Deutsche Krankenhaus-gesellschaft: Die Lage ist genauso schlecht wie die Stimmung

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DKG ZUR RECHTSVERORDNUNG RETTUNGSSCHIRM

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert die aktuelle Regelung ĂŒber den Krankenhaus-Rettungsschirm und fordert weitergehende Regelungen, um den Kliniken wirtschaftliche Sicherheit und Planbarkeit zu ermöglichen.

Am 17. MĂ€rz plĂ€dierte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach im Bundestag fĂŒr eine allgemeine Impfpflicht, weil man sich auf den Herbst vorbereiten mĂŒsse, sonst drohte erneut eine Überlastung des Gesundheitssystems. Am 20. MĂ€rz ließ er den Rettungsschirm fĂŒr die KrankenhĂ€user auslaufen, um dann am 22. MĂ€rz eine Rechtsverordnung vorzulegen, in der letztmalig die Ausgleichszahlungen bis zum 18. April verlĂ€ngert werden. Aussagen und Handlungen, die nicht miteinander in Einklang gebracht werden können, suggeriert doch das Auslaufen der Ausgleichszahlungen, dass die Pandemie endet.

„Dieses Vorgehen ist nur dann nachvollziehbar, wenn der Bundesgesundheitsminister die Zeit bis zum 18. April nutzt, um ein neues und besseres System des Rettungsschirms fĂŒr Kliniken vorzubereiten und umzusetzen. Denn die Pandemie endet nicht Ostermontag. Wir sind nach wie vor in einer Ausnahmesituation“, sagt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG.

Im Referentenentwurf zur befristeten VerlĂ€ngerung des Corona Rettungsschirms selbst ist zu lesen: „In der derzeitigen Phase der COVID-19 Pandemie zeichnet sich angesichts der zu großen ImmunitĂ€tslĂŒcke in der Bevölkerung noch keine nachhaltig spĂŒrbare Entlastung der KrankenhĂ€user ab.“ 
 „Vielmehr ist zu erwarten, dass die KrankenhĂ€user in den folgenden Monaten noch nicht zu einem Regelbetrieb zurĂŒckkehren werden und die Belastung der BeschĂ€ftigten aufgrund der weiterhin zu erwartenden Krankheits- und QuarantĂ€nebedingten PersonalausfĂ€lle weiterhin hoch bleiben wird.“

„Wir stimmen dieser Feststellung des Ministeriums uneingeschrĂ€nkt zu. Die KrankenhĂ€user behandeln zurzeit so viele COVID-infizierte Patientinnen und Patienten wie zu keinem anderen Zeitpunkt dieser Pandemie. Allein seit 1. Februar bis heute sind die Zahlen um 65 Prozent auf ĂŒber 25.000 gestiegen. Alle Prognosen gehen von einem weiteren Patientenzuwachs aus. 75 Prozent der Kliniken mĂŒssen angesichts hoher PersonalausfĂ€lle infolge von QuarantĂ€nemaßnahmen ihr Versorgungsangebot einschrĂ€nken. Das fĂŒhrt unmittelbar zu hohen Erlösverlusten, die im weiteren Verlauf dieses Jahres niemals ausgeglichen werden können, selbst wenn am 18. April 2022 die Pandemie vorbei wĂ€re“, so Gaß.

Die jetzt sehr spĂ€t angekĂŒndigte VerlĂ€ngerung des am 20. MĂ€rz ausgelaufenen Rettungsschirms schafft keine Planungssicherheit und VerlĂ€sslichkeit. Denn nur bis Mitte April sollen die Ausgleichszahlungen und bis Ende Juni die VersorgungszuschlĂ€ge weiterlaufen. Das und die Fortsetzung des verkĂŒrzten Zahlungsziels und die Aussetzung der StrukturprĂŒfungen ermöglichen den Kliniken zwar eine Atempause. Aber es ist trotzdem nicht nachvollziehbar, warum diejenigen, die in den vergangenen zwei Jahren die Hauptlast der Pandemie schultern mussten, nunmehr im Monatsrhythmus fĂŒr wirtschaftliche Hilfen anstehen mĂŒssen. FĂŒr Mitarbeitende von der Pflege bis zur GeschĂ€ftsfĂŒhrung war es ein unertrĂ€glicher Zustand, dass der Rettungsschirm auslief und die Rechtsverordnung erst Tage spĂ€ter kam. Wenn nun aber auch die Ausgleichszahlungen in vier Wochen ersatzlos auslaufen, verlieren die KrankenhĂ€user in jedem Monat eine Milliarde Euro, ohne dass die Regelfinanzierung dies ausgleichen kann“, erlĂ€utert Gaß.

Aber auch der Corona-Zuschlag wird nach der neuen Rechtsverordnung im Juni 2022 auslaufen. Auch das ist nicht nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass der Bundesgesundheitsminister vor einer Sommer- und Herbstwelle warnt. „Wir fordern den Gesundheitsminister auf, noch im MĂ€rz Klarheit zu schaffen, wie die Absicherung der KrankenhĂ€user fĂŒr 2022 und fĂŒr das Folgejahr aussehen wird. Deshalb muss der Minister unverzĂŒglich eine Arbeitsgruppe zur Festlegung von Rettungsschirminstrumenten einberufen, die ĂŒber den 18. April 2022 hinaus wirksam sind und die wirtschaftliche StabilitĂ€t der KrankenhĂ€user sicherstellen. Wir schlagen als wesentliche Maßnahme die deutliche Erhöhung des Pflegeentgeltwertes und die Streichung des Verlustselbstbehaltes im Ganzjahresausgleich vor. Es kann keinen nur 98-prozentigen Erlösausgleich bei einer 120-prozentigen Kostenentwicklung geben, ohne dass dies Kliniken in finanzielle Nöte treibt. KrankenhĂ€user Ă€chzen unter der Kostenentwicklung, und das schon seit Beginn der Pandemie.

Immer öfter mĂŒssen Kliniken auf Personal aus der Leiharbeit zurĂŒckgreifen, weil BeschĂ€ftigte wegen Krankheit und QuarantĂ€ne ausfallen. ZusĂ€tzlich werden in den kommenden Wochen und Monaten die Energiekosten die Kliniken extrem belasten. Auch fĂŒr das Jahr 2023 mĂŒssen Übergangsregelungen getroffen werden, bevor die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Reformen greifen können. Denn auch 2023 werden die KrankenhĂ€user nicht das Leistungsniveau von 2019 erreichen können, bei eben extrem gestiegenen Kosten.

Die Forderung nach wirtschaftlicher Sicherheit fĂŒr die KrankenhĂ€user geht auch an den Finanzminister. Seine Partei hat maßgeblich auf Lockerungen bestanden und sich in der Koalition durchgesetzt. Wir erwarten daher, dass die KrankenhĂ€user, die mit ihrer Leistung diese Lockerungen ĂŒberhaupt ermöglichen, finanziell abgesichert werden. Der Bundesgesundheitsminister hat gesagt, die Lage sei viel schlimmer als die Stimmung. Die Lage in den Kliniken ist aber genauso schlecht wie die Stimmung. Das ist der Politik offenbar nicht bewusst“, so Gaß.

Text/DKG

Symbolfoto/pixabay