Magdeburg, 1. Dezember 2022 – Hunderte Patientinnen und Patienten in Sachsen-Anhalt könnten von mehr Qualität bei Hüft- und Knie-Operationen profitieren und vor Gelegenheitschirurgie bewahrt werden. Dafür müssten sie nur geringfügig längere Fahrzeiten zur Klinik in Kauf nehmen. Das geht aus dem aktuellen Krankenhausreport der BARMER hervor. Darin wurde für circa fünf Prozent der Hüft- und Knieoperationen in Sachsen-Anhalt geprüft, ob sie sich von Standorten mit geringen Fallzahlen an Kliniken mit höheren Fallzahlen verlagern lassen. Dort haben die Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal in der Regel eine höhere Expertise.
Bereits bei diesem niedrigen Schwellenwert könnten in Sachsen-Anhalt pro Jahr mehrere hundert der insgesamt 14.569 Hüft- und Knie-OPs an anderen Standorten durchgeführt werden, ohne dass sich die Fahrzeit für die Patienten deutlich verlängert. „Durch die konsequente Verlagerung von Operationen in Kliniken mit mehr Erfahrung und besserer Ausstattung können die Behandlungsqualität und die Patientensicherheit deutlich erhöht werden. Diese Potenziale gilt es im Sinne der Patienten konsequent zu heben“, sagt Axel Wiedemann (Foto), Landesgeschäftsführer der BARMER in Sachsen-Anhalt.
Kliniken mit viel Erfahrung in 40 Minuten erreichbar
Immer noch gebe es in Sachsen-Anhalt Kliniken, die in einzelnen Leistungssegmenten nur sehr wenige Behandlungen pro Jahr durchführten. Exemplarisch habe der Krankenhausreport den Bereich der Endoprothetik und Osteosynthese an Knie und Hüfte analysiert. Für die Berechnungen seien Eingriffe hypothetisch aus den Krankenhäusern mit wenigen Fallzahlen in solche mit höheren Fallzahlen verlagert worden. Im Anschluss hätten die Autoren des Reports die Fahrzeiten der Patienten bestimmt. Von den insgesamt 36 Standorten in Sachsen-Anhalt führten sieben Standorte weniger als 187 Eingriffe pro Jahr durch. Damit befänden sie sich unterhalb des für die Simulation festgelegten Schwellenwerts.
Die Eingriffe von drei der sieben Standorte ließen sich laut den Ergebnissen des Krankenhausreports verlagern, ohne dass maßgeblich längere Anfahrtswege entstünden. Das Verlagerungspotential für den Bereich der Endoprothetik und Osteosynthese an Knie und Hüfte läge damit in Sachsen-Anhalt bei 43 Prozent. „Wo immer eine Verlagerung von Operationen möglich ist, sollte sie erfolgen. Sie hat nur einen geringfügigen Einfluss auf die Fahrzeiten. Dem stehen erwartbare Qualitätssteigerungen in der Behandlung gegenüber“, so Wiedemann. Die Berechnungen hätten berücksichtigt, dass sich die Fahrzeit für niemanden auf über 40 Minuten erhöht.
Zertifizierung als Qualitätsmerkmal
Patienten könnten sich auf verschiedenen Plattformen im Internet über die Fallzahlen einzelner Krankenhäuser informieren. „Bei planbaren Operationen kann auch eine Zertifizierung von Kliniken eine gute Orientierung für die Patientinnen und Patienten bieten“, sagt Dr. Ulf Pommrich, Leitender Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Pfeiffersche Stiftungen in Magdeburg. Einige Zertifizierungen, die von medizinischen Fachgesellschaften vergeben werden, machten etwa Vorgaben zu Mindestfallzahlen je Klinik und Operateur. Das Klinikum Pfeiffersche Stiftungen ist beispielsweise zertifiziertes Endoprothetik-Zentrum der Maximalversorgung. „Das Bewusstsein für Qualitätsunterschiede zwischen Krankenhäusern sollte die Krankenhauswahl stärker beeinflussen. Für eine bessere Qualität lohnt sich ein längerer Anfahrtsweg durchaus“, so Pommrich.
Foto © BARMER/Viktoria Kühne