten wichtig fĂŒr Schule und Alltagâ, sagt Axel Wiedemann. Eltern sollten deshalb ihre Kinder schon von klein auf zu vielfĂ€ltigen fein- und grobmotorischen BewegungsablĂ€ufen motivieren. Sollte auffallen, dass Kinder schlecht das Gleichgewicht halten, oft Sachen fallen lassen oder im Vergleich zu Gleichaltrigen tollpatschig wirken, könnten Eltern das GesprĂ€ch mit der KinderĂ€rztin oder dem Kinderarzt suchen.
Kontinuierlicher AufwÀrtstrend bei Entwicklungsstörungen
Inwieweit die Corona-Pandemie Defizite beim Spracherwerb und der motorischen Koordination verstĂ€rkt hat, ist derzeit noch nicht absehbar. So ist die Zahl der Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen vom Jahr 2019 zum Jahr 2021 um rund 4,6 Prozent angestiegen. Bei den motorischen Störungen fiel das Plus mit rund elf Prozent höher aus. âWir sehen in den Daten einen kontinuierlichen AufwĂ€rtstrend bei den umschriebenen Entwicklungsstörungen. Es ist wichtig, dass wir jetzt ein besonderes Augenmerk auf die gesunde Entwicklung aller Kinder legenâ, sagt BARMER-Landeschef Wiedemann. Die qualitativ hochwertige medizinische Versorgung von Heranwachsenden stehe deshalb auch im Fokus des BARMER Kinder- und Jugendprogramms. Teilnehmende Familien profitierten unter anderem von zusĂ€tzlichen FrĂŒherkennungsuntersuchungen, konkreten Terminen beim Arztbesuch sowie einer Beratung der Eltern zu vielen Gesundheitsthemen.
Kinder in Sachsen stĂ€rker betroffen als in Sachsen-Anhalt und ThĂŒringen
Im Vergleich der drei mitteldeutschen BundeslĂ€nder fĂ€llt auf, dass in Sachsen der Anteil der von sprachlichen und motorischen Entwicklungsstörungen betroffenen Kinder am höchsten ist. Laut BARMER Kinderatlas wurden im Jahr 2021 in Sachsen bei 14,1 Prozent der Kinder Sprachstörungen diagnostiziert. In ThĂŒringen lag der Anteil bei 12,8 Prozent, in Sachsen-Anhalt bei 12,6 Prozent. Probleme mit der motorischen Koordination hatten in Sachsen 5,4 Prozent der 6- bis 12-JĂ€hrigen, in Sachsen-Anhalt 5,2 Prozent und in ThĂŒringen 4,6 Prozent.
Datenquelle: BARMER Kinderatlas
Es wurden BARMER-Daten von Kindern bis 14 Jahren fĂŒr den Zeitraum 2005 bis 2021 ausgewertet, standardisiert und hochgerechnet auf die Bevölkerung in den einzelnen BundeslĂ€ndern: Kinderatlas â Ambulante Diagnosen ICD-3-Steller â bifg
Foto © BARMER/Viktoria KĂŒhne