BKA: BKA-Forschungsbericht zeigt Strukturen des Menschenhandels und der Ausbeutung vietnamesischer Staatsangehöriger in Deutschland

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Wiesbaden (ots) – Vietnamesische Staatsangehörige, die mithilfe international agierender Schleusergruppen illegal nach Deutschland gelangen, werden hierzulande hĂ€ufig sexuell ausgebeutet oder sind Leidtragende von Arbeitsausbeutung.

Dies geht aus der wissenschaftlichen Untersuchung „Menschenhandel und Ausbeutung vietnamesischer Staatsangehöriger in Deutschland“ des Bundeskriminalamts (BKA) hervor. Die Studie ist die erste detaillierte Analyse des Hellfelds und untersucht Ermittlungsverfahren, die zwischen 2018 und 2021 initiiert wurden. Sie gewĂ€hrt Einblicke in Verfahren der Strafverfolgungsbehörden, persönliche HintergrĂŒnde der GeschĂ€digten, Schleusungswege sowie TĂ€terstrukturen und deren betrĂŒgerische Praktiken.

Dabei betrachtet die Studie alle Formen der Ausbeutung, sowohl die sexuelle Ausbeutung – die in den betrachteten FĂ€llen ausschließlich weibliche Opfer betraf – als auch die Arbeitsausbeutung, von der sowohl MĂ€nner als auch Frauen betroffen waren. Arbeitsausbeutung findet demnach vorrangig in Nagelstudios statt, in weiteren FĂ€llen auch im Baugewerbe, in der Gastronomie, bei haushaltsnahen Dienstleistungen und im Einzelhandel. Ein Fall von Ausbeutung zur Begehung strafbarer Handlungen konnte analysiert werden, hier handelte es sich um Cannabisanbau.

Eine wichtige Funktion bei der Vermittlung illegaler TĂ€tigkeiten in Deutschland ĂŒbernehmen Messengerdienste und Soziale Medien. Über einschlĂ€gige Plattformen werden Arbeitsstellen inseriert, auf welche sich die vietnamesischen Migrantinnen und Migranten bewerben. Bei der Anwerbung in Vietnam spielen auch familiĂ€re Kontakte und Mundpropaganda eine Rolle. Meist werden durch die Schleuser legale TĂ€tigkeiten in Gastronomie, Haushalt oder Nagelstudios versprochen.

Die Schleusungskosten variieren stark und betragen zwischen 10.000 und 23.000 Euro. Hauptschleusungsrouten verlaufen von Hanoi nach Russland und ĂŒber ost- und mitteleuropĂ€ische LĂ€nder nach Deutschland. Fast alle Opfer halten sich bei der Ausbeutung unerlaubt in Deutschland auf und befinden sich aufgrund finanziellen Drucks und oftmals fehlender Sprachkenntnisse in einem strukturellen AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnis zu den Schleusungs- und Ausbeutungsgruppen.

Über 40 Prozent der TatverdĂ€chtigen waren zuvor polizeibekannt. Ein Großteil der VerdĂ€chtigen hat einen legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland.

Ermittlungen in diesem Bereich gestalten sich oft schwierig, da die Opfer meist keine Aussagen zu ihrer Ausbeutung machen.

Im BKA ist die BekĂ€mpfung des Menschenhandels ein Schwerpunkt der Abteilung Schwere und Organisierte KriminalitĂ€t. Darunter fĂ€llt auch das Vorgehen gegen die Ausbeutung vietnamesischer Staatsangehöriger, die Gegenstand eines EU-Projektes war. Die Forschung, die das BKA in diesem Themenfeld betreibt, trĂ€gt dazu bei, die polizeiliche Arbeit zu unterstĂŒtzen und Handlungsempfehlungen fĂŒr die Praxis zu entwickeln. Ergebnisse werden am 12. und 13. September 2024 im Rahmen einer von der EU-Kommission geförderten internationalen Konferenz des BKA in Berlin vorgestellt, bei der Teilnehmende aus Strafverfolgung, Ministerien und Behörden sowie Wissenschaft und Zivilgesellschaft zahlreicher europĂ€ischer Staaten ĂŒber mögliche BekĂ€mpfungsstrategien diskutierten.

Text/Foto: Bundeskriminalamt am 12. September 2024