„Viel Schatten, wenig Licht“: So lautet die schlichte Bewertung des Mittelstandes ĂŒber das erste Jahr der Ampelkoalition. „Ohne Frage, 2022 war ein Jahr groĂer Herausforderungen“, erklĂ€rt Markus Jerger (Foto), Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW. „Doch trotz aller Krisen: Monatelange Diskussionen ĂŒber eine schlecht gemachte Gasumlage, zu spĂ€te Verhandlungen ĂŒber Ersatzlieferungen fĂŒr das russische Erdgas oder die zĂ€hen Streitigkeiten ĂŒber die LaufzeitverlĂ€ngerung der Kernkraftwerke und die Schuldenbremse – in vielen Wirtschaftsfragen hĂ€tte die Politik besser und schneller entscheiden mĂŒssen.“ FĂŒr die deutsche Wirtschaft habe dies die ohnehin schon schwierige Lage noch verschĂ€rft.
„Viele mittelstĂ€ndische Unternehmerinnen und Unternehmer haben den Eindruck, dass Teilen der Regierung Ideologie oft wichtiger ist als das Finden pragmatischer Lösungen“, berichtet der Verbandschef. Der dramatische Vertrauensverlust fĂŒr die Bundesregierung, der sich gerade in den aktuellen Umfragen zeige, sei die Quittung dafĂŒr. „Auch wenn wir die Anstrengungen der Bundesregierung in vielen Bereichen anerkennen, die internen Konflikte haben viel zu oft die dringend benötigten Fortschritte behindert“, so Jerger weiter. Da sei noch deutliches Potential nach oben, um dem eigenen Anspruch als Fortschrittskoalition gerecht zu werden.
In diesem Zusammenhang kritisiert der BVMW-Chef, dass zwar die Sozialagenda der SPD und der GrĂŒnen weitgehend umgesetzt worden sei, aber die Wirtschaft auf dringend benötigte Entlastungen noch immer warten mĂŒsse: „Ein weiter so, darf und kann es in der Wirtschaftspolitik jetzt nicht mehr geben. Die Standort-bedingungen verschlechtern sich zusehends weiter. Und die weltweite Konkurrenz nutzt die wirtschaftliche SchwĂ€che Deutschlands gnadenlos aus. Mit deutlichen Konsequenzen: Konzerne verlagern Investitionen ins Ausland, dem an den Standort Deutschland gebundenen Mittelstand droht ein langsames Sterben“, warnt Jerger. „Im Gegensatz zu GroĂkonzernen denken MittelstĂ€ndler nicht in Quartalszahlen, sondern treffen Entscheidungen mit einer langfristigen Perspektive ĂŒber mehrere Jahre hinweg. Wir wĂŒrden uns wĂŒnschen, dass die Bundesregierung die gleiche Weitsicht auch bei ihren wirtschaftspolitischen Entscheidungen zeigt.“
Das Milliarden-Subventionsprogramm der amerikanischen Regierung sei in diesem Rahmen eine zusĂ€tzliche Herausforderung, betont Jerger. Kurzfristig komme es im nĂ€chsten Jahr nun darauf an, die deutsche Wirtschaft ebenfalls zu entlasten. „Ein reines Belastungsmoratorium ohne effektive Entlastungen, wie es immerhin mittlerweile versprochen wird, wird den Herausforderungen im Hinblick auf die Transformation der deutschen Volkswirtschaft nicht mehr gerecht. Was wir brauchen, ist nichts anderes als eine wahre Entlastungsoffensive.“ Dies fange beim BĂŒrokratieabbau an und höre bei einer investitionsfördernden Unternehmenssteuerreform noch lange nicht auf. Jerger: „Dass die Ampel schnell handeln kann, wenn sie will, hat sie bei den Genehmigungen fĂŒr die LNG-Terminals, die jetzt an der deutschen Nord- und OstseekĂŒste entstehen, gezeigt. Davon bitte mehr.“
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Der Mittelstand. BVMW e. V. ist die gröĂte politisch unabhĂ€ngige und branchenĂŒbergreifende Interessenvereinigung der kleinen und mittleren Unternehmen. Im Rahmen der Mittelstandsallianz vertritt der Dachverband BVMW politisch zudem mehr als 30 mittelstĂ€ndisch geprĂ€gte VerbĂ€nde mit insgesamt 900.000 Mitgliedern.
Text/Foto: BVMW