In einem Monat wird in Deutschland gewĂ€hlt, und die CDU setzt bei innerer Sicherheit und irregulĂ€rer Migration auf Null-Toleranz: Grenzen dauerhaft kontrollieren, illegal Einreisende grundsĂ€tzlich zurĂŒckweisen, Abschiebungen erleichtern, doppelte StaatsbĂŒrgerschaften entziehen. Die Gewalttat von Aschaffenburg befeuert die Debatte ĂŒber vermeintliches Staatsversagen bei Abschiebungen und die konsequente Umsetzung von Gesetzen. Ist ein harter Kurs tatsĂ€chlich der richtige?
Hendrik WĂŒst
Der MinisterprĂ€sident von Nordrhein-Westfalen steht an der Spitze einer schwarz-grĂŒnen Koalition, die nach dem tragischen Anschlag in Solingen nach eigenen Angaben fĂŒr NRW âdas umfassendste Sicherheits- und Migrationspaket in der Geschichte unseres Landesâ beschlossen hat. Die Abschiebeverfahren seien in Nordrhein-Westfalen bereits beschleunigt worden. Sein Bundesland sei schneller als der Durchschnitt, âaber wir wollen noch besser werdenâ. WĂŒst steht hinter den Forderungen in der Asylpolitik von Friedrich Merz. âMenschen mit Recht auf Asyl muss Schutz gewĂ€hrt werden. Das schaffen wir auf Dauer aber nur dann, wenn wir die irregulĂ€re Migration beenden und Menschen ohne Recht auf Schutz konsequent zurĂŒckfĂŒhren.â
Ronen Steinke
Der Jurist und Journalist ist Leitender Redakteur fĂŒr die SĂŒddeutsche Zeitung. FĂŒr ihn sind die PlĂ€ne der Union fĂŒr strengere Kontrollen und ZurĂŒckweisungen an den deutschen Grenzen sowie den Entzug der deutschen StaatsbĂŒrgerschaft bei kriminell gewordenen Doppelstaatlern rechtlich nicht durchsetzbar. âDer Blick ins Grundgesetz bringt also, wenn man so möchte, eine beruhigende Nachricht. Es wird nicht so kommen, wie es Friedrich Merz vorgeschlagen hatâ. Steinke warnt auĂerdem vor der populistischen Rhetorik der Union, die den Rechtsruck vorantreibe und die konservative Partei damit selbst gefĂ€hrdet.
Vanessa Vu
Die Journalistin von ZEIT ONLINE verbrachte mit ihrer aus Vietnam eingewanderten Familie die ersten Jahre in einem deutschen Asylbewerberheim. Sie wirft der Union eine unlautere Vermischung von Migration und KriminalitĂ€t vor, die zur Spaltung der Gesellschaft beitrage und Angst vor AuslĂ€ndern schĂŒre. Sie hĂ€lt die Fokussierung auf Abweisungen und Abschiebungen fĂŒr falsch. Um Gewalttaten wie in Aschaffenburg zu verhindern, mĂŒsse stattdessen mehr fĂŒr Integration und PrĂ€vention getan werden. Vu betont, dass Migration eine Chance fĂŒr Deutschland darstellt und die Union mit ihren Abschiebeforderungen von demografischen Problemen und ArbeitskrĂ€ftemangel ablenken wolle.
Thomas Jung
Der SPD-OberbĂŒrgermeister von FĂŒrth setzt sich fĂŒr eine restriktivere Migrationspolitik nach dem Vorbild DĂ€nemarks ein. Er fordert eine Obergrenze, um den sozialen Frieden im Land zu wahren und den Menschen Sicherheit zu vermitteln. Jung kritisiert, dass Gewaltakte wie der Angriff in Aschaffenburg einen Kontrollverlust des Staates zeigten und dass die Reaktionen der Bundes- und Landespolitiker unzureichend seien. âMan hĂ€tte schon viel frĂŒher einen anderen Kurs einschlagen mĂŒssen, aber vieles wurde in Berlin als nicht durchfĂŒhrbar abgetan. Die Menschen spĂŒren, dass etwas falsch lĂ€uft.â