Die Stimmung unter den selbstĂ€ndigen Apothekerinnen und Apothekern ist so schlecht wie noch nie. Vor dem Hintergrund erwarteter KĂŒrzungen durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz erwarten mehr als vier FĂŒnftel (82,8 Prozent) von ihnen eine negative wirtschaftliche Entwicklung der Branche in den nĂ€chsten zwei bis drei Jahren. Im vorigen Jahr lag der Wert noch bei 64,6 Prozent. Zugleich wachsen die Nachwuchssorgen:
FĂŒr drei von vier (77,8 Prozent) Leiterinnen und Leitern gehören Personal- und Nachwuchsprobleme zu den gröĂten Defiziten im Versorgungsalltag. Angesichts eines Anstellungsstaus suchen sieben von zehn Apotheken (71,2 Prozent) hĂ€nderingend nach qualifiziertem pharmazeutischem Personal. Gleichzeitig gewinnen Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den Apotheken an Bedeutung. Neun von zehn (88,6 Prozent) Apothekerinnen und Apothekern schneiden diese Themen bereits in PatientengesprĂ€chen an. Jede dritte Apotheke (32,6 Prozent) gibt an, dass sie beispielsweise bei Botendiensten vermehrt auf ElektromobilitĂ€t setzen will. Das sind die wichtigsten Ergebnisse aus dem Apothekenklima-Index 2022, einer reprĂ€sentativen Meinungsumfrage von MARPINION im Auftrag der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher ApothekerverbĂ€nde, der heute zum Auftakt des Deutschen Apothekertages in MĂŒnchen vorgestellt wurde. FĂŒr den Index werden seit 2016 jedes Jahr 500 Apothekeninhaberinnen und -inhaber bundesweit befragt. Die Umfrage fand im Juli und August statt.
„Die Branchenstimmung bei den Apotheken ist schlechter denn je. Die Personal- und Nachwuchsprobleme, die zunehmend auch die Versorgung zu beeintrĂ€chtigen drohen, werden leider immer gröĂer. Der Wille, sich in der Apotheke zusammen mit den Patientinnen und Patienten fĂŒr Nachhaltigkeit und Klimaschutz einzusetzen, ist gleichwohl vorhanden“, fasst ABDA-PrĂ€sidentin Gabriele Regina Overwiening die Ergebnisse des Apothekenklima-Index‘ 2022 zusammen. Auch mit Blick auf die neuen Pharmazeutischen Dienstleistungen und das gerade bundesweit in den Apotheken eingefĂŒhrte E-Rezept sagt sie: „Wir stellen uns neuen Aufgaben, aber wir können in den Apotheken keine weiteren finanziellen Belastungen verkraften. Das mĂŒssen die Verantwortlichen im Bundesministerium fĂŒr Gesundheit, im Bundestag und im Bundesrat verstehen. Deshalb geht das vom Bundeskabinett beschlossene GKV-Finanzstabilisierungsgesetz in die völlig falsche Richtung.“ Overwiening weiter: „Dass ausgerechnet bei den Apotheken gespart wird, deren Anteil an den Gesamtausgaben der GKV seit Jahren rĂŒcklĂ€ufig ist und derzeit nur noch bei 1,9 Prozent liegt, ist falsch und darf nicht passieren. Der Apothekenabschlag von 2,00 Euro muss raus aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – und zwar sofort!“
Nachhaltigkeit als Schwerpunktthema
Trotz der schlechten Branchenstimmung, des akuten Personalmangels und der steigenden Inflation nehmen gesellschaftliche Grundsatzdebatten in den Apotheken wachsenden Raum ein, sagt Overwiening: „Klimaschutz, Nachhaltigkeit und die Bewahrung unseres Planeten gewinnen in den Apotheken zunehmend an Bedeutung. Drei von vier Apotheken planen konkrete MaĂnahmen fĂŒr die nĂ€chsten zwei bis drei Jahre, um sich nachhaltiger auszurichten. Dabei geht es meist um Energieeinsparung und Abfallvermeidung. Jede dritte Apotheke gibt an, dass sie vermehrt auf ElektromobilitĂ€t setzen will. Gerade bei den zahlreichen Botendiensten der Apotheken ist ein Austausch von Benzin- und Dieselfahrzeugen durch E-Autos, E-Roller oder E-Bikes natĂŒrlich ein Diskussionspunkt.“ Der letztjĂ€hrige Deutsche Apothekertag in DĂŒsseldorf hat fĂŒr dieses Jahr das Schwerpunktthema „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“ auf die Agenda gesetzt. Prof. Dr. Markus Rex wird zur Eröffnungsveranstaltung ĂŒber den Klimawandel und die Polarstern-Expedition zur Arktis berichten. Zudem lĂ€utet ein Themenforum mit Impulsreferaten die folgende Beratung einer Vielzahl von AntrĂ€gen dazu aus den Kammern und VerbĂ€nden ein.
Deutscher Apothekertag wieder in PrÀsenz
Der 57. Deutsche Apothekertag vom 14. bis 16. September 2022 in MĂŒnchen findet erstmals seit 2019 wieder in voller PrĂ€senz statt, nachdem er pandemiebedingt 2020 gĂ€nzlich abgesagt und 2021 als Hybridveranstaltung durchgefĂŒhrt werden musste. Nach dem Lagebericht von ABDA-PrĂ€sidentin Gabriele Regina Overwiening und dem GeschĂ€ftsbericht von ABDA-HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer Dr. Sebastian Schmitz werden die mehr als 400 Delegierten aus den 34 Apothekerkammern und -verbĂ€nden in die Antragsberatung eintreten. Die extrem umfangreiche Antragsmappe mit mehr als 120 AntrĂ€gen, darunter 12 LeitantrĂ€ge, enthĂ€lt Initiativen zur Sicherstellung der Versorgung, zur Fortentwicklung der pharmazeutischen Kompetenz, zur Digitalisierung und zu den Rahmenbedingungen der BerufsausĂŒbung. Eine Vielzahl von AntrĂ€gen wurde zum Schwerpunktthema „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“ eingereicht. Erstmals seit seiner AmtsĂŒbernahme wird sich Bundesgesundheitsminister Lauterbach am Mittwoch bei der Eröffnungsveranstaltung mit einem GruĂwort an die Apothekerschaft wenden und mit den Delegierten diskutieren.
Foto: Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag am 13. September 2022 in MĂŒnchen (v.l.n.r.): ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern, ABDA-PrĂ€sidentin Gabriele Regina Overwiening, ABDA-HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer Dr. Sebastian Schmitz. (c) ABDA/Ulrich Mayer