Baugewerbe-Verband Sachsen-Anhalt: „Bauen ist von der Politik aktuell nicht gewĂŒnscht“

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Magdeburg. In aktuellen PressegesprÀchen reden die Vertreter des Baugewerbe-Verbandes Sachsen-Anhalt Klartext. Und stellen klare Forderungen in Richtung Bund.

Steigende Zinsen, explodierende Baukosten und Förderprogramme, die komplett am Ziel vorbeischießen. „Bauen ist von der Politik aktuell nicht gewĂŒnscht“, bringt es Peter Nitschke, PrĂ€sident des Baugewerbe-Verbandes auf den Punkt. „Zudem kann es sich aktuell kaum jemand leisten. Das mĂŒssen wir schnellstmöglich wieder Ă€ndern.“

Ein Grund, warum die Kosten so immens gestiegen sind, sind die Erzeugerpreise. Noch im Jahr 2020 waren die Preise fĂŒr Erdölprodukte, Stahl, Holz oder Kunststoffe einigermaßen stabil. Danach setzte ein konstanter Anstieg ein, der im Sommer 2022 seinen absoluten Höchststand erreichte. Mittlerweile fallen die Preise wieder ein wenig, liegen aber immer noch auf den einstigen Rekordwerten von 2021.

Preise fĂŒr mineralische Baustoffe explodieren weiter

Noch dĂŒsterer sieht es bei den mineralischen Baustoffen aus, die in immer neuere Rekordhöhen schießen. Der Zugang zu Sand und Kies wird weiter verknappt“, warnt Thomas Kowalski, VizeprĂ€sident des Baugewerbe-Verbandes. „Somit wird das Material noch deutlich teurer werden.“

Ein weiterer Faktor, der den Preisanstieg befeuert, sind die stÀndig steigenden Zinsen. Die Zeiten, in denen Baudarlehen mit einem Prozent verzinst waren, sind vorbei. Mittlerweile pendeln sich die Bauzinsen zwischen drei und vier Prozent ein.

Hohe Baupreise, schlechte Förderprogramme

Um hier effektiv gegenzusteuern muss der Bund eine verlÀssliche Förderkulisse schaffen. Der Wegfall der KfW-Kredite und das monatelange Hickhack um die Heizung der Zukunft haben das Vertrauen in die VerlÀsslichkeit und Planbarkeit von staatlichen Förderprogrammen mÀchtig schrumpfen lassen.

„Hier muss die Bundesregierung verlorenes Vertrauen wieder gut machen, anstatt unentwegt ĂŒber Fördertöpfe zu streiten“, fordert Giso Töpfer, HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer des Baugewerbe-Verbandes. Ebenso muss ĂŒber die Herabsenkung der Förderstandards nachgedacht werden. Zuletzt wurden Förderprogramme mit dem KfW-40+-Standard aufgelegt, der das Bauen noch viel teurer macht und letztlich zu einem Zielkonflikt zwischen bezahlbaren Wohnraum und Umweltschutz fĂŒhrt.

Zahl der BauantrÀge bricht ein

Die hohen Baukosten haben mittlerweile auch direkte Auswirkungen auf die Bauwirtschaft. „Seit Juni 2022 beobachten wir vermehrt AuftragsrĂŒckgĂ€nge in diversen Bausparten, die sich ungebrochen im 1. Quartal 2023 fortgesetzt haben“, macht PrĂ€sident Nitschke klar. Im Wohnungsbau ist der Trend sogar schon seit April festzustellen. Immer mehr Wohnungsunternehmen und Wohnungsbaugenossenschaften haben sich bereits aus dem NeubaugeschĂ€ft zurĂŒckgezogen. Die Zahl der erteilten Baugenehmigungen ist im ersten Quartal 2023 um satte 50 Prozent eingebrochen. Tendenz weiter fallend.

Immerhin konnten die BeschĂ€ftigungszahlen im Bauhauptgewerbe mit – 1,4 Prozent bis dato. nahezu konstant gehalten werden.

Unternehmer (noch) mit breiter Brust

„Trotz aller Krisen ducken sich unsere Unternehmen nicht weg, sondern versuchen sogar noch Personal aufzubauen. Im letzten Jahr hat das Baugewerbe bundesweit die Anzahl seiner BeschĂ€ftigten um vier Prozent gesteigert“, betont Nitschke. „Damit tragen unsere Unternehmen den wichtigen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen Verantwortung. Denn nur ein stark aufgestelltes Baugewerbe kann den bestehenden Wohnraummangel beheben und die ambitionierten Klimaziele im GebĂ€udesektor auch praktisch umsetzen.“

Allerdings kann die Bauwirtschaft dieses Versprechen in die Zukunft nicht unbegrenzt aufrechterhalten. Erst recht nicht, wenn sich die Rahmenbedingen fĂŒr das ganze Bauwesen konstant verschlechtern. Um genau diesen Trend zu stoppen, hat das Baugewerbe klare Forderungen an Bund formuliert.

Die Forderungen an den Bund:

● Definition eines Abfallendes fĂŒr Bodenaushub:

– JĂ€hrlich fallen auf deutschen Baustellen 130 Mio. Tonnen unbelasteter Bodenaushub an, der rechtlich als Bauabfall behandelt werden muss. Das sind 30% des bundesdeutschen Abfallaufkommens. Die Beprobung, Lagerung, der Transport und Entsorgung als Abfall verschlingen unfassbares Geld und ĂŒberfĂŒllen den viel zu knappen Deponieplatz.

● Produktstatus fĂŒr RC-Material:

– RC-Baustoffe, die aus/mit mineralischen Ersatzbaustoffen hergestellt wurden, besitzen vielfach keinen Produktstatus.

– Ihr Abfallende kann nur aufwendig, umstĂ€ndlich und nicht rechtsverbindlich aus dem Bundeskreislaufwirtschaftsgesetz §5 hergeleitet werden. In der Praxis kommt das gĂŒnstigere RC-Material daher viel zu selten zum Einsatz.

● Mehr BĂŒrokratieabbau in der Baugenehmigung und BauausfĂŒhrung

● Herabsenkung des KfW-40+- Förderstandards:

– Seit der EinfĂŒhrung des Energieeffizienzhauses wurde der gesetzliche Förderstandard schrittweise auf KfW40+ angehoben, angefangen bei KfW 85, 70, 55, 40, zuletzt der 40+ Standard.

– Dabei ergeben sich zwischen jedem KfW-Schritt KostensprĂŒnge von teils mehreren 10.000 Euro. Dieser hohe Standard rechnet sich weder fĂŒr selbstgenutztes Wohneigentum noch fĂŒr den institutionellen Wohnungsbau.

– Mit einem immer höher angesetzten KfW-Standard schafft die Bundesregierung einen Zielkonflikt zwischen bezahlbaren Wohnraum und Umweltschutz. Das muss aufhören.

● Eine verlĂ€ssliche Förderkulisse:

– Nach dem KfW-Debakel Anfang 2022 und dem monatelangen Heizungsstreit ist das Vertrauen in die VerlĂ€sslichkeit und Planbarkeit von staatlichen Förderprogrammen massiv geschwunden.

– Hier muss die Bundesregierung verlorenes Vertrauen wieder gut machen, anstatt unentwegt ĂŒber Fördertöpfe zu streiten.

● Sonderabschreibung auf 3% erhöhen

– Gerade die Erfahrungen mit der Finanzkrise 2008 und den darauffolgenden Konjunkturprogrammen haben gezeigt, dass die EinfĂŒhrung einer Sonderabschreibung die NeubautĂ€tigkeit stark ankurbeln kann.

– Die Politik sollte von diesem wichtigen Werkzeug Gebrauch machen.

● FachkrĂ€fteeinwanderungsgesetz:

– Der FachkrĂ€ftemangel bedroht das Baugewerbe im besonderen Maße.

– Bereits jetzt fĂŒhren Bauberufe die Liste der Berufe mit den grĂ¶ĂŸten personellen EngpĂ€ssen an.

– Das Baugewerbe ist dabei sehr wohl in der Lage, auslĂ€ndische FachkrĂ€fte aufzunehmen und Auszubildende aus Drittstaaten auszubilden und zu integrieren. In den letzten Jahren hat das Baugewerbe im VerhĂ€ltnis zu seiner GrĂ¶ĂŸe ĂŒberproportional viele Menschen mit Migrationshintergrund aufgenommen.

– Jedoch erschweren bĂŒrokratische HĂŒrden, enorm lange Visa-Verfahren und eine langwierige Anerkennung von Qualifikationen die Aufnahme weiterer auslĂ€ndischer ArbeitskrĂ€fte.

● VergĂŒnstigter Mehrwertsteuersatz fĂŒr nachhaltige Bauprodukte:

– Nahezu jede Regierung auf Landes- und Bundesebene setzt sich das Ziel umweltfreundliches, nachhaltiges Bauen zu stĂ€rken.

– Wir sehen in einer Mehrwertsteuersenkung fĂŒr nachhaltige Bauprodukte ein entscheidendes Werkzeug, um nahhaltiges Bauen zu fördern und das Bauen insgesamt zu vergĂŒnstigen.

● Maklerprovision festsetzen:

– Die Maklerprovision ist im § 652 des BGB geregelt und muss seit 2020 zu gleichen Teilen von KĂ€ufer und VerkĂ€ufer getragen werden.

– Die Höhe der Provision darf bei jeder Beauftragung frei verhandelt werden. In der RealitĂ€t haben sich hierbei allerdings feste SĂ€tze etabliert. Mit Blick auf die starken PreissprĂŒnge der letzten Jahre sollte die Bundesregierung darĂŒber nachdenken, die Maklercourtage mit HöchstsĂ€tzen zu deckeln. Da hier die Kaufnebenkosten weiter nach oben getrieben werden. 

Quelle: Baugewerbe-Verband Sachsen-Anhalt

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