BEBEN IN BERLIN: Putsch in der Partei? SPD wendet sich von Kanzler Scholz ab und Pistorius zu

Veröffentlicht in: NACHRICHTEN | 0

Die Frage der Kanzlerkandidatur ist in der SPD noch nicht zugunsten von Bundeskanzler Olaf Scholz entschieden. Vor allem aus dem mitgliederstĂ€rksten Landesverband Nordrhein-Westfalen meldeten sich einflussreiche Sozialdemokraten in diese Richtung zu Wort. UnterstĂŒtzung erhĂ€lt Scholz aus der ParteifĂŒhrung und von Kabinettsmitgliedern der SPD. Deutlich beliebter in Umfragen ist Verteidigungsminister Boris Pistorius. Dieser schließt eine Kanzlerkandidatur grundsĂ€tzlich nicht aus, betont aber die LoyalitĂ€t zu Scholz und erklĂ€rt, dass das Kanzleramt nicht seiner Lebensplanung entspreche.

Die SPD liegt in Umfragen bei 15 bis 16 Prozent, die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist mindestens doppelt so stark. Zugleich gehört Pistorius im Gegensatz zu Scholz zu den beliebtesten Politikern in Deutschland. Eine neue Umfrage untermauert dies. Im Politikerranking, das vom Insa-Institut fĂŒr die «Bild» wöchentlich erstellt wird, steht Pistorius ganz oben. Dagegen ist Scholz vom 19. auf den 20. und letzten Platz abgerutscht, der Zeitung zufolge zum ersten Mal.

Zwei ParteiflĂŒgel: «Viel Zuspruch fĂŒr Boris Pistorius»

In dieser Gemengelage bekommt ein gemeinsames Statement der Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe in der SPD-Fraktion, Wiebke Esdar und Dirk Wiese, Gewicht. Beide sind zugleich Vorsitzende der mĂ€chtigen Strömungen innerhalb der SPD-Fraktion – Esdar als Sprecherin der Parlamentarischen Linken, Wiese als Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises. «Letztlich entscheiden die Parteigremien ĂŒber die Frage der Kanzlerkandidatur, das ist auch der richtige Ort dafĂŒr», erklĂ€rten beide. Es gebe in der SPD eine Debatte ĂŒber die beste politische Aufstellung fĂŒr die Bundestagswahl, rĂ€umten sie ein. Und: «Dabei hören wir viel Zuspruch fĂŒr Boris Pistorius.» Und das Ansehen von Scholz sei stark mit der Ampel-Koalition verknĂŒpft, gaben Esdar und Wiese zu bedenken.

Auch der SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, Jochen Ott, legt sich nicht fest. «Allein, dass die SPD zwei Kabinettsmitglieder hat, denen die Kanzlerschaft zugetraut wird, zeigt, dass wir fĂŒr diesen Wahlkampf grundsĂ€tzlich gut aufgestellt sind», sagte Ott im «Welt»-Interview. Juso-Chef Philipp TĂŒrmer hĂ€lt die Frage des SPD-Kanzlerkandidaten ebenfalls noch nicht fĂŒr entschieden.

Klar fĂŒr Pistorius hatten sich bereits mehrere Kommunalpolitiker sowie mit Joe Weingarten und Johannes Arlt zwei Bundestagsabgeordnete positioniert.

Scholz-UnterstĂŒtzer in Parteispitze und Kabinett

Scholz hat aber auch gewichtige FĂŒrsprecher wie die beiden Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil. Saarlands MinisterprĂ€sidentin Anke Rehlinger, die auch stellvertretende Parteivorsitzende ist, sagte dem Magazin «Stern»: «Die SPD stellt den Kanzler, das ist eine große Chance. Deshalb ist Olaf Scholz der natĂŒrliche und richtige Kanzlerkandidat.» Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklĂ€rte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): «FĂŒr mich ist klar, dass der Bundeskanzler unser Kandidat wird.» Scholz habe das Land «umsichtig und entschieden durch schwere Krisenzeiten gefĂŒhrt».

«FĂŒr mich ist Olaf Scholz gesetzt», sekundierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der ARD-Sendung «Hart aber fair». Der frĂŒhere SPD-Vorsitzende Martin Schulz, der 2017 als Kanzlerkandidat gescheitert war, unterstrich in der «Rheinischen Post»: «Der Kanzler ist der Kanzler und tritt als solcher erneut an. Das finde ich logisch.»

Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 19. November 2024